Weihnachten ist die Zeit der Besinnung. Manchmal reift dabei auch der Entschluss, seinem Leben eine Wendung zu geben. So wie bei Gunnar Grundmann (52). Der Ex-Profi (u.a. Dynamo Dresden, VfB Leipzig) entschied sich vor genau 3 Jahren, beruflich nochmal komplett neu anzufangen. Ein beschwerlicher Weg, der Respekt abnötigt.
Rückblick: Der frühere Torwart wechselte 1988 in den Nachwuchs von Dynamo, gehörte wenig später in der letzten Oberliga-Saison unter dem damaligen Trainer Reinhard Häfner († 64) mit 17 schon zum Profi-Kader.
Dort blieb er während der gesamten Bundesliga-Zeit, ohne allerdings ein Spiel bestritten zu haben. Sein harter Job: Ersatz-Keeper. „Immer wieder wurden mir neue Leute vor die Nase gesetzt, der Letzte war Mark Schwarzer. Das war aber auch ein richtig Guter“, erinnert sich Grundmann an den Australier, der später u.a. beim FC Fulham und bei Chelsea London Karriere machte.
7000 Euro aus VfB-Zeit fehlt noch
Grundmann zog seine Konsequenzen, wechselte 1995 zum VfB Leipzig. „Wir hatten unter Trainer Ulli Thomale eine tolle Zeit.“ Sportlich für den gebürtigen Dresdner mit sieben Zweitliga-Spielen auch die erfolgreichste. Allerdings nur kurz. Dann stürzten interne Querelen den ersten deutschen Meister (1903) in die Krise, die in der Insolvenz gipfelte. „Ich renne jetzt noch meiner Kohle aus der damaligen Zeit hinterher.“ Die noch offenen rund 7000 Euro Insolvenzausfallgeld für drei Monate wird er wohl nie mehr sehen.
Für den VfB Leipzig machte der Keeper sieben Zweitliga-Spiele und 54 Regionalliga-Partien
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Für den Keeper war das Maß voll. Er beendete seine Profi-Karriere mit nur 30 Jahren, kehrte als Torwarttrainer zu Dynamo Dresden zurück und vertrieb mit Ex-Mitspielern im eigens dafür gegründeten Unternehmen Sportartikel. Mit überschaubarem finanziellen Erfolg. Grundmann: „Man kann es schon so ehrlich sagen: Es war zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.“
Keine Zukunft als Maschinen- und Anlagenmonteur
Als dann noch Corona dazu kam und von jetzt auf gleich quasi sämtliche Umsätze wegbrachen, begann er umzudenken. „Die Zeit war irgendwie reif für Veränderungen. Auch und vor allem für die soziale Sicherheit.“ Mit seinem erlernten Beruf – zu DDR-Zeiten wurden fast alle Fußballer, die nicht studierten, zum Maschinen- und Anlagenmonteur ausgebildet – konnte er nichts anfangen, das stellte sich schnell heraus.
Also orientierte sich Grundmann an seiner Lebenspartnerin, die zur Erzieherin umgeschult hatte. „In meiner Torwart-Schule, die ich damals noch betrieb, hatte ich viel Kontakt mit jungen Leuten. Und habe gemerkt, dass mir der Umgang eigentlich liegt.“ Seine Entscheidung war gefallen – quasi unterm Weihnachtsbaum.
Nach seiner Profi-Karriere arbeitete Grundmann (l.) bei Dynamo als Torwarttrainer, u.a. unter Chefcoach Ede Geyer
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Im Sommer 2023 legte er los, entschied sich für die berufsbegleitende Ausbildung. Wohlgemerkt mit knapp 50 Jahren! Bedeutet: Zwei Tage die Woche drückt er die Schulbank, drei Tage arbeitet er im Praxis-Betrieb. In dem Fall beim Kinderschutzbund. „Meine Stamm-Einrichtung ist die Kita Naseweis in Dresden-Plauen.“ Dort betreut er mit weiteren Kollegen eine Mischgruppe von drei- bis sechsjährigen Kids. Bei ihnen, den Kollegen und Eltern ist der Ex-Kicker längst schon beliebt.
Das ändert freilich nichts daran, dass die Zeit bis zum Ausbildungsende im Sommer 2027 eine sehr entbehrliche ist. In der Woche Schule und Praxisarbeit, am Wochenende ist Büffeln und Facharbeiten schreiben angesagt. Dazu kommt ein Fremd-Praktikum. Derzeit in einer Intensiv-Wohngruppe für 14 bis 18-jährige Jugendliche mit Betreuung rund um die Uhr.
Viel Arbeit, wenig Freizeit
Viel Freizeit bleibt da nicht. „Das geht auch nur, weil meine Kinder groß und raus sind, sonst hätte ich das nicht machen können.“ Auch seine Torwartschule hat er auf Eis gelegt. „Zumindest bis Ausbildungsende.“
Wenn er seine Prüfungen bestanden hat, darf er sich Bachelor-Professor im Sozialwesen nennen – so ist die Bezeichnung für einen staatlich anerkannten Erzieher neuerdings im Beamten-Deutsch. Und dann? „Das ist noch völlig offen. Das Aufgabenfeld geht von null bis 27 Jahre.“ Bedeutet: Krippe, Kita oder selbst junge Erwachsene – alles ist möglich. Grundmann: „Das muss ich mir noch durch den Kopf gehen lassen, vielleicht mal eine Plus-Minus-Liste machen.“
Weihnachten wäre dafür eine gute Zeit. Wenn nicht dieses, dann zumindest nächstes Jahr…