In Zeiten steigender Preise für die Dinge des täglichen Bedarfs schauen Verbraucher beim Einkauf genauer hin, bevor sie sich auf den Weg zum Supermarkt machen. Für ein gutes Schnäppchen lässt man den Lieblingshändler auch schon mal links liegen und fährt zur Konkurrenz.

Sparen durch gezieltes Verbrauchsverhalten ist neuerdings auch beim Thema Strom möglich. Stromversorger sind seit dem vergangenen Jahr verpflichtet, sogenannte dynamische Tarife anzubieten. Diese ermöglichen den Kunden, von der Bewegung auf den Strommärkten zu profitieren. Die Stadtwerketochter Energie und Wasser Remscheider (EWR) hat einen solchen Tarif zum neuen Jahr eingeführt. Kleinere Versorger, die in Städten in der Größenordnung um die 100.000 Einwohner liegen, haben für die von der Europäischen Union eingeführte Pflicht einen Starttermin für 2025 zugeordnet bekommen, erklärt Klaus Günther-Blombach, Geschäftsbereichsleiter Betrieb, den Hintergrund.

Ein zentrales Ziel der Neuerung ist es, den Stromverbrauch in den Netzen besser steuern zu können, erklärt der Experte. Denn die Menge des Stroms, die dort verfügbar ist, schwankt über den Tagesverlauf erheblich. Wenn am Ende eines Arbeitstages die meisten Remscheider zu Hause sind, ist der Stromverbrauch höher als am späten Vormittag – und die Energie teurer. Für die allermeisten Kunden macht das bisher keinen Unterschied. Über ihren Stromvertrag ist ihnen ein Festpreis für die Kilowattstunde garantiert, egal, wann sie die Waschmaschine anmachen oder den Rasen mit dem Elektromäher trimmen. Der dynamische Tarif bietet nun die Chance, Schwankungen für sich zu nutzen. Dafür muss man allerdings die Preise an den Strombörsen kennen. Die EWR ermöglichen den Kunden auf ihrer Internetseite oder der App einen Blick auf den sogenannten Spotmarkt. Dort kann man – in Stundenraster unterteilt – sehen, was der Strom zu einer bestimmten Uhrzeit kosten wird.

Schaut man sich die Kurve der vergangenen Tage an, sind die Zeitzonen mit niedrigeren Preisen gut zu erkennen. In der Nacht und sehr früh am Morgen ist die Kurve unten, steigt dann für zwei Stunden, fällt wieder und klettert ab dem späten Nachmittag bis zum späten Abend auf den höchsten Punkt. Dann ist die Familie zu Hause, der Herd und das Licht sind an, später laufen auch der Fernseher und die Spülmaschine.

Hier zeigt sich die Krux des dynamischen Strompreises. Wer wirklich profitieren will, muss entweder dann zu Hause sein, wenn der Strompreis niedrig ist, oder er muss Geräte besitzen, die sich programmieren lassen. „Wenn ich ein E-Auto hätte, würde ich mich mit dem Thema beschäftigen“, sagt Günther-Blombach mit Blick aus der Verbraucher-Perspektive. Wer die Batterie des Wagens in der Nacht lädt, kann ordentlich sparen. Auch Spülmaschinen lassen sich programmieren.

Zielgruppe der politischen Entscheider in Brüssel und Berlin ist sicher auch die wachsende Gruppe der Menschen, die schon mit einer Wärmepumpe heizen oder bald heizen wollen. Allerdings brauche man dann einen Pufferspeicher, der den günstigen Strom aufbewahrt, bis ich ihn zum Heizen brauche, sagt der EWR-Experte. Spätestens in diesem Fall stelle sich dann für den Verbraucher die Frage, wie lange es braucht, bis man solche Investitionen wieder herausgeholt hat.

Pflichtprogramm für jeden potenziellen Nutzer des dynamischen Tarifs der Einbau eines sogenannten Smart Meters. Diese intelligenten Zähler übermitteln digital in kurzen Abständen nicht nur den Verbrauch, sondern auch den exakten Zeitpunkt der Nutzung. Das ist für die Abrechnung entscheidend. Die EWR, so sagt Günther-Blombach, bietet ihren Kunden den Einbau an. Aber auch ein Dritter kann das übernehmen. Als Betreiber des Netzes in Remscheid sind die EWR aber auch hier immer mit im Spiel.

Dass ein besser koordinierter Verbrauch von Strom immer wichtiger wird, erklärt sich auch aus dem wachsenden Ausbau der Fotovoltaik-Technik im privaten Bereich. Wenn an sonnigen Wochenenden der Wind weht, erzeugen Solar- und Windkraftanlagen so viel Energie, dass die Strompreise in den negativen Bereich fallen. Denn die Abnehmer – vor allem im produzierenden Bereich – fehlen. Umgekehrt gab es zuletzt auch windstille Phasen mit dichter Bewölkung. In diesen „Dunkelphasen“ schießt der Strompreis in exorbitante Höhen. Gaskraftwerke müssen dann die Lücke im Energiebedarf schließen.