Es war eines der am schlechtesten gehüteten Geheimnisse des Moskauer Regimes: Wahrscheinlich seit Oktober 2024 unterstützen Soldaten des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un die russische Invasionsarmee. Die Ukraine und westliche Geheimdienste berichteten darüber, Drohnenaufnahmen tauchten im Internet auf. Auszüge aus den Notizen eines nordkoreanischen Soldaten in der russischen Grenzregion Kursk wurden veröffentlicht. Trotzdem gaben Moskau und Pjöngjang die Entsendung der Truppen erst jetzt offiziell zu – ein halbes Jahr nach Beginn dieser Unterstützung, die Nordkorea zur direkten Konfliktpartei macht.
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Doch damit nicht genug. Das russische Staatsfernsehen flankiert die Stellungnahmen mit einem Video über Nordkoreas Truppen. Es sind die ersten offiziellen Aufnahmen. Ausschnitte werden unter anderem von der britischen Zeitung „The Times“ auf YouTube weiterverbreitet.
Zu sehen sind offenbar nordkoreanische Soldaten, wie sie in Russland trainieren. Die ukrainische Zeitung „The Kiew Independent“ berichtet, dass die Männer „angeblich an der Seite der russischen Streitkräfte im Gebiet Kursk gekämpft haben“.
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Die Nordkoreaner feuern Sturmgewehre und eine Bazooka ab, ein Soldat rennt durch einen Schützengraben. Das martialische Video vermittelt den Eindruck einer kampfbereiten Armee. Es steht damit im Gegensatz zu manchen frühen Berichten, wonach es den Nordkoreanern an Erfahrung mangele.
Auffällig ist auch die Stelle im Video, an der nordkoreanische Soldaten beim Marschieren singen. Bei der „Times“ ist von „patriotischen Liedern über Kim Jong Un“ die Rede. Schon zuvor wurde berichtet, dass die Männer in einem hohen Maß indoktriniert seien. Angeblich sind sie bereit, für den nordkoreanischen Machthaber in den Tod zu gehen – und diese Einstellung soll sich auch im Kampf gezeigt haben.
Der ukrainische Aktivist Anton Gerashchenko hat auf X eine längere Version des Videos veröffentlicht. Zu sehen ist dort auch, wie ein offenbar russischer Soldat den Nordkoreanern den richtigen Umgang mit einer Handgranate zeigt.
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Warum entscheiden Nordkorea und Russland ausgerechnet jetzt, ihr Soldatenbündnis öffentlich zur Schau zu stellen? „Mit den steigenden Opferzahlen dürfte Kims Dilemma gewachsen sein. Da Nordkorea die Beteiligung am Angriffskrieg verschwieg, konnte es den Einsatz im Inland nicht propagandistisch rechtfertigen“, teilte Nordkorea-Experte Frederic Spohr dem Tagesspiegel mit.
In Nordkorea soll nun ein Denkmal für die getöteten Soldaten errichtet werden. „Das Regime sah wohl die Notwendigkeit, die Toten zu ehren, um so dem wahrscheinlichen Missmut innerhalb der Bevölkerung über den Militäreinsatz entgegenzuwirken“, meint Spohr.
Frederic Spohr lebt seit 2012 in Asien. Er leitet das Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul.
Über das offizielle Eingeständnis sagt Spohr außerdem: „Der Zeitpunkt ist geschickt gewählt, weil die Bekanntmachung gleichzeitig mit der mutmaßlichen – von ukrainischer Seite nicht bestätigten – Rückeroberung Kursks und damit mit einer Erfolgsmeldung kombiniert wurde.“
Nordkoreanische Verluste
Ein ranghoher Nato-Beamter sprach Anfang April von rund 1500 getöteten Soldaten aus Nordkorea. Etwa 3500 weitere wurden demnach verwundet. Die Gesamtzahl der in der russischen Grenzregion Kursk stationierten Nordkoreaner gab der Nato-Beamte mit rund 11.000 an. 3500 weitere wurden den Angaben zufolge im Januar und Februar zu Trainingszwecken nach Russland geschickt.
Nach Angaben des südkoreanischen Abgeordneten Lee Seong-kweun liegt die Zahl der Gefallenen hingegen bei etwa 600. Er ist Mitglied des Geheimdienstausschusses. Insgesamt habe Pjöngjang Moskau in Kursk in bisher „in zwei Phasen“ mit 18.000 Soldaten unterstützt. (dpa/AFP)
Wladimir Putin hingegen hat laut Aussage des Experten die Verhandlungen mit den USA und der Ukraine im Blick. Mit der nun bestätigten Militärkooperation „signalisiert er dem Westen, wie intensiv die Unterstützung durch Nordkorea bereits ist – und dass sie womöglich noch weiter ausgebaut werden könnte.“ Die Ukraine und ihre Verbündeten müssten nun befürchten, dass die Nordkoreaner nicht nur in Kursk, sondern auch auf ukrainischem Territorium eingesetzt werden. Es wäre eine weitere Eskalation des Krieges seitens Russland.
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Davon abgesehen geht die Kooperation zwischen Russland und Nordkorea weit über Soldaten hinaus. Sie umfasst auch die Lieferung von Granaten und Kriegsgerät für die Invasion. Gut möglich, dass Putins Krieg ansonsten gescheitert wäre. (mit dpa)