Es sind Sätze, die eher wenig aussagekräftig sind und im politischen Nirwana versanden könnten. „Die Autobahn GmbH wird begrenzt kreditfähig und ihr werden Lkw-Mauteinnahmen zur Verfügung gestellt (Einnahmekompetenz). Für die Straße werden Finanzmittel zur Auflösung des Sanierungsstaus insbesondere bei Brücken und Tunneln zur Verfügung gestellt. Es wird geprüft, wie sich die Autobahn GmbH dauerhaft stabil finanzieren kann. Eine umfassende parlamentarische Kontrolle der Mittel wird gewährleistet.“
Das war’s – mehr gibt es im 146 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung nicht zum „schlechten Zustand“ (Bundesrechnungshof) der bundesdeutschen Autobahnbrücken. Damit aber will sich die oberste Finanzkontrollbehörde nicht zufriedengeben und hat am Dienstag Alarm geschlagen. In einem Sonderbericht rechnet der Bundesrechnungshof auch mit dem nur noch wenige Tage im Amt befindlichen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (Ex-FDP-Mitglied, heute parteilos) ab.
Nur 40 Prozent der Brücken modernisiert
Seit Jahren stehen die maroden Brücken in Deutschland (wie die oben im Video) im öffentlichen Fokus. Das Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr (BMDV) hatte daher im Jahr 2022 ein Programm aufgelegt, um bis 2032 die wichtigsten und schlechtesten Teilbauwerke an Autobahnbrücken zu modernisieren – das sind rund 5.000 Teilbauwerke. Bis Ende 2024 hatte die mit der Modernisierung beauftragte Autobahn GmbH allerdings insgesamt nur 40 Prozent der bis dahin vorgesehenen Modernisierungen von Teilbauwerken fertiggestellt. Von den für 2024 geplanten 280 Modernisierungen wurden lediglich 69 umgesetzt. Die Schere zwischen der Planung des BMDV und erfolgreicher Modernisierung ging immer weiter auseinander“, machte Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes (BRH), unmissverständlich klar. Um bis 2032 das Brückenmodernisierungsprogramm abzuschließen, müsste die Autobahn GmbH ab jetzt rund 590 Teilbauwerke jährlich modernisieren. Das sei nicht realistisch, heißt es im Sonderbericht weiter.
Ministerium feiert Sanierung als „Erfolg“
Trotz offensichtlichem Rückstand habe das BMDV im Herbst 2024 aber eine positive Zwischenbilanz gezogen. Der Bundesrechnungshof komme jedoch zu einem anderen Ergebnis: „Das BMDV wertet alle fertiggestellten Teilbauwerke als Programmerfolg, obwohl weniger als die Hälfte davon tatsächlich unter das Modernisierungsprogramm fallen. Zudem geht das BMDV in seiner Zwischenbilanz von 20 Prozent zu wenig zu modernisierenden Teilbauwerken aus. Beides lässt den Programmerfolg zu positiv erscheinen“, monieren die Finanzkontrolleure des BRH.
Mehr Geld und Personal für Autobahnbrücken
Der Bundesrechnungshof zieht anders als das BMDV eine ernüchternde Bilanz. „Ohne gezielte Maßnahmen wird sich der Zustand der Brücken weiter verschlechtern. Folgende Punkte müssen vorangetrieben werden: Personelle und finanzielle Ausstattung der Autobahn GmbH mit Fokus auf Brückenmodernisierungen; Zurückstellen von Neu- und Ausbauprojekten zur kurzfristigen Freisetzung von Personalkapazitäten für die Brückenmodernisierung; Langfristige und zweckgebundene Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel für die Brückenmodernisierung; Vorgabe klarer Ziele für die in der Zuständigkeit der Länder liegenden Brückenmodernisierungen.“ Nur durch entschlossenes Handeln könne die Infrastruktur langfristig gesichert und so die Mobilität auf Deutschlands Bundesfernstraßen gewährleistet werden, schreibt der Bundesrechnungshof.
„Brücken müssen hohe Priorität haben“
Nach Berechnungen des Rechnungshofs seien für das Jahr 2026 für 400 Teilbauwerke Gelder in Höhe von 2,1 Milliarden Euro notwendig, das Ministerium setze aber nur 1,4 Milliarden Euro an. Das Ministerium unterschätze den Finanzbedarf erheblich, sagte Scheller. Grund sei, dass die durchschnittliche Fläche der zu modernisierenden Teilbauwerke zu gering angesetzt werde – und damit die notwendigen Mittel. Die Autobahn GmbH brauche ausreichend Haushaltsmittel und Personal. Beim geplanten milliardenschweren Sondervermögen für Infrastruktur müsse die Modernisierung maroder Autobahnbrücken eine hohe Priorität haben, so der Bundesrechnungshof.