Halle. Samstagabend findet also die große Abschiedsparty im Gerhold’s statt. Und ich bin mir sicher, ganz viele Leute, die mit der Kult-Kneipe in Hörste groß geworden sind, werden noch einmal zusammenkommen, gemeinsam feiern, essen, trinken, tanzen und, klar, auch viele alte Geschichten erzählen.

Ob das nun ein schöner Anlass für eine Party ist? Hm, da bin ich mir noch nicht so wirklich sicher, denn danach ist einfach Feierabend und der Abschied eben auch so endgültig. Dabei bedauere ich weniger die vergangenen Jahre, als sich das Gerhold’s schon mit reduzierten Öffnungszeiten und dem Burgermobil über Wasser gehalten hatte, als vor allem den Start im November 1989 und die ganzen Jahre danach.

Diese neue Art von Gastronomie war damals etwas Besonderes. Neben dem (alten) Sedan zwischen Werther und Borgholzhausen gab es plötzlich eine Kneipenkultur, wie sie in unserer Region hier noch nicht bekannt war. Eine Gaststätte vor allem auch für junge Menschen mit Pizza und Nudeln auf der Speisekarte, die nicht gleich ein kleines Vermögen kosteten. Und dazu ebenso junge Betreiber wie Axel Rönneker (damals 26) und Michael Ockert (damals 30) mit so vielen Ideen.

Schöne Erinnerungen an das Gerhold’s und das Haus Brune


Das Gerhold's in Hörste: Im November 1989 wurde es eröffnet, 36 Jahre später steht nun die Abschiedsparty an. - © Uwe Pollmeier

Das Gerhold’s in Hörste: Im November 1989 wurde es eröffnet, 36 Jahre später steht nun die Abschiedsparty an.
| © Uwe Pollmeier

Mit wem ich mich in den vergangenen Wochen auch darüber unterhielt: Wirklich alle kramten fröhliche, skurrile, besondere Erinnerungen an Veranstaltungen mit Livemusik, Klassentreffen, Abende in dem großen Biergarten, Silvesterpartys oder Treffen mit Freunden hervor. Für mich, die ich 1989 freie Mitarbeiterin beim HK war, bot das Gerhold’s obendrein auch den ein oder anderen Termin.

Zur Eröffnung beschrieben wir damals die besondere Ausstattung, die Rönneker und Ockert immerhalb von wenigen Wochen kreiert hatten, und hoben die außergewöhnliche Kombination aus alten Dielen, historischen Fenstern, modernen Halogenleuchten und fliederfarbenen Wänden hervor – die 80er halt. Außerdem hatte der Laden doch tatsächlich an jedem Tag der Woche von 17 bis 1 Uhr nachts geöffnet. Sonntags gab es obendrein Frühstück, auch das war damals neu.

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Doch nicht nur diese Ära ist jetzt unwiederbringlich vorbei, auch mitten im Herzen von Halle bekommt ein bekanntes Gasthaus mit großer Geschichte und langer Tradition neue Eigentümer – und wird einer veränderten Nutzung zugeführt. Wie in dieser Woche bekannt wurde, ist das Haus Brune von Odilia gekauft worden, eine Gemeinschaft mit seelenpflegebedürftigen Menschen. In den beiden oberen Etagen wird Wohnraum entstehen, im Erdgeschoss ist ein gastronomisches Angebot geplant – wenngleich ohne eigenen Küchenbetrieb. Vielmehr denkt man bei Odilia an ein inklusiv betriebenes Café, möglicherweise in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirchengemeinde.

Stilvolle Atmosphäre, gut-bürgerliches Essen im Herzen von Halle


Das Haller Haus Brune, ein besonderes Denkmal mit langer Geschichte und aktuell im Besitz der Stadt Halle, wurde an Odilia verkauft. - © Nicole Donath

Das Haller Haus Brune, ein besonderes Denkmal mit langer Geschichte und aktuell im Besitz der Stadt Halle, wurde an Odilia verkauft.
| © Nicole Donath

Früher war Brune angesagt, wenn man in stilvoller Atmosphäre gut-bürgerlich essen gehen wollte. Man verabredete sich mit der Familie, Freunden oder Geschäftspartnern bei Marianne, Bernd und Mathias Staeck auch zu einem akkuraten Pils oder auf ein Glas Wein, vorne in der Eingangshalle mit dem großen Kaminofen. Auch bekannte Haller wie Udo Hardieck, Gerhard Weber, Lothar Lünstroth, Walter Kleyer oder Herbert Kluth trafen sich hier regelmäßig freitags zum Stammtisch, setzten auf das besondere Interieur, die vertraute Umgebung.

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Mittlerweile ist es schon 13 Jahre her, dass Staecks hier den Schlüssel umgedreht haben. Und dennoch ist bei dem Gedanken an die Besuche dort das Gefühl von Vertrautheit geblieben. Es war ein besonderer Ort, eine besondere Restauration, die zu unserer kleinen Stadt gehörte. Sowohl das Gerhold’s als auch Brune hätte ich gerne bewahrt. Während die Zukunft der Hörster Immobilie noch ungewiss ist, gibt es für das alte Fachwerkhaus in der Bahnhofstraße nun immerhin eine Zukunft.

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