Bielefelds Schirichef Gürhan Celik gibt auf und neben dem Platz die Richtung vor.
| © Andreas Zobe
Bielefeld. Gut acht Monate ist Gürhan Celik mittlerweile Vorsitzender des Bielefelder Kreisschiedsrichter-Ausschusses. Zum Jahresende 2025 zieht der 27-Jährige, der abseits der Fußballplätze in einer Behörde arbeitet, ein erstes Fazit und gibt Einblicke in seine Arbeit. Daneben spricht er über die Hallen-Fußball-Stadtmeisterschaft.
Herr Celik, Sie sind seit Ende April 2025 Vorsitzender der Bielefelder Schiedsrichtervereinigung. Wie war der Start in Ihre neue Aufgabe – eher Anpfiff oder gleich Verlängerung?
Gürhan Celik: „Eher Anpfiff. Ich wusste ungefähr, was auf mein Team und mich zukommt. Aber nicht, dass es so viel wird. Wir waren zum Glück ziemlich gut vorbereitet und haben drei Monate vor dem Kreistag angefangen, intensiv zu arbeiten. Wir haben in kurzer Zeit schon viel bewegt und geändert. Wir sind aber noch ganz am Anfang. Es macht sehr viel Spaß, auch wenn es sehr zeitintensiv ist.“
Sie sind selbst bis in die Westfalenliga aufgestiegen. Welche Erfahrungen aus Ihrer aktiven Laufbahn helfen Ihnen jetzt in Ihrer Funktion als Vorsitzender am meisten?
Gürhan Celik: „Sehr viele. Ich kann meinen Schiedsrichtern immer etwas mit auf den Weg geben. Sie schätzen mich fachlich sehr. Akzeptanz ist ganz wichtig für diesen Posten. Das muss man sich einfach erarbeiten. Persönlichkeit spielt eine wichtige Rolle. Zudem konnte ich in den vergangenen Jahren sehr viele Kontakte von Nachbarkreisen, Verband bis hin zur DFB-Ebene knüpfen. Das hat mir bisher viel geholfen.“
Aus aktuellem Anlass: Im Video-Livestream: Bielefelder Hallenfußball-Stadtmeisterschaft 2025
Viele kennen Sie als ruhigen, sachlichen Schiedsrichter. Wie würden Sie sich selbst in drei Worten beschreiben – auf und neben dem Platz?
Gürhan Celik: „Sachlich, zielorientiert und durchsetzungsstark.“
Nachwuchs gewinnen – klare, durchsetzungsstarke Linie fordern
Der Schiedsrichtermangel ist auch in Bielefeld ein Thema. Welche Maßnahmen möchten Sie ergreifen, um mehr Menschen für das Pfeifen zu begeistern?
Gürhan Celik: „Wir haben seit dem Kreistag zwei Anwärterlehrgänge angeboten. Bei dem ersten Lehrgang haben wir 18 und bei dem zweiten Lehrgang 13 neue Schiedsrichter dazugewinnen können. Das ist für diese kurze Zeit eine starke Zahl. Auffällig war in dem zweiten Lehrgang, dass die meisten angehenden Schiedsrichter noch sehr jung waren. Die jüngsten waren zwölf und 13 Jahre. Beide haben bestanden. Wir versuchen, viel über die sozialen Medien zu machen, da wir dort vor allem die jungen Leute am besten erreichen. Zudem arbeiten wir aktuell daran, dass wir in Schulen Anwärterlehrgänge anbieten.“
Was glauben Sie: Warum ist es heute schwieriger, junge Menschen für das Schiedsrichteramt zu gewinnen als früher?
Gürhan Celik: „Fehlende Wertschätzung und Druck. Heute werden fast alle Spiele bis in die untersten Ligen gefilmt und gerne die Schiedsrichter öffentlich in den sozialen Medien kritisiert und bloßgestellt. Es werden zudem in den Medien noch zu wenig die positiven Dinge gezeigt, stattdessen eher die negativen Dinge. Schiedsrichterei ist eine hohe zeitliche Belastung für wenig Geld. Es wurden vor allem im FLVW die Spesen länger nicht erhöht. Dies ist aber meiner Meinung nach zwingend fällig.“
Wie wichtig ist Teamgeist in einer Schiedsrichtervereinigung, wo doch jeder am Wochenende meist allein auf dem Platz steht?
