Der kleine CDU-Parteitag hat am Montag den Weg für eine schwarz-rote Koalition freigemacht. Der sogenannte Bundesausschuss stimmte in Berlin mit großer Mehrheit zu. Zuvor hatte CDU-Chef Friedrich Merz die Liste der designierten CDU-Ministerinnen und -Minister vorgestellt.

Von den 17 Leitungsposten wird die Union sieben besetzen. Für die beiden Ressorts Wirtschaft und Digitales/Staatsmodernisierung hat der wahrscheinlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz eine Managerin sowie einen Manager gewinnen können.

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So soll die Chefin der E.ON-Tochterfirma Westenergie Katherina Reiche Wirtschaftsministerin werden. Mit der im brandenburgischen Luckenwalde geborenen Energieexpertin macht Merz eine politik- und wirtschaftserfahrene Person zur Ministerin. Die 51-Jährige war Bundestagsabgeordnete, Staatssekretärin, Verbandsgeschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende. E.ON erklärte, sie unmittelbar von ihren Aufgaben freistellen zu wollen. Mit Reiche ist klar, dass der Schwerpunkt des Wirtschaftsressorts künftig im Bereich Energiepolitik liegen wird. Verschiedene Wirtschaftsvertreter lobten die Benennung Reiches.

Katherina Reiche soll die Nachfolge von Robert Habeck (Grüne) an der Spitze des Bundeswirtschaftsministeriums antreten.

© Roland Weihrauch/dpa

Der NRW-Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff soll ihr Parlamentarischer Staatssekretär werden. Genauso wie Gitta Connemann. Die Vorsitzende der Mittelstands-Vereinigung (MIT) soll zudem Mittelstandsbeauftragte werden.

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Das neue Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung soll Karsten Wildberger, Vorstandsvorsitzender der Ceconomy AG, übernehmen. Zu der Gesellschaft gehören Marken wie MediaMarkt und Saturn. Der 56-Jährige hat in Physik promoviert und war lange Partner in der Unternehmensberatung Boston Consulting Group sowie bei T-Mobile, Vodafone sowie E.ON tätig.

Kennt sich aus mit Strategie und Digitalisierung: Karsten Wildberger

© Oliver Roesler
oro-Phot/CECONOMY AG /dpa

„Digitalisierung und Technologie waren prägende Themen meiner beruflichen Laufbahn, und das neue Ministerium wird eine entscheidende Rolle bei der Modernisierung unseres Landes spielen“, sagte Wildberger laut einer Pressemitteilung von Ceconomy. Sein Vertrag bei dem Düsseldorfer Handelskonzern soll bis zum 5. Mai aufgelöst werden. Thomas Jarzombek und Philipp Amthor sollen Wildberger als Parlamentarische Staatssekretäre unterstützen. Amthor war Chefverhandler für die Themen Bürokratie-Rückbau und Staatsmodernisierung.

Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg doppelt vertreten

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul ist als neuer Außenminister vorgesehen. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien das erweiterte Bildungs- und Familienministerium übernehmen. Damit sind zwei Personen aus dem norddeutschen Landesverband im künftigen Merz-Kabinett vertreten.

Die designierten Minister:innen der Union

  • Bundeskanzleramt: Thorsten Frei
  • Wirtschaft und Energie: Katherina Reiche
  • Auswärtiges Amt: Johann Wadephul
  • Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien
  • Gesundheit: Nina Warken
  • Verkehr: Patrick Schnieder
  • Digitalisierung und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger

Aus der CSU soll Dorothee Bär das Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt leiten, Alois Rainer das Agrar- und Alexander Dobrindt das Innenministerium.

Auch Baden-Württemberg wird gleich zwei zentrale Posten besetzen. Der Merz-Vertraute Thorsten Frei wird Kanzleramtsminister. Nina Warken soll Gesundheitsministerin werden. Anders als Karl Lauterbach (SPD) gilt die 45-Jährige nicht als ausgewiesene Gesundheitsexpertin. Bei den Koalitionsverhandlungen war sie Mitglied der Arbeitsgruppe Inneres, Recht und Migration.

Künftiger Verkehrsminister ist der Bundestagsabgeordnete Patrick Schnieder. Bei der Wahl im Februar hat der 2,02-Meter große CDU-Politiker das beste Erststimmenergebnis in Rheinland-Pfalz erzielt. Der Jurist sitzt schon seit 2009 im Bundestag, war im Verkehrsausschuss tätig und seit 2018 Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. Parlamentarischer Staatssekretär soll der aus Thüringen stammende Christian Hirte werden.

