Die Veranstalter des Southside-Festivals 2025 haben eine Band vom Spielplan gekickt: Im März noch als „exklusiv“ angekündigt, heißt es aktuell auf Instagram lapidar: „Die Band Kneecap wird in diesem Jahr nicht auf dem Hurricane (das Parallelfestival bei Bremen, d. Red.) und nicht beim Southside Festival auftreten.“
Anlass ist der Auftritt des Rap-Trios auf dem US-amerikanischen Festival Coachella Mitte April. Dort haben die Mitglieder während ihres Auftritts israelfeindliche Parolen gerufen und auf große Leinwände projiziert, Israel einen „Genozid“ im Gazastreifen vorgeworfen und „Free Palestine!“ skandiert – was bei der Mehrheit des Publikums auf Begeisterung traf. Daraufhin hat sich zunächst der US-Konzertveranstalter von der Gruppe getrennt, und kurz darauf cancelte FKP Scorpio die Auftritte bei den beiden großen Sommerfestivals Hurricane und Southside – vorerst ohne Begründung. Fragen dieser Zeitung ließ der Veranstalter unbeantwortet.
Wir glauben, dass wir die Pflicht haben, unsere Plattform zu nutzen, um auf das Thema Palästina aufmerksam zu machen.
Bandmitglied Mo Chara
Die Hip-Hop-Band aus Belfast verteidigt ihre israelfeindliche Haltung und weist in den sozialen Medien darauf hin, dass sie seit Jahren propalästinensisch denkt. Sie wiederholte ihren Vorwurf, Israel begehe in Gaza einen Völkermord; die jetzige Kritik bezeichnet sie als „Verleumdungskampagne“. Die Hamas als Terrororganisation, ihre andauernden Raketenangriffe auf Israel und die Anschläge vom 7. Oktober 2023 kommen in ihren Äußerungen nicht vor. In einem Statement, das das Magazin „Rolling Stone“ veröffentlicht hat, erklärte Bandmitglied Mo Chara (bürgerlich: Liam Óg Ó hAnnaidh): „Wir glauben, dass wir die Pflicht haben, unsere Plattform zu nutzen, um auf das Thema Palästina aufmerksam zu machen. Und es war uns wichtig, uns beim Coachella zu äußern (…) damit junge Amerikaner das hören und wissen.“
Konzerte in den USA ausverkauft
Kneecap sind eine irische Band, die seit 2017 besteht und aus der Arbeiterklasse der Stadt im englischen Norden hervorgegangen ist. Der Name heißt auf Deutsch wörtlich „Kniescheibe“ und geht auf das sogenannte „kneecapping“ zurück, mit dem irische Terroristen der IRA Verräter oder auch Drogendealer mit Schüssen in die Kniescheiben bestraft. In ihrem Heimatland genießt sie Star-Status, und auch in anderen englischsprachigen Ländern gewinnt sie massiv an Popularität. Dazu beigetragen hat 2024 auch ein teils fiktiver, teils dokumentarischer Film über ihre Karriere, in dem Michael Fassbender mitspielt. Ihre USA-Tour im Herbst ist ausverkauft – trotz oder wegen des Skandals in Coachella.
Dort blendeten die Bandmitglieder Parolen auf die Leinwand wie „Israel begeht Völkermord gegen das palästinensische Volk“ und warfen den USA vor, Israel mit Waffen und Geld zu helfen und damit Helfer bei den „Kriegsverbrechen“ zu sein. Festival-Moderatorin Sharon Osbourne, die Frau von Metal-Legende Ozzy Osbourne, warf ihnen „Hassparolen“ vor und forderte den Veranstalter auf, einen geplanten zweiten Auftritt abzusagen und die Arbeitsvisa zu entziehen.
Diskussion in den sozialen Medien
In den sozialen Medien diskutieren deutsche Fans das Canceln sehr kontrovers. Zur Popularität von Kneecap in Deutschland trägt der Konflikt so oder so bei – drei geplante Konzerte in Hamburg, Berlin und Köln sollen wie geplant stattfinden. Die Gruppe spielt in diesem Sommer weitere große Festivals in Europa wie das Sziget in Budapest – von weiteren Absagen ist derzeit nichts bekannt. Lediglich für das Gastspiel im englischen Glastonbury liegt ein Appell eines Labour-Abgeordneten vor, der den Veranstalter dazu auffordert – nicht nur wegen Antisemitismus und Hamas-Verherrlichung, sondern weil sie vor einigen Jahren auch zum Mord an Vertretern der Konservativen aufgerufen haben sollen.