Gürhan Celik: „Teamgeist ist sehr wichtig in einer Schiedsrichter-Vereinigung. Der Austausch zwischen den Schiedsrichter-Kollegen, Tipps und Hinweise für Spielleitungen, gegenseitige Unterstützung, auch wenn es mal nicht immer gut läuft, vor allem mental. Schulungen, für ein einheitliches Auftreten und ähnliche Spielleitungen. Zusammenhalt ist wichtig, da viel Kritik und auch Druck von außen kommt.
Respekt auf dem Platz und Digitalisierung im Schiedsrichterwesen
Viele Spieler und Trainer unterschätzen, wie anspruchsvoll das Schiedsrichterdasein ist. Was würden Sie sich in Sachen Respekt und Wertschätzung wünschen?
Gürhan Celik: „Ich würde mir vor allem einen respektvolleren Umgang auf und neben dem Platz wünschen in Verbindung mit einer guten und offenen Kommunikation.“
Inwiefern spielt Digitalisierung auch im Schiedsrichterwesen eine Rolle – von Lehrabenden bis Spielanalysen?
Gürhan Celik: „Eine relativ wichtige Rolle. Ohne kommt man heute fast gar nicht mehr aus. Die Kommunikation erfolgt in WhatsApp-Gruppen mit den jeweiligen Schiedsrichtern, dem Kreisschiedsrichter-Ausschuss und den Ansetzern. Online-Schulungen bieten wir ebenfalls an. Die Spiele werden in fast allen Ligen gefilmt. Das kann negativ sein – es gibt viel Kritik bei Fehlentscheidungen, aber es kann auch positiv sein, da man die Möglichkeit hat Spiele zu analysieren und aufzuarbeiten.“
Gibt es Neuerungen oder Projekte, die Sie als Vorsitzender in den kommenden Monaten anstoßen möchten?
Gürhan Celik: „Ja, die gibt es. Wir haben bereits die Lehrabende aufgeteilt. Es gibt zum Beispiel nun den Lehrabend für die Leistungsklasse ab der Kreisliga A, dazu Lehrabende für die Kreisliga B und C, sowie für Jung- und Neuschiedsrichter. Das hatten wir zuvor nicht. Aktuell haben wir noch zu viele Schiedsrichter in der A-Liga.
Wir möchten einen Kreisliga-A-Kader haben, ähnlich wie der Bezirksliga-Kader. Die Schiedsrichter müssen mehr leisten und mitbringen. Es gilt ganz klar das Leistungsprinzip. Zudem habe ich festgestellt, dass wir zu wenig gute Schiedsrichter-Assistenten haben. Wir wollen mit expliziten Assistenten-Schulungen die Leute mit Potenzial in diesem Bereich intensiver schulen und auf größere Aufgaben vorbereiten.“
Wenn Sie auf dem Platz pfeifen – was bringt Sie wirklich auf die Palme?
Gürhan Celik: „Spieler, Trainer oder Teamoffizielle, die ständig und alles kommentieren. Auch mit Gestik oder Mimik. So etwas finde ich auf dem Platz total nervig, da es oft für Unruhe sorgt.“
Und umgekehrt: Gab es schon mal eine Spielsituation, in der Sie selbst schmunzeln mussten, obwohl Sie eigentlich ernst bleiben wollten?
Gürhan Celik: „Davon gab es in den fast 13 Jahren sehr viele. In einem Verbandsliga-Spiel musste ich eine zwingende Verwarnung an der Seitenlinie zeigen, wo viele Zuschauer der Gäste standen. Diese waren sehr aufgebracht über das Foulspiel.
