Wenn Abba auf Pur und Reinhard Mey treffen: Gregor Hägele, Popsänger aus Stuttgart, ist am Sonntag in seine Heimat zurückgekehrt und hat ins Wizemann Gäste mitgebracht.

„Wollt Ihr lieber ein Lied von Roland Kaiser oder eines von Abba?“, fragt er ins tobende Wizemann, und die Lautstärke des Tobens, beim einen Namen, beim anderen, entscheidet. Bald schon springt Gregor Hägele über die Bühne und singt, mit manischer Freude: „Mamma Mia!“

„Hey Jude“ von den Beatles und „Lena“ von Pur

Dass er nicht nur aufgelegt ist, eigene Stücke zu singen, das wird er später mehrfach beweisen. Da stimmt er irgendwann für all die weiblichen Menschen im Saal und weil er beweisen möchte, dass Songwriter, wenn ihnen denn gar nichts mehr einfällt, immer noch von Frauen singen könnern, ein Medley an, das von „Hey Jude“ über Purs „Lena“ bis zu Dolly Partons „Jolene“ reicht. Und als Gregor Hägele auf der Bühne scherzt, er müsse nun unbedingt Wasser lassen (er verwendet einen anderen Ausdruck) sind plötzlich Maël & Jonas wieder da. Sie waren in der 10. Staffel von „The Voice of Germany“ und bei diversen anderen Shows mit dabei, sie bestritten Georg Hägeles Vorprogramm als Neoblumenkinder mit leichtem Sarkasmus und akustischer Gitarre, und sie hüpfen nun plötzlich gemeinsam mit ihm herum und singen „Über den Wolken“ in einer Version, die wenig mit dem Original von Reinhard Mey zu tun hat.

Der Verdacht keimt, man habe mit Gregor Hägele vielleicht den nächsten Dieter Thomas Kuhn vor sich, auch da Hägele bei seinem jungen Publikum enormes Partypotential freisetzt. Der große Saal des Wizemann ist seit Monaten ausverkauft, am Samstagabend, die Besucher sind vorwiegend jung und jünger, Begleitpersonen werden gesichtet, größere Mädchengruppen feiern den Interpreten frenetisch, verfügen über profunde Hägele-Kenntnisse und sind auskunftsfreudig. Gregor Hägele selbst posierte für ältere Fotos mit Lockenpracht, hat sich nun das Haar sehr kurz geschnitten und einen Look zugelegt: Er trägt locker weißes Hemd und dazu schwarze Krawatte. Seine Begleitband tut es ihm gleich. Und er hat Gäste.

Jede Menge Überraschungsgäste

Früh schon erscheint Revelle an Gregor Hägeles Seite. Sie heißt mit bürgerlichem Namen Katharina Schwarz, veröffentlichte jüngst ihr drittes Album, nahm mit Hägele das Stück „Wir bleiben“ auf und singt nun mit ihm, auf einer Vorbühne, nahe dem Publikum, zuckersüß, das Weihnachtslied „Es ist wieder soweit“. Zwei Stücke – „Wolke 4“ und „Das ist dein Leben“ – wird Gregor Hägele gemeinsam mit Überraschungsgast Philipp Dittberner interpretieren, eine deutsche Songwritergeneration älter als er und sein erklärtes Vorbild.

Ganz zuletzt schließlich, noch vor der Zugabe, singt Gregor Hägele seinen Hit „Sophie“, zu dem längst ein Tanz entstand, der sich mit Hilfe sozialer Medien schnell verbreitete – Hägele tanzt gemeinsam mit Chiara, der Schöpferin des Tanzes, dem Influencer Paul Bunne und Sascha Wernicke, seinem Manager. Viele tanzen mit, die jugendliche Stimmung im Wizemann ist kaum zu schlagen.

Hägele überschlägt sich fast vor Begeisterung

Gregor Hägele selbst wird Ende Januar 26 Jahre alt, wurde in Stuttgart geboren, wuchs dort auf, ehe seine Eltern sich trennten und er mit seiner Mutter nach Frankfurt zog. Heute natürlich lebt er in Berlin. Er begann 2019, Singles zu veröffentlichen. Sein erstes Album folgte 2024. In Stuttgart gibt er nun sein „Jahresabschlusskonzert“, denkt auch an die Zeit, die er in der Stadt verbrachte, singt seinen Song „Ich hab’s gut, ich hab dich“, redet viel, redet schnell, überschlägt sich beinahe vor Begeisterung („Wahha! Es ist so schön mit euch!“), fordert alle auf, sich zu lieben, versichert ihnen: „Jeder einzelne von euch ist gut genug.“

Er erzählt und singt auch davon, dass er mit elf Jahren an Magersucht litt, singt zum allerersten Mal auf einer Bühne seinen neuen Song „Shoot Shoot Shoot“, singt „Mama hatte immer Recht“ und gesteht, ganz der Schwabe: „Meine Mamma isch heut auch da“. Gregor Hägele strahlt, Gregor Hägele springt umher, taucht ein ins Publikum, lässt Konfetti knallen, Luftschlangen sich entrollen und bringt auch seinen bislang größten Hit: „Du bist wie Paracetamol für mich“. Welch ein Kompliment!