Dresden – Sie schauten auf Monitoren zu, als der Remmo-Clan die Vitrine im Grünen Gewölbe plünderte. Der Freistaat Sachsen scheiterte nun aber mit einer millionenschweren Schadensersatzklage gegen die Wachschützer des Sachsen-Schatzes.

Im November 2019 hatten Mitglieder des Berliner Remmo-Clans in einem spektakulären Coup die Schätze von August dem Starken aus dem Dresdner Residenzschloss gestohlen. Schaden: rund 115 Millionen Euro.

Remmos verurteilt, Wachschutz kommt davon

Fünf Mitglieder des Remmo-Clans wurden zu Haftstrafen verurteilt. Nun verklagte der Freistaat Sachsen (Aktenzeichen 5 O 2397/22) den Sicherheitsdienst auf rund 15,3 Millionen Euro.

Die DWSI (Dresdner Wach- & Sicherungsinstitut GmbH) sollte auf die Schätze im Schloss aufpassen. Seit April 2023 wird vor dem Dresdner Landgericht nun die Schadensersatz-Forderung verhandelt.

Richter weist Klage des Freistaats ab

Vorsitzender Richter Ralf Högner (61) wies die Klage jedoch ab, erklärte im Urteil: „Bei nur zwei von zehn Vorwürfen würde das Gericht mitgehen.“

Das sind der ausgeschaltete Fassaden-Scanner durch den Wachschutz und das fehlende Drücken des Alarm-Knopfes beim Remmo-Bruch.

Högner: „Bei diesen beiden Vorwürfen kommen wir aber nicht dazu, dass sie den Schaden verhindert hätten, wenn die Beklagte sich vertragsgemäß verhalten hätte.“ Heißt aber auch: Hier hat der Wachschutz versagt.

Nach dem Einbruch im November 2019 untersucht die Spurensicherung den Tatort

Das Dresdner Schloss nach dem Remmo-Einbruch im November 2019 – die Spurensicherung am Tatort

Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Das warf der Freistaat den Wachschützern vor

Sachsen hatte dem Museums-Wachschutz im Prozess unter anderem folgendes Versagen vorgeworfen:

Den Außen-Scanner am Schloss soll der Wachschutz am Abend vor der Tat abgeschaltet haben, weil es zuvor angeblich zu viele Fehlalarme gegeben.

Als am Tattag der Boden-Scanner im Juwelenzimmer anschlug, soll der Wachschutz den Notruf gewählt anstatt den Alarmknopf gedrückt haben.

Wäre die Polizei sofort nach dem Alarm ausgerückt, hätten die Beamten die Täter womöglich noch vor Ort angetroffen, ist die Überzeugung des Freistaats. Zudem sollen die Wachleute überhaupt nicht nachgeschaut haben, was den Alarm auslöste.

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Laut Richter Högner wäre die Polizei auch bei Drücken des Alarmknopfes nur unwesentlich schneller vor Ort gewesen.

Zudem hätte der Fassaden-Scanner, wenn er eingeschaltet gewesen wäre, den Einbruchsalarm wohl auch nicht ausgelöst. Denn den Remmo-Tätern soll bekannt gewesen sein, dass dieser das Einbruchsfenster nicht abdeckte.

Teile der geklauten Juwelen gab der Remmo-Clan nach einem Strafrabatt-Deal zurück. Sie sind rekonstruiert wieder im Grünen Gewölbe zu sehen

Teile der geklauten Juwelen gab der Remmo-Clan nach einem Strafrabatt-Deal zurück. Sie sind rekonstruiert wieder im Grünen Gewölbe zu sehen

Foto: Nadja Wohlleben/REUTERS

Sachsen muss 500.000 Euro Prozesskosten zahlen

Sachsen-Anwalt Matthias Aldejohann (61, KPMG) sagte nach der Urteilsverkündung zu BILD, dass der Freistaat prüfen werde, ob er in Berufung gehe. Die Richter am Oberlandesgericht könnten die Sache anders bewerten.

Nun muss der Freistaat die Kosten des Verfahrens tragen, laut Prozesskostenrechner knapp eine halbe Million Euro. Zudem bekommt Sachsen mit dem Urteil auch keinen Schadensersatz vom Wachschutzunternehmen.

Auch kein Geld von den RemmosDie Remmos kletterten durch dieses Loch. Das hatten sie vom Wachschutz unbemerkt aufgeschnitten

Die Remmos kletterten durch dieses Loch. Das hatten sie vom Wachschutz unbemerkt aufgeschnitten

Foto: xcitepress/Christian Essler

Die Remmos haben Sachsen auch noch nichts gezahlt. Laut Freistaat gebe es nach der Rückgabe von einem Teil der Juwelen „vier rechtskräftige Vollstreckungsbescheide und ein rechtskräftiges Versäumnisurteil“ in Höhe von rund 76 Mio. Euro.

„Es werden auch im vorliegenden Fall regelmäßig Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet“, heißt es auf BILD-Anfrage. Zudem stehe eine Entscheidung „zur Einziehung von Vermögenswerten“ der Remmos aus. „Dieses Verfahren wurde vom Landgericht Dresden abgetrennt und ist noch nicht abgeschlossen“, so der Freistaat.

Wachschutz darf Museum weiter bewachen

Noch mal Glück gehabt: die Wachschützer dürfen trotz ihres Versagens weiter auf den Schatz aufpassen. Die Security-Firma hatte sich 2023 erneut um den Auftrag beworben – und vom Freistaat wieder den Zuschlag bekommen.

Bleibt zu hoffen, dass sie ihren Job zukünftig besser erledigen.