Patrick Schnieder (CDU) soll auf Volker Wissing (parteilos) als Verkehrsminister folgen.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Merz will zudem mit Michael Meister (Bund-Länder-Zusammenarbeit), Christiane Schenderlein (Sport und Ehrenamt) und dem Verleger Wolfram Weimer (Kultur und Medien) drei Staatsminister ins Kanzleramt holen. Die Abgeordneten Serap Güler und Gunther Krichbaum (beide CDU) sowie Florian Hahn (CSU) sollen den gleichen Posten im Auswärtigen Amt besetzen.

Zwei Favoriten und ein Unbekannter im CSU-Tableau

Auch über die Minister:innen der bayerischen Schwesterpartei herrscht nun Klarheit: Dorothee Bär soll in der neuen Bundesregierung das Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt übernehmen. Dies teilte Parteichef Markus Söder mit. Die 47-jährige CSU-Vize war bereits Digital-Staatsministerin unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Neuer Agrarminister soll demnach der CSU-Bundestagsabgeordnete und gelernte Metzger Alois Rainer werden. 

Zuvor war bereits aus Parteikreisen durchgesickert, dass der bisherige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt neuer Bundesinnenminister werden soll.

Merz will keine Euphorie aufkommen lassen

Alle CDU-Ministerinnen und Minister werden in Berlin am Montagnachmittag im Rahmen des Kleinen Parteitags öffentlich vorgestellt. „Die Anstrengung hat sich gelohnt“, sagte der mögliche künftige Kanzler vor den CDU-Delegierten in seiner Eröffnungsrede mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen.

„Ja, wir trauen uns das zu“: Friedrich Merz wirbt vor den Delegierten des Kleinen Parteitags um Zustimmung für den Koalitionsvertrag.

© dpa/Michael Kappeler

Begeisterung ließ Merz an diesem Montag im Berliner Estrel-Hotel allerdings nicht aufkommen. „Das ist jetzt nicht die Zeit für Euphorie“, sagte Merz. „Um uns herum wanken die Säulen, auf die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten so selbstverständlich vertraut haben.“ Als Beispiel nannte er das beschädigte Vertrauen in Demokratie, die schwächelnde Wirtschaft, die nicht zukunftsfähigen Sozialsysteme sowie das von Kräften im Inneren wie Äußeren bedrohte Europa.

„Wir bilden eine Arbeitskoalition. Wir wissen, dass wir in der Pflicht stehen, Erfolg zu haben“, betonte Merz. „Erfolg in Deutschland, Erfolg in Europa und auch Erfolg in der Welt. Erfolg für Wirtschaft und Gemeinschaft im eigenen Land. Und Erfolg bei der Selbstbehauptung der demokratischen Mitte unseres Landes.“

Merz warnte, wenn nicht eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger des Landes mit der neuen Bundesregierung und ihrer Arbeit zufrieden sein werde, dann könne man in die Situation kommen, „dass wir in diesem Land nicht mehr handlungsfähig und vielleicht irgendwann nicht mehr regierungsfähig sind“.

Merz verspricht Politikwechsel bei Migration und Wirtschaft

Merz sieht trotz interner Kritik am Koalitionsvertrag mit der SPD einen Politikwechsel in der Migrations- und Wirtschaftspolitik mit der künftigen Regierung. In dem Vertrag seien grundlegende Kurskorrekturen etwa in der Migrationspolitik vereinbart worden, sagte er in Berlin

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Die Tatsache, dass Städte und Gemeinden jenseits der Überforderungsgrenze stünden, und dies den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie massiv gefährde, zwinge die Koalition zu weiteren Korrekturen, sagte Merz. So würden ab dem Tag eins einer neuen Regierung die Staatsgrenzen noch besser kontrolliert, es werde Zurückweisungen in größerem Umfang geben.

In der EU werde man einen sehr viel restriktiveren Kurs unterstützen. „Deutschland wird auch in dieser Frage unter meiner Führung in Europa nicht mehr im Bremserhäuschen sitzen“, rief Merz unter dem Beifall der Delegierten.

