Werther. Der Punkt „Mitteilungen des Bürgermeisters“ steht ganz vorn auf der Tagesordnung. In der letzten Ratssitzung vor Weihnachten kündigt Veith Lemmen den Schnatgang am 11. Januar und einen Infoabend zur Wärmeplanung am 22. Januar an, außerdem blickt er auf den Christkindl-Markt zurück. Weil die Sitzung gerade erst begonnen hat, herrscht noch Unruhe im Sitzungssaal. Ein Ratsvertreter holt sich ein Getränk, andere ruckeln sich auf ihren Stühlen zurecht, zwei zu spät Gekommene nicken entschuldigend. Und dann ist es plötzlich so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.

Denn der Bürgermeister macht eine Mitteilung, mit der ganz offenkundig niemand gerechnet hat. Veith Lemmen macht es kurz: „Wir werden uns demnächst über die Zukunft des Freibads Gedanken machen müssen.“ Der Schock des Augenblicks, ob dies möglicherweise die Ankündigung einer Schließung ist, währt glücklicherweise nicht lange. Lemmen entkräftet sofort: „Das Freibad kann weiterhin betrieben werden.“ Alle atmen erleichtert auf.

Alles ist dies aber noch nicht: „Aber nicht weitere 20 Jahre in seiner jetzigen Form.“ Also nur eine teilweise Entwarnung. Denn Veith Lemmen sagt auch, dass sich Politik und Verwaltung im nächsten Jahr auf den Weg machen und über Möglichkeiten einer Sanierung nachdenken müssen. „Wir stehen vor der Frage, wie wir damit umgehen sollen. Und ob es Fördermittel dafür geben wird.“ Schon durch diese wenigen Worte wird deutlich, dass eine Sanierung ohne Drittmittel kaum machbar sein wird.

Werthers Bürgermeister macht das Problem bewusst transparent


2018 wurde die alte Solarabsorberanlage zum Aufheizen des Freibadwassers ausgetauscht. Die alte auf unserem Foto war teils so beschädigt, sodass das Wasser an mehreren Stellen wie kleine Springbrunnen aus den Kunststoffschläuchen sprudelte. - © Anja Hanneforth

2018 wurde die alte Solarabsorberanlage zum Aufheizen des Freibadwassers ausgetauscht. Die alte auf unserem Foto war teils so beschädigt, sodass das Wasser an mehreren Stellen wie kleine Springbrunnen aus den Kunststoffschläuchen sprudelte.
| © Anja Hanneforth

Auf Anfrage erläutert Veith Lemmen, dass er das Thema bewusst öffentlich gemacht habe, um Transparenz herzustellen. Bittet aber um Verständnis, mehr zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen zu können. In ein oder zwei Monaten wisse er mehr, wolle sich aber zunächst noch mit Politik und Vorstand des Freibad-Fördervereins austauschen.

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Das Freibad in seiner jetzigen Form stammt aus dem Jahr 1963. Einige Hunderttausend Euro hat die Stadt seit dieser Zeit in die verschiedensten Sanierungsmaßnahmen gesteckt. So wurde unter anderem 1996 die Toilettenanlage saniert und ein Jahr später neben dem Becken das Solarabsorberfeld angelegt, mit dem das Wasser aufgewärmt wird. 2005/2006 wurde die Technik auf den neuesten Stand gebracht, das Rohrsystem ausgetauscht und das Kinderplanschbecken angelegt. 2010/11 hat die Stadt die sanitären Anlagen und die Umkleiden sanieren und behindertengerecht ausbauen lassen. Das Rohrsystem wurde abermals erneuert, und ein Jahr später stand die Sanierung des Beckenkopfes an. 2018 wurden die inzwischen porös gewordenen Schläuche des Solarabsorberfeldes erneuert. Dazwischen fanden praktisch jedes Jahr kleinere Arbeiten am Becken selbst oder der technischen Anlage statt.

Ohne den Förderverein gäbe es das Wertheraner Freibad gar nicht mehr. 1995/96 stand es auf der Kippe, es gab sogar vernehmbare Rufe aus der Politik, es ganz zu schließen. 1996 gründete sich daher aus der Not heraus der Förderverein, der es dennoch in den ersten Jahren schwer hatte. So ließen der damalige Stadtdirektor Peter Hagemann und Bürgermeister Martin Oberwelland seinerzeit verlauten, dass die Weiterführung des Bades „ungeklärt“ sei – bei allem Idealismus des Fördervereins.

Werthers Freibad gehört heute zu den beliebtesten in der Region


Im Februar 2006 waren die Bagger im Freibad angerückt: Damals wurden Teile der technischen Anlage erneuert und die Rohre zum Hauptbecken ausgetauscht. - © Frank Jasper

Im Februar 2006 waren die Bagger im Freibad angerückt: Damals wurden Teile der technischen Anlage erneuert und die Rohre zum Hauptbecken ausgetauscht.
| © Frank Jasper

Doch mit vereinten Kräften gelang es, das Bad zu erhalten. Auch weil der Förderverein viel Idealismus bewies und eine Menge Arbeiten ehrenamtlich übernahm. Heute gehört das Freibad zu den beliebtesten in der Region. Nicht nur wegen der schönen Anlage mit vielen Angeboten für Kinder und einer riesigen Liegewiese, sondern auch aufgrund der bezahlbaren Eintrittspreise.

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Will die Stadt auch künftig dabei bleiben, muss sie sich überlegen, wie sich eine Sanierung finanziell darstellen lässt. Denn so offenkundig es ist, dass das Bad ohne Sanierung nicht in die Zukunft gehen kann, so offenkundig ist auch, dass es immer ein Zuschussbetrieb bleiben und sich niemals durch die Eintrittsgelder allein tragen wird. Eine schwierige Aufgabe also, insbesondere vor dem Hintergrund, da der Haushalt der Stadt allein für 2026 ein Defizit von 2,6 Millionen Euro ausweist.

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