Werther. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag lässt sich vermutlich nur bedingt mit der Stadt Werther vergleichen. Nichtsdestotrotz gibt es doch Gemeinsamkeiten. In beiden Fällen handelt es sich um Behörden, und in beiden Fällen war – oder ist – man von US-amerikanischer Software abhängig. Welch schwerwiegende Konsequenzen das haben kann, machte jetzt Anne-Kathrin Warzecha im Ausschuss für Digitales deutlich.
Die Grünen-Ratsfrau wies in der jüngsten Sitzung darauf hin, dass Microsoft-Konten des Gerichtshofs offenkundig jüngst auf Bestreben der US-Regierung gesperrt worden seien. Was das Gericht veranlasst habe, statt der Software aus den USA eine deutsche Lösung anzustreben, um unabhängiger von Microsoft zu werden.
Anne-Kathrin Warzecha legte dar, dass auch die Stadt Werther Microsoft-Pakete nutzen würde. „Schlimmstenfalls könnten wir auf diese Weise unter Druck geraten. Dabei gibt es Alternativen“, nannte sie das Programm Open Desk eines deutschen Unternehmens, das demnächst auch in Den Haag zum Einsatz kommen soll.
Schon 2022 sind Hackerangriffe und Cyberkriminalität in Werther Thema
Anne-Kathrin Warzecha von den Grünen warnt vor zu großer Abhängigkeit von US-Software.
| © Grüne Werther
„Auch wir sollten über Alternativen nachdenken“, forderte sie. „Denn wir müssen unsere digitale Unabhängigkeit und Souveränität behalten.“ Dass die Stadt Werther diesen Schritt allerdings allein übernimmt, hält sie für kaum realistisch. Nicht einmal der Kreis Gütersloh mit allen dazugehörigen Kommunen sei eine ausreichend große Einheit. „Wahrscheinlich muss man sich landes- oder sogar bundesweit mit dem Thema auseinandersetzen.“
Es ist nicht das erste Mal, dass das Thema IT-Sicherheit im Ausschuss zur Sprache kommt. Bereits 2022 hatte der zuständige Mitarbeiter im Rathaus berichtet, wie ernst es die Verwaltung mit dem Schutz ihrer Daten nimmt – wenn damals auch Hackerangriffe und Cyberkriminalität im Mittelpunkt standen und nicht die Verwendung einer US-Software.
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Die Feststellung war allerdings dieselbe: Dass eine Stadtverwaltung unter allen Umständen funktionsfähig bleiben muss. Schließlich stellt sie die Trinkwasserversorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger sicher, kümmert sich um die Entsorgung der Abwässer, die Ausgabe von Sozialleistungen, die Regelung der Müllabfuhr.
US-Tech-Konzerne würden teils schalten und walten, wie sie wollen
Bürgermeister Veith Lemmen betonte jetzt im Ausschuss, dass er hier durchaus eine Gefahr sehe – wenn er sie aktuell auch nicht als virulent einschätzt. „Trotzdem muss man das Thema im Blick behalten.“ Er erinnerte daran, dass bis zu 50 Prozent aller Werte, die in Aktien gehandelt würden, an ein paar wenigen US-Unternehmen hängen würden. „Welchen Druck die USA auf uns ausüben können, hat man an deren Zollpolitik gesehen.“ Darüber hinaus könne man den Eindruck gewinnen, dass die Tech-Konzerne teils schalten und walten können, wie sie wollen.
Lemmen führte aus, dass man sich in der Sache bereits mit der Landes- und Bundesebene im Austausch befinde. Seiner Ansicht nach werde allerdings am Ende wohl eher die EU-Ebene über eine Lösung befinden.
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Was die Stadtverwaltung betrifft, konnte er in Teilen Entwarnung geben: Zwar würden in der Tat viele Vorgänge über das Programm Microsoft Outlook abgewickelt, aber nicht alle. Die Daten des Einwohnermeldeamts etwa liefen über ein anderes Programm.
Werthers Bürgermeister warnt, dass heute alles gefaked sein könne
Trotzdem sei das Thema Datensicherheit im Rathaus allgegenwärtig. So gebe es regelmäßig Schulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Zumal man heute nicht mehr davon ausgehen kann, dass Wort, Bild und Ton der Goldstandard sind. Alles kann gefaked sein“, warnte der Bürgermeister. Mit kleinsten Sprachschnipseln ließen sich heute Fälschungen vornehmen. „Das macht mir durchaus Sorgen“, gibt Veith Lemmen zu. Bei allen denkbaren Sicherheitsvorkehrungen sagte der Bürgermeister auch: „Ganz schützen werden wir uns nicht können.“
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