Für die Behauptungen aus Moskau, die Ukraine habe die Residenz von Kremlchef Wladimir Putin im Gebiet Nowgorod angegriffen, gibt es nach einer Analyse des Institute for the Study of War (ISW) bislang keine Beweise. In der Analyse heißt es dazu: Die Umstände dieses angeblichen Angriffs entsprächen nicht dem Muster der bislang beobachteten Beweise bei anderen Angriffen ukrainischer Streitkräfte auf russischem Gebiet.

Zu den in der Vergangenheit bestätigten ukrainischen Angriffen auf russischem Territorium gebe es typischerweise Beweise, die in öffentlich zugänglichen Quellen einsehbar seien, so das ISW. Zu diesen Beweisen gehörten – oft mit Geodaten versehene – Aufnahmen von Luftverteidigungsoperationen, Explosionen, Bränden oder Rauchwolken in der Nähe von Zielobjekten. Auch Stellungnahmen lokaler und regionaler russischer Behörden, die erfolgreiche ukrainische Angriffe meist als „Trümmer“ abgeschossener Drohnen herunterspielten, zählten dazu, außerdem Berichte lokaler Quellen und Medien über Brände oder Beschädigungen solcher Objekte. Die ISW-Analysten haben nach eigenen Angaben weder solche Aufnahmen noch Berichte über ukrainische Angriffe in der Nähe von Putins Residenz gefunden, die die russische Behauptung stützen würden.

Überdies weist das ISW darauf hin, dass die Behauptung des russischen Außenministers Sergej Lawrow, Russlands Flugabwehr habe über dem Bezirk Nowgorod 91 ukrainische Drohnen abgeschossen, den Angaben des russischen Verteidigungsministeriums widerspricht. Laut Ministerium hätten die Streitkräfte in der besagten Nacht zum 29. Dezember lediglich 47 ukrainische Drohnen über Nowgorod abgeschossen.

Das Institut verweist auch auf das russische Oppositionsmedium Sota, das am 29. Dezember eine Untersuchung zu dem angeblichen Angriff veröffentlichte. Der Vorfall sei „vermutlich eine Fälschung des Kreml“, schreibt Sota und berichtet, dass die Bewohner von Waldai – um die dortige Putin-Residenz geht es – in der Nacht keine russischen Luftabwehrsysteme gehört hätten, obwohl diese hätten aktiv sein müssen, um bis zu 91 ukrainische Drohnen abzuschießen.

Im Sota-Bericht heißt es, dass Drohnen, die von der Nordgrenze der Ukraine aus gestartet würden, den stark geschützten russischen Luftraum überqueren müssten – einschließlich Anlagen der strategischen Raketentruppen, Luftabwehrverbände, Militärluftfahrt und anderer Einrichtungen, die unter starkem Luftschutz stehen oder selbst als russischer Luftschutzschirm fungieren. Deshalb kommt Sota zu dem Ergebnis, dass die Ukraine die Putin-Residenz nur durch ein „Wunder“ oder durch vorsätzliche militärische Nachlässigkeit Russlands hätte angreifen können.

In diesem Zusammenhang weist das ISW noch auf einen anderen Medienbericht hin: Der russische Dienst von Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) meldete im August 2025, dass Russland die Anzahl der Luftverteidigungssysteme zum Schutz von Waldai zwischen 2022 und August 2025 von zwei auf zwölf erhöht habe. Unterdessen bleibt der Kreml nach wie vor bei seiner Behauptung. Auf die Frage nach physischen Beweisen erklärte Putins Sprecher Dmitrij ‌Peskow an diesem Dienstag vor Journalisten, es sei nicht nötig, Belege für den Angriff vorzulegen; die russische Luftabwehr habe ihn abgewehrt. Falls es Trümmer abgeschossener Drohnen gebe, sei dafür das Militär zuständig.