Kiel. Noch gut erinnern kann sich Senta Berger, wie sie Vicco von Bülow alias Loriot 1961 bei einem gemeinsamen Filmdreh kennenlernte – der Beginn einer jahrzehntelangen Freundschaft. Am 18. Januar zeigt die Schauspielerin mit ihrem Kollegen Friedrich von Thun, musikalisch begleitet von Maria Reiter (Akkordeon), das Loriot-Programm „Szenen einer Ehe“ im Kieler Schloss.

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Frau Berger, Friedrich von Thun und Sie kennen sich seit 60 Jahren, durch Rollen als Paar im TV, aber auch durch eine private Freundschaft. Sich so gut zu kennen, erleichtert sicher erheblich ein gemeinsames Programm auf der Bühne.

Ja, wir haben Vertrauen zueinander und dieselbe Art Humor.

Wann haben Sie sich kennengelernt, und wie verlief Ihre erste Begegnung?

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Das war im Sommer 1964. Ich war gerade aus Los Angeles in München angekommen und besuchte Michael Verhoeven, mit dem ich damals schon zusammen war, bei Dreharbeiten zu dem Film „Lausbubengeschichten“ nach Ludwig Thoma. Michael studierte damals Medizin und finanzierte sein Studium mit seiner Arbeit als Schauspieler.

Der Drehort war ein Bilderbuchdorf in der Nähe von München. Und der Himmel war bilderbuchblau. Ein Tanzboden war aufgebaut und eine Blaskapelle spielte. Es war das Happy End des Films, und ein herrlicher Empfang für mich. Michael stellte mir seinen Freund Friedrich von Thun vor, der einen feschen, aber schüchternen Oberförster spielte. Wir haben uns gleich gut verstanden, und diese gegenseitige Sympathie hat sich durch all die Jahrzehnte erhalten.

An welche gemeinsamen Filme oder Serien mit Friedrich von Thun erinnern Sie sich am intensivsten?

Wir haben in der „Schnellen Gerdi“ wunderbar zusammen gespielt. Friedrich spielte Gerdis Ex-Mann, der einen Hang für sehr junge Frauen hat, und sich dann bei seiner Ex-Frau, der Gerdi, ausweint, wenn er von ihnen verlassen wird. Sehr gerne haben wir auch in „Dr. Schwarz und Dr. Martin“ ein streitbares Paar gespielt. Es ist immer ein Vergnügen für mich, wenn ich mit Friedrich spielen kann.

Senta Berger an der Seite von Kirk Douglas in dem Film „Der Schatten des Giganten" (1966).

In den 60er-Jahren haben Sie in Hollywood mit Stars wie Frank Sinatra, Dean Martin, Richard Harris, Charlton Heston, George Hamilton, Kirk Douglas oder John Wayne gedreht. Wie erinnern Sie diese Phase Ihrer Karriere?

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Im September 1963 hatte ich meinen ersten Vertrag mit Columbia Pictures abgeschlossen und sollte im Januar 1964 meinen ersten Film für dieses Studio drehen. Und es war im September 1963, dass ich mich in Michael Verhoeven verliebte. Es war ein ganz schlechter Zeitpunkt, ich habe mich dagegen gewehrt, aber unsere Liebe war unausweichlich. Natürlich habe ich in Hollywood alles unter diesem Ereignis gesehen, geprüft und in die Waagschale geworfen.

Die Zeit in Amerika hat meinen Horizont erweitert, ich bin dankbar für all das Wunderbare, was ich erleben durfte, aber ich erinnere auch mein Heimweh und meine Sehnsucht nach meinem Mann. Michael kam dann auch zweimal für mehrere Monate, um in einem Krankenhaus in Los Angeles als Arzt zu arbeiten. Er war nicht glücklich in Kalifornien, und so war ich es auch nicht.

Senta Berger: „Der digitale Geist ist aus der Flasche entwichen“

KI-generierte „Schauspieler“, sogenannte KI-Avatare wie „Tilly Norwood“, könnten bald in Hollywood-Produktionen die Hauptrolle übernehmen. Wie bewerten Sie mit Ihrer langjährigen Erfahrung diese Entwicklung in der Filmbranche?

Die ganze Welt ist im Umbruch, nicht wahr? Und so ist es die Filmbranche auch. Sicher werden alle Techniken, die entwickelt worden sind, auch eingesetzt. Der digitale Geist ist aus der Flasche entwichen und wird auch nicht mehr eingefangen. Mit KI kann man sicher Sprecher ersetzen – das geschieht ja auch schon im Internet, man erkennt sie an einer gewissen Monotonie der Sprache.

