Der Spitzenverband der Krankenkassen geht im kommenden Jahr von finanziellen Engpässen bei Pflegekassen aus. „Die Pflegeversicherung lebt auf Pump, mit Darlehen des Bundes in Höhe von mittlerweile 4,2 Milliarden Euro“, sagte der Vorstandschef des Spitzenverbandes der Krankenkassen, Oliver Blatt, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Rechnerisch decke der Betrag das Defizit im anstehenden Jahr annähernd. Die Finanzierung sei allerdings „derart auf Kante genäht“, dass laut Einschätzung seines Spitzenverbandes „einzelne Pflegekassen im kommenden Jahr Liquiditätshilfen benötigen werden“, sagte Blatt. „Dafür gibt es zwar ein geregeltes Verfahren, doch es zeigt, wie stark der Reformbedarf ist.“
Im Februar hatte erstmals eine Pflegekasse Liquiditätshilfen aus dem sogenannten Ausgleichsfonds der gesetzlichen Pflegeversicherung beantragen müssen, um eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.
Blatt fordert reformierte Einstufung bei Pflegegraden
Der Verbandschef sprach sich unter anderem dafür aus, Bedingungen für die Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit und die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade zu verschärfen. Die Reform von 2017 sei „sehr großzügig“ gestaltet worden, argumentierte er. Seitdem habe sich die Zahl der Pflegebedürftigen in etwa verdoppelt, von drei auf fast sechs Millionen. Das habe mit der Alterung der Gesellschaft aber nur wenig zu tun, sondern viel stärker mit der damaligen Reform, sagte Blatt.
Die Pflegeversicherung steht vor großen Herausforderungen: Sie hat Milliardendefizite angehäuft, zudem gibt es immer mehr Pflegebedürftige und zugleich zu wenig Pflegekräfte. Die Ergebnisse der Bund-Länder-Gruppe zur Pflegeversicherung waren von Krankenkassen und Verbänden stark kritisiert worden. „Ich habe den Eindruck, die Brisanz der Lage ist immer noch nicht allen Beteiligten klar“, sagte Blatt.
Reformen sollten Blatt zufolge Beiträge senken
Mit Blick auf die Krankenkassen forderte Blatt Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) auf, ein weiteres Sparpaket auf den Weg zu bringen. „Wenn es im nächsten Jahr keine ernsthaften und durchgreifenden Reformen gibt, dann droht bereits 2027 zusammen mit den Zusatzbeiträgen ein durchschnittlicher Beitragssatz von 18 Prozent“, sagte er. Das sei weder Beitragszahlenden noch der Wirtschaft zuzumuten.
Blatt bekräftigte die Prognose der Kassen, dass, anders als von Warken zugesagt, der Beitrag im kommenden Jahr nicht stabil bleiben wird. Er rechnet mit einer Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags von aktuell 2,9 auf „mindestens“ 3,1 Prozent – also mit einer Anhebung des gesamten Beitragssatzes von 17,5 Prozent auf 17,7 Prozent.
© Lea Dohle
Newsletter
Was jetzt? – Der tägliche Morgenüberblick
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.
Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
Viele Krankenkassen haben kürzlich die Zusatzbeiträge erhöht. Laut dem Vergleichsportal Verivox verlangen 31 von 72 Krankenkassen in Deutschland für 2026 höhere Beiträge von den Versicherten.
Die Regierung hat jüngst ein verhältnismäßig kleines Sparpaket für die Kassen für 2026 auf den Weg gebracht. Sie steht aber unter Druck, das System grundlegend zu modernisieren. Blatt sagte, das Ziel von Reformen müsse sein, den Beitragssatz nicht nur zu stabilisieren, sondern zu senken.
Gesundheitssystem
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Krankenkassenbeiträge:
Ein fauler Deal
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Hebammen:
Dann werden Babys öfter im Auto geboren
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Kontakt mit der Krankenkasse:
„Die Briefe der Krankenkasse macht nur noch mein Mann auf“