Mutmacher-Männle aus der Kreativwerkstatt des BHZ. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Angesichts von Wirtschaftsflaute, Finanzlöchern und Kürzungen wächst in Stuttgart und der Region die Depri-Stimmung. Was tun? Aufbruch ist auch Kopfsache, kommentiert Jan Sellner.
Falls es Sie interessiert, wo in der gegenwärtigen Zeit Mut zu finden ist, dann empfiehlt sich ein Besuch in der Sieglestraße 33 in Stuttgart-Feuerbach. Dort hat das BHZ, eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung, vor wenigen Wochen eine neue Werkstatt eröffnet. Rund 90 Mitarbeitende sind dort in den Bereichen Hauswirtschaft, Catering, Verpackung, technische Dienstleistungen und in einer Kreativwerkstatt beschäftigt. Im Erdgeschoss gibt es ein Café. Und überall im Haus gibt es Mut.
Dieser Mut ist mit Händen zu greifen und an den Wänden zu lesen. Vor der Einweihung der neuen Werkstatt haben die Beschäftigten ihre Gedanken zum Thema Mut formuliert und ins Treppenhaus gepinnt. „Mutig ist . . . für mich oder für andere einzustehen“, steht da zu lesen. Oder: „Mutig ist . . . trotz Angst etwas Neues zu machen“. Petra Mack, Leiterin des BHZ-Werkhauses Feuerbach, findet das buchstäblich ermutigend: „Die Mut-Botschaften zeigen, wie reflektiert und offen Menschen mit Behinderung das Thema angehen.“ Mut als Lebenseinstellung spiegelt sich auch im neuen Slogan des BHZ: „Mutig, Miteinander, Mittendrin.“
Das fällt BHZ-Beschäftigten zum Thema Mut ein Foto: Petra Mack
Dieses Motto könnte gerne über die ganze Stadt und die Region ausgerollt werden. Speziell dort, wo einem heute die gegenteilige Stimmung begegnet, zusammengefasst mit: „Mutlos, Nebeneinander, Abgehängt.“ Angesichts schlechter Wirtschaftsdaten und großer Finanzlöcher in den öffentlichen Kassen macht sich tiefe Verunsicherung breit. Eine Art Untergangsstimmung kommt auf, begleitet von Galgenhumor. Das Heil sucht man in Ablenkung und im Rückzug in den Lampen- oder Kerzenschein des Privaten. In Flucht und Heimeligkeit.
Der Aufbruch beginnt im Kopf
So nachvollziehbar solchen Reaktionen sind, so wenig tragen sie dazu bei, aus der Krisen-Situation herauszukommen. Natürlich machte man es sich zu einfach, alles auf die Stimmung zu schieben und allein in Zuversichts-Appellen die Lösung zu sehen. Doch umgekehrt gilt auch: ohne eine veränderte Einstellung wird es nicht gelingen, die Negativspirale umzukehren.
Habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen, lautet das zeitlos gültige Motto der Aufklärung. Aktuell sollte noch ein anderer Wahlspruch treten: Habe den Mut, dich deiner Möglichkeiten zu bedienen und sie zu nutzen.“ Der Aufbruch beginnt im Kopf. „Wir brauchen viel mehr Mut-Menschen. Und dafür wollen wir stehen“, meint Petra Mack vom BHZ in Feuerbach. Ja, Menschen mit Behinderung, können auch Vorbilder sein.