Vielleicht ist „Tilly Norwood“ überzeugend, ich weiß es nicht. Ich glaube an Kreativität, an spontane Einfälle, an Überraschungen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Das fesselt mich bei Künstlern, nicht nur bei Schauspielern. Das kann man nicht programmieren.

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Senta Berger als Marianne und Günther Maria Halmer als Günter in einer Szene des Films „Weißt du noch" von 2023.

Es heißt, in der zweiten Lebenshälfte bekämen Frauen häufig nur stereotype Rollen angeboten, die nicht mehr zeitgemäß sind. Haben Sie diese Erfahrung auch gemacht?

Nein. Ich habe sehr lange eine wunderbare Rolle in einer außergewöhnlichen Reihe gehabt. „Unter Verdacht“ war eine wichtige Arbeit für mich, und die Eva Prohacek war das Gegenteil eines Stereotyps. Mit Günther Maria Halmer habe ich vor zwei Jahren den Kinofilm „Weißt Du noch“ gedreht. Die berührende Geschichte eines Ehepaars, das sich den Fragen des Lebens stellt: Was haben wir versäumt, wie gehen wir mit den verbleibenden Jahren um, lieben wir uns noch?

Und im Januar kommt der Film meines Sohns Simon Verhoeven ins Kino, die Verfilmung des Bestsellers von Joachim Meyerhoff „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“. Ich spiele die Großmutter und ehemalige Schauspielerin Inge Birkmann. Eine schöne und schwierige Aufgabe für mich, eine Rolle, die jedem Stereotyp widerspricht.

Senta Berger: „Es ist der Alltag, der mich anstrengt“

Wie herausfordernd ist es, mit 84 Jahren live auf der Bühne zu agieren wie jetzt bei den Loriot-Abenden?

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Gar nicht herausfordernd. Ich freue mich auf jede Vorstellung. Loriots Texte tragen uns. Es ist der Alltag, der mich anstrengt.

Würden sie unterschreiben, dass viele von Loriots Sketchen im Kern zeitlos sind?

Völlig richtig. Das ist das Tragisch-Komische an manchen dieser Texte. Wir haben auch gar nicht versucht, sie durch kleine Änderungen mehr in die Gegenwart zu verankern.

Loriots Sketche sind eine Art Volksgut. Sind die live auf der Bühne deshalb eine Art Selbstgänger? Ist es schwer, sie interpretatorisch auf eine eigene Art zu prägen?

Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich habe halt meine eigene Art, mit der ich die „Szenen einer Ehe“ spiele und lese. Natürlich freut sich das Publikum auf „Das Ei ist zu hart“, das hören wir, manche Zuschauer können den Text mitsprechen. Und manche tun es auch.

Nach welchen Kriterien wurden – abgesehen von „Szenen einer Ehe“ – die Texte ausgewählt?

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Wir haben unbekannte Texte von Vicco von Bülow ausgesucht, die in ihrer Absurdität nicht zu überbieten sind. Ich hatte anfangs Bedenken, weil die Texte wirklich schräg sind. Die Zuschauer aber lieben diese verrückten Sachen wie „Der Hasenbrüter“ oder „Der Astronaut“, der eigentlich Verwaltungsinspektor ist …

Sie waren mit Vicco von Bülow befreundet. Wann und wo haben Sie ihn erstmals getroffen?

1961 hatte ich eine kleine Rolle in Bernhard Wickis Film „Das Wunder des Malachias“. Wir drehten fast nur bei Nacht. Vicco war ein Freund von Wicki und er spielte einen Dandy, was er im wirklichen Leben gar nicht war. Marie Augsburg, er und ich hatten eine kleine Garderobe in der Oper von Gelsenkirchen. Wir hätten diese langen Nächte ohne Vicco von Bülow nicht durchgestanden. Er hielt uns mit seinen Erzählungen, mit seinen Anekdoten wach.

Er war sehr gebildet, sehr klug. Natürlich auch witzig und charmant.

Senta Berger

über Loriot

Was, außer seinem Humor, haben Sie an ihm geschätzt?

Er war sehr gebildet, sehr klug. Natürlich auch witzig und charmant.

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Komik hat grundsätzlich Konjunktur. Aber haben Sie den Eindruck, dass die Menschen in krisenhaften Zeiten wie diesen Humor noch stärker und auch dankbarer nachfragen als sonst?

Das weiß ich nicht. Ich habe keine Vergleiche. Loriot ist ja nicht nur komisch, seine Texte sind keine Stammtischtexte, sie sind von seinem Intellekt geprägt. Das Traurige im Heiteren zu finden und das Heitere im Traurigen. Darauf muss man sich einlassen.

Loriot: „Szenen einer Ehe“: Sonntag, 18. Januar, 18 Uhr, Kieler Schloss

KN