Entgeltgleichheit, Zuschläge für Mehrarbeit, Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder digitales Zugangsrecht: Auch im Jahr 2025 trafen die Richter am BAG Entscheidungen, von denen man gehört haben sollte.
Wer auf die Entscheidungen der Richter:innen am Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt blickt, der schaut auch mit mindestens einem Auge zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Luxemburg. Das BAG ist bekennend europafreundlich und gibt den Kolleg:innen dort über ihre Vorlagen Raum, ihre europarechtliche Perspektive des Rechts kundzutun. Besonders spannend waren dort in diesem Jahr die Verfahren zu Massenentlassungen, zu Brillen Rottler zur Entschädigung nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und die Kündigung einer Mitarbeiterin der Caritas nach deren Kirchenaustritt. Die Urteile in beiden Verfahren stehen aus. Wie der EuGH entscheiden wird, ist absehbar, da das Gericht in aller Regel den Schlussanträgen folgt, und dann auch das BAG dem EuGH. So war es auch im Fall Egenberger, mit dem sich jedoch das BAG erneut wird beschäftigen müssen. Denn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat noch ein Wörtchen mitgeredet und die BAG-Entscheidung – wie es auch im Chefarzt-Fall geschehen war – aufgehoben.
Auch zu den Mehrarbeitszuschlägen bei Teilzeit hat das BVerfG bereits Ende 2024 mitgeredet. Das BAG hat in diesem Jahr jedoch einen feinen, wiederum europarechtlich orientierten Weg gefunden, die Rechtsprechung aus Karlsruhe zu akzeptieren, ohne die eigene Sichtweise aufzugeben.
Künftig werden die Erfurter Richter:innen ihre Entscheidungen allerdings mit einer Richterperson weniger gestalten müssen: Im Laufe des Jahres wurden vier Stellen am BAG vakant, nur drei werden nachbesetzt. Mit Dr. Rüdiger Linck, Dr. Josef Biebl und Prof. Dr. Ulrich Koch gingen drei Richter in den Ruhestand. Die vierte Vakanz entstand durch den Wechsel von Professor Dr. Günter Spinner, seit 2023 Vorsitzender des Achten Senats, als Richter zum Bundesverfassungsgericht.
1/12 Beweiswert der AU aus dem Ausland
Zum Thema des Jahres entschied das BAG direkt am Jahresanfang: dem Beweiswert des Gelben Scheins, der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Einem im Ausland ausgestellten Krankenschein komme der gleiche Beweiswert zu wie einer hierzulande ausgestellten AU. Das heißt: Auch wer im Urlaub krank wird, kann Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall haben. Allerdings kommt es nach dem BAG auf die Gesamtschau der Umstände an – die kann den Beweiswert erschüttern (Urt. v. 15.01.2025, Az. 5 AZR 284/24).
Im konkreten Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der trotz Krankschreibung die Rückreise mit dem Auto aus Tunesien antrat. Laut seinem Arzt war er wegen schwerer Ischiasbeschwerden nicht reisefähig und sollte eigentlich strenge häusliche Ruhe einhalten. Der gelbe Schein zählt zwar, doch der Arbeitgeber kann Umstände vortragen, die dessen Beweiswert in der Gesamtschau in Zweifel ziehen. Diese Zweifel hatte das LAG nicht hinreichend gewürdigt, so das BAG, es verwies den Fall zurück zum LAG München. Dort wird das Verfahren im kommenden März fortgesetzt.
Zitiervorschlag
Sollte man kennen:
. In: Legal Tribune Online,
25.12.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58922 (abgerufen am:
25.12.2025
)
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