Merz warnt vor Handelskrieg mit USA und China

Auch in der Wirtschaftspolitik versprach Merz einen Politikwechsel. Er warnte in diesem Zusammenhang vor einem offenen Handelskrieg mit den USA oder China. Im Gegenteil werde er sich mit ganzer Kraft für offene Märkte einsetzen – auch außerhalb der USA und Chinas.

Den USA werde er anbieten, bei allen Zollsätzen im gegenseitigen Warenaustausch auf null zu gehen. Man werde auch für die gegenseitige Anerkennung technologischer Standards kämpfen. Dies könne ein Beitrag zum nachhaltigen Abbau der Bürokratie in Europa sein.

Merz rechtfertigt Kehrtwende bei Schuldenbremse

Zudem rechtfertigte er die Kehrtwende für eine Lockerung der Schuldenbremse. Er verstehe die Enttäuschung vieler Wählerinnen und Wähler nur allzu gut, sagte Merz beim Kleinen Parteitag der CDU. Die Lage in Europa, die Risiken der transatlantischen Partnerschaft und die Gefahr einer politischen Handlungsunfähigkeit hätten aber keine andere Wahl gelassen.

Merz bezeichnete es als eine „Führungsentscheidung“ auch von ihm selbst, gemeinsam diesen Weg zu gehen. Er bekräftigte, er habe dafür „einen hohen Kredit“ in Anspruch genommen, und einen Kredit müsse man zurückzahlen. Alle seien sich bewusst, dass man daran arbeiten müsse, dass sich dieser Schritt wenigstens aus der Rückschau als richtig erweise.

Merz will Reformen der Sozialversicherungen

Zudem dringt er auf Reformen der großen Sozialversicherungen für Rente, Gesundheit und Pflege in der künftigen Bundesregierung. Es stimme, dass der Koalitionsvertrag dazu unklar und vage geblieben sei, machte Merz bei einem Kleinen Parteitag deutlich. Es gelte aber, aus der Spirale immer höherer Beiträge und Haushaltsmittel und zugleich schlechterer Leistungen in den Augen Betroffener herauszukommen.

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„Wir brauchen mehr Eigenverantwortung“, sagte Merz. Nötig sei auch mehr Effizienz. Merz nannte als Ziel, auch weitere Reformen zu ermöglichen und zur Diskussion zu stellen, die über die Koalitionsvereinbarungen hinausgehen. An die Adresse der SPD sagte der voraussichtliche künftige Kanzler, allein mit mehr Geld oder gar mit höheren Steuern werde dieses Problem nicht zu lösen sein.

Laut Koalitionsvertrag sollen zur Finanzstabilisierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zunächst Kommissionen eingesetzt werden. Das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent soll bis 2031 stabilisiert werden.

Umweltschutz nicht mit Verboten

Mit Blick auf den Umwelt- und Klimaschutz betonte Merz: „Wir vergessen das Thema nicht, ganz im Gegenteil.“ Man wolle es aber mit anderen Wegen und Instrumenten angehen als die Ampel-Koalition. „Wir gehen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Welt.“ Es gelte, nicht nur mit Verboten vorzugehen, sondern mit Ermutigung und Anreizen.

Mehr zum möglichen Merz-Kabinett lesen Sie hier: „Friedrich Merz wird liefern“ Südwest-CDU rechnet mit klarer Zustimmung zum Koalitionsvertrag Ein Schnell-Check Was Sie über die künftigen Minister der Union wissen sollten Die Woche der Entscheidung Diese Hürden muss Merz bis zur Kanzler-Wahl überwinden

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte in Berlin, er gehe von einer erfolgreichen Arbeit der geplanten Bundesregierung aus Union und SPD aus. „Es ist meine feste Überzeugung, dass diese Bundesregierung überraschen wird – und zwar im positiven Sinne.“ Alle Beteiligten wüssten um ihre Verantwortung. Außerdem sei Parteichef Friedrich Merz als künftiger Kanzler der richtige Mann zur richtigen Zeit.

Die SPD will ihre Kabinettsmitglieder erst am 5. Mai bekanntgeben, wie SPD-Generalsekretär Matthias Miersch nach der heutigen Gremiensitzung bekräftigte. Am kommenden Mittwoch wollen die Sozialdemokraten das Ergebnis ihres Mitgliederentscheids veröffentlichen. Am 6. Mai soll Merz vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden. (mit Reuters/dpa)