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Während ich die Verwarnung zeigte, näherte sich dieser Spieler und sagte mit einem Lächeln: Du hast mich gerettet. Es war meine fünfte Gelbe. Meine Freundin freut sich, dass sie eine Woche eher mit den Urlaubsplanungen anfangen kann.“
Viele sagen, Schiedsrichter haben keinen leichten Job. Was ist für Sie das Schönste am Pfeifen?
Gürhan Celik: „Man ist mittendrin, statt nur dabei. 22 unterschiedliche Charaktere auf dem Platz. Emotionen, Spannung. Man übernimmt Verantwortung, trifft Entscheidungen. Man will einfach für Gerechtigkeit sorgen. Besonders schön ist das Gefühl, wenn man nach dem Spiel kein großes Thema ist und alle zufrieden waren.“
Die Hallen-Fußball Stadtmeisterschaft ist für viele das Fußball-Highlight des Winters. Welche Rolle spielt sie für die Schiedsrichtervereinigung?
Gürhan Celik: „Wie auch für die Spieler und die Zuschauer ist die Bielefelder Hallen-Fußball Stadtmeisterschaft definitiv ein großes Highlight für die Schiedsrichter. Jeder Schiedsrichter, der mit Leib und Seele dabei ist, möchte dort pfeifen. Allerdings gibt es dafür auch Grundvoraussetzungen. Bei der Stadtmeisterschaft pfeifen jedes Jahr die höchsten Schiedsrichter im Kreis. Schiedsrichter, die auf der Verbandsliste stehen, oder die, die mal auf dieser Liste waren. Das unterstreicht für uns auch die Wichtigkeit der Veranstaltung.“
Wenn Sie sich etwas für die Zukunft des Bielefelder Schiedsrichterwesens wünschen dürften – was wäre das?
Gürhan Celik: „Definitiv wieder Aufsteiger auf Verbandsebene. Vor allem in die Landesliga. Schiedsrichter, die Bock und Zeit mitbringen, über Jahre dort zu pfeifen. Wir hatten seit drei Jahren keine Aufsteiger in diese Spielklasse. Schön wäre auch, wenn wir wieder einen Oberliga-Schiedsrichter hätten. Der Kreis Bielefeld hatte immer viele Schiedsrichter in diesen Spielklassen. Da müssen wir wieder hinkommen. Ich bin optimistisch, dass wir das hinbekommen.“
Und zum Abschluss: Wenn Sie die Wahl hätten – lieber das perfekte Spiel pfeifen oder ein Derby als Zuschauer genießen?
Gürhan Celik: „Definitiv das perfekte Spiel pfeifen.“
INFORMATION
Endrunde der Hallenstadtmeisterschaft im Livestream
Wer krönt sich zum Bielefelder Stadtmeister der Hallensaison 2025? Am Dienstag, 30. Dezember 2025, wissen wir es. Denn dann findet die Finalrunde der Stadtmeisterschaft in der Seidenstickerhalle statt. Als Titelverteidiger geht in diesem Jahr der SC Hicret Bielefeld ins Rennen.
Wer an diesem Tag nicht in der Halle dabei sein kann, muss trotzdem nicht auf Livebilder vom Bielefelder Fußball verzichten. Denn nw.de wird an dieser Stelle die Spiele live im Videostream übertragen.
Hier finden Sie am Finaltag den Livestream.
Nachdem in den Tagen zuvor die Vor- und Zwischenrunden ausgespielt sind, geht es am Finaltag um 16.30 Uhr los mit den Spielen der Endrunde in der Seidensticker-Halle. Die Halbfinals sollen laut Plan um 19.45 Uhr starten. Das Finalspiel steigt, sofern es keine Verzögerungen gibt, um 20.50 Uhr. Rund fünf Stunden Liveübertragung gibt es also an diesem Abend auf nw.de.
So verpassen nicht nur die mehr als 2.000 Zuschauer in der Seidensticker-Halle keine Szene, auch die NW-Nutzer auf ihrem Smartphone, am Tablet oder am Desktop kommen auf ihre Kosten. Der Livestream ist für NW-Digital-Abonnenten kostenlos.
