Bielefeld (NRW) – Zwischendurch schienen Zweifel möglich: Könnte ein anderer als der Angeklagte für den Tod von Philippos Tsanis (†18) verantwortlich sein? Neue Handy-Videos hatten Fragen aufgeworfen!
Doch am 16. Prozesstag vor dem Landgericht Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) wurde klar: Die Staatsanwaltschaft bleibt überzeugt, dass Syrer Mwafak A. (21) Philippos im Juni 2024 im Kurpark von Bad Oeynhausen totprügelte.
Philipos wurde nach dem Abiball seiner kleinen Schwester brutal geschlagen und getreten. Er starb an schweren Hirnverletzungen. BILD zeigt das Foto mit Einverständnis seiner Familie.
Foto: Privat
Video zeigt Philippos blutend am Boden
Am Montagmorgen wurden die grausamen Videos abgespielt: Sie zeigen Philippos schwer verletzt am Boden – Blut läuft aus Mund und Ohren, sein Körper zuckt noch leicht.
Seine Mutter brach in Tränen aus, sein Vater hatte den Saal bereits verlassen, nachdem Richter Carsten Glashörster gewarnt hatte: „Es ist schwer zu ertragen, diese Aufnahmen zu sehen.“
Dmitris Tsanis kurz vor dem Prozessauftakt. Als Videos von der Tat an seinem Sohn gezeigt wurden, musst der Vater den Gerichtssaal verlassen
Foto: Marcus Prell
„Beim Angeklagten werde ich mich nicht entschuldigen“
Staatsanwalt Christoph Mackel (52) rang um Fassung: „Ich muss mich bei der Familie von Philippos und bei allen anderen entschuldigen, dass diese Videos so spät aufgetaucht sind. Aber beim Angeklagten werde ich mich nicht entschuldigen!“
Und weiter: „Das, was im Video zu sehen ist, ist widerlich. Aber es widerspricht nicht der Faktenlage!“
Die Aufnahmen waren auf dem Handy von Lukas D. (18) gefunden und später von der Polizei wiederhergestellt worden. Darauf zu hören: Wie er den am Boden liegenden Philippos beschimpfte („kleine F****, willst Stress?“). Damit geriet der 18-Jährige selbst in den Fokus der Ermittlungen.
Lesen Sie auch
Mwafak A. ließ über seine Verteidiger verlesen, er habe Philippos nur die Tasche entrissen – getreten habe er ihn nicht. Andere seien deutlich aggressiver gewesen.
Doch die Videos zeigten etwas anderes: Mwafak A. verfolgt Philippos, brachte ihn zu Fall und entriss ihm seine Tasche. Auffällig: Philippos lag danach um 90 Grad verdreht – laut Staatsanwaltschaft ein Hinweis auf weitere Gewalteinwirkung.
„Ich wollte den Coolen spielen“
Lukas D., der das verstörende Video aufgenommen hatte, entschuldigte sich im Gerichtssaal kleinlaut. Er behauptete weiter, mit der Tat nichts zu tun zu haben: „Ich wollte den Coolen spielen“, sagte er.
Doch seine Aussagen blieben widersprüchlich. Auch Ferdinand D. (19), der in der Tatnacht zumindest dabeigewesen sein soll, verstrickte sich bei einer erneuten Zeugenaussage in Lügen.
Staatsanwalt Mackel schäumte vor Wut: „Fast alle Zeugen haben hier gelogen wie gedruckt!“
Nach der brutalen Attacke im Kurpark in Bad Oeynhausen hatten trauernde Kerzen für den getöteten Philippos abgelegt
Foto: Str/dpa
Hoffnung auf Entlastung geplatzt
Blut- und DNA-Spuren von Philippos an einem Schuh belasten Mwafak A. (21) zusätzlich. Ein psychiatrisches Gutachten stellte fest: Trotz schwieriger Jugend war er in der Tatnacht voll schuldfähig.
Die Hoffnung auf Entlastung ist geplatzt: Trotz der neuen Videos hält die Staatsanwaltschaft am Totschlagsvorwurf fest.
Ein Urteil im Prozess könnte am 9. Mai fallen.