WERBUNG

Zehn Millionen Euro pro Tag, fast vier Milliarden Euro pro Jahr, so hoch schätzt der französische Justizminister Gérald Darmanin die Betriebskosten der Gefängnisse in Frankreich ein. Und zukünftig sollen sich die Häftlinge daran beteiligen. Sie sollen für ihre eigene Haft zahlen.

Ziel sei es, die Arbeitsbedingungen des Gefängnispersonals zu verbessern, so der Minister. Das Schreiben an die Gefängnisverwaltung veröffentlichte er auf X:

Close advertising

„Bis 2003 beteiligten sich die Häftlinge an den Kosten der Inhaftierung. So wie es eine Krankenhauspauschale gibt, gab es auch eine Pauschale für die Anwesenheit im Gefängnis“, erklärte Darmanin. „Ich werde diese Inhaftierungskosten wieder einführen.“ Der Gesetzesvorschlag soll demnächst in der Nationalversammlung erörtert werden.

Christophe Naegelen, der Abgeordnete, der den Antrag eingebracht hat, erläutert, dass der Pauschalbeitrag für jeden Tag im Gefängnis, nur von rechtskräftig verurteilten Gefangenen in Höhe ihrer Möglichkeiten gezahlt wird.

„Entweder durch Arbeit im Gefängnis oder durch Vermögen, das sie haben, denn man muss aufhören zu glauben, dass alle verurteilten Häftlinge Häftlinge sind, die arm sind, die kein Einkommen haben, keine Mittel“, sagt er.

Andernfalls könnte der Beitrag auf das Vermögen der Verwandten in auf- und absteigender Linie des Verurteilten erhoben werden. Er könnte maximal 25 Prozent der durchschnittlichen täglichen Haftkosten von schätzungsweise 100 Euro betragen. Für den Abgeordneten eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. „Lassen Sie uns sie an den Kosten beteiligen, die jeder Bürger in Frankreich normalerweise für sich selbst zahlen muss“, spitzt er zu.

Gefängnis-Experten kritsieren den Vorschlag

Ein Vorschlag, der in den letzten Jahren immer wieder auf den Tisch kam und Matthieu Quinquis, den Vorsitzenden der Französischen Beobachtungsstelle für Gefängnisse, aufhorchen lässt. „Bei den inhaftierten Personen handelt es sich um Personen, die sich in der großen Mehrheit in einer sehr schwachen sozioökonomischen Situation befinden. Die Verwaltung zieht bereits Geld von den Aufträgen ab, die von den Angehörigen verschickt werden. Die Ressourcen, die die inhaftierten Personen aus ihrer Arbeit beziehen, gehören ihnen nicht vollständig. Was ist also das Ziel dieser Maßnahme, wenn nicht die Schwächung von Personen, die im Gegenteil einen Weg der Wiedereingliederung einschlagen müssen und daher ihre Ressourcen mobilisieren müssen, um zu versuchen, sich unter den besten Bedingungen wieder in die Gesellschaft zu integrieren“, unterstützt er.

Französische Gefängnisse als „unwürdig“ eingestuft

Die Gefängnisse in Frankreich sind heillos überfüllt. Anfang März waren 82.152 Personen inhaftiert, bei gerade einmal 62.539 verfügbaren Plätzen. Ein neuer Rekord.

Im Jahr 2020 wurde Frankreich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) deswegen verurteilt. Dreißig Häftlinge hatten geklagt und bekamen Recht. Frankreich musste ihnen fast 500.000 Euro Entschädigung zahlen.

Außerdem schreib der EGMR, dass „die Belegungsraten der betroffenen Gefängnisse auf ein strukturelles Problem hindeuten“. Sie empfahl Paris „die Einführung umfassender Maßnahmen zur Beseitigung der Überbelegung von Gefängnissen, zur Verbesserung der materiellen Haftbedingungen und zur Einführung eines wirksamen präventiven Rechtsbehelfs“.

Doppelbelegung keine Seltenheit

Drei Jahre später, im Jahr 2023, verurteilte die Europäische Justiz das Land erneut. Es ging um die „Überfüllungsrate“ in einem Gefängnis in Fresnes am Stadtrand von Paris. Diese lag damals bei 197 Prozent. Das heißt, es waren dort fast doppelt so viele Häftlinge inhaftiert wie Plätze zur Verfügung standen.