Das Volksparkstadion sei kein Ort für Zweifel, hatte HSV-Coach Merlin Polzin das Motto vor dem Heimspiel gegen den Karlsruher SC ausgerufen. Nach der 1:2-Niederlage gegen die Gäste aus Baden-Württemberg muss festgehalten werden: Die Heimspielstätte der Hamburger ist aktuell aus Sicht der Rothosen auch kein Ort für erfolgreichen Fußball. Die verdiente Pleite gegen das Team von Christian Eichner war bereits die zweite Heimniederlage in Folge, nachdem die Hamburger zuvor knapp ein Jahr ohne Pflichtspielniederlage geblieben waren.
HSV verpasst Big Points im Aufstiegsrennen
„Heute fällt es mir schwer, die richtigen Worte zu finden“, erklärte Davie Selke, der mit seinem 20. Saisontreffer per Elfmeter für den einzigen sportlichen Lichtblick an einem gebrauchten Hamburger Tag sorgte. Dabei hätten die Rothosen durch die Patzer der Verfolger und der zeitgleichen Niederlage des Tabellenführers aus Köln als großer Gewinner aus dem Spieltag hervorgehen können: „Es war heute eine große Chance, da brauchen wir nicht drumherum reden – es war alles angerichtet.“
Mit einem Heimsieg hätte der Abstand auf den Relegationsrang von drei auf sechs Punkte anwachsen können, bei noch maximal neun zu vergebenden Zählern. Ein Szenario, das bei den Hamburgern offensichtlich zusätzlichen Druck verursachte. Statt einen vorentscheidenden Schritt in Richtung Bundesliga zu gehen, geraten die Hanseaten auf der Zielgeraden der Saison mal wieder ins Stolpern. So konsequent die Profis und ihr Trainer ihre Überzeugung in die eigenen Stärken aktuell Woche für Woche auch verbalisieren – auf dem Rasen ist davon momentan wenig zu sehen. Dass gegen den KSC sogar die ballsicheren Profis wie Jonas Meffert und Daniel Elfadli vermehrt durch unsaubere Abspiele und Ballverluste auffielen, sorgte unter den Anhängern mit Blick auf den Saisonendspurt für zusätzlichen Angstschweiß. Wird mal wieder der eigene Kopf zum anspruchsvollsten Gegner im Aufstiegskampf?
HSV-Profis wehren sich gegen Vorwurf des Nervenflattern
„Natürlich ist uns auch bewusst“, erklärte Polzin angesprochene auf die mentale Komponente im Endspurt, „dass es zum Ende einer Saison nicht nur darum geht, schönen und attraktiven Fußball zu spielen, sondern vor allem klar zu bleiben. Das haben wir heute, gerade was das Verteidigen angeht, in vielen Aktionen nicht geschafft.“ Es sei keineswegs so, dass die Mannschaft weniger investiere, betonte auch Vizekapitän Ludovit Reis. Und stellte sich sogleich energisch gegen die wieder aufblühenden Erzählungen vom Nervenflattern im Saisonfinale: „Wir haben kein Kopfproblem.“
Es ist eine Aussage, an dessen Wahrheitsgehalt nach der schwachen ersten Halbzeit durchaus Zweifel aufkamen. Dabei begann der Sonntag zunächst mit einer positiven Überraschung. Noch vor dem Anpfiff verkündeten die Hamburger die Vertragsverlängerung mit Jean-Luc Dompé und brachten damit das ausverkaufte Volksparkstadion zum Kochen. Doch die Euphorie unter den 57.000 Zuschauern sollte schneller abebben, als es den Hausherren lieb war. Die Hamburger glänzten zwar von Beginn an durch höhere Spielanteile, mit Ausnahme eines harmlosen Abschlusses von Emir Sahiti (12.) tauchten die Hausherren allerdings nicht gefährlich vor dem KSC-Gehäuse auf.
Ausgleich von Davie Selke sorgt nur kurz für Hoffnung
Deutlich effizienter präsentierten sich die Gäste. Louey Ben Farhat leitete mit einer Balleroberung gegen Dennis Hadzikadunic den ersten gefährlichen Angriff des KSC selbst ein und vollendete höchstpersönlich mit einem satten Schuss ins linke Eck zum 0:1 (30.). Ein diskutabler Elfmeterpfiff nach einem Zweikampf zwischen Adam Karabec und Christoph Kobald brachte die Hausherren zurück in die Partie – Davie Selke übernahm Verantwortung und stellte mit seinem 20. Saisontreffer auf 1:1 (42.). Ein Ergebnis, mit dem Polzin und seine Profis zur Halbzeit durchaus hätten leben können. In der dritten Minute der Nachspielzeit zerstörte Marvin Wanitzek mit seinem Solo-Lauf über den halben Platz den Hamburger Wunsch. Seine Hereingabe prallte ungewollt über mehrere Hamburger Beine zurück zu Karlsruhes Top-Scorer, der mit dem 1:2 (45.+3) das Stadion in eine Schockstarre versetzte.
Davie Selke erzielte per Elfmeter bereits seinen 20. Saisontreffer, die Niederlage konnte der Angreifer damit nicht verhindern.
Foto: imago / Jan Huebner
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Wer im zweiten Abschnitt ein Aufbäumen der Hausherren erwartet hatte, wurde zunächst enttäuscht. Statt eines Hamburger Sturmlaufs verhinderte zunächst Daniel Heuer Fernandes mit einer starken Parade gegen Bambasé Conté und nur Augenblicke später der rechte Innenpfosten beim Abschluss von Ben Farhat das 1:3. Polzin brachte schließlich im Laufe der zweiten Halbzeit seine gesamten Offensiv-Optionen auf den Rasen. Mehr als ein Pfostenkracher von Robert Glatzel (81.) und einem Kopfball auf das Tornetz durch Youngster Otto Stange in der Nachspielzeit sprang jedoch nicht mehr dabei heraus.
HSV-Spieler mit Durchhalteparolen
„Positiv gesehen“, war Glatzel nach der Partie um Optimismus bemüht, „haben wir immer noch alles selbst in der Hand. Klar war das heute ein Rückschlag, aber wir dürfen jetzt nicht den Kopf verlieren.“ Ähnliche Durchhalteparolen schlug auch Vizekapitän Reis an, allerdings nicht ohne noch einen klaren Auftrag an die Mannschaft zu formulieren: „Wenn wir nächste Woche nach Darmstadt fahren, müssen wir drei Punkte machen.“ Für die Tabelle, aber vor allem gegen die aufkommenden Zweifel – im Umfeld und im eigenen Kopf.