Die Leipziger Schriftstellerin Katharina Bendixen erzählt ironisch, emotional und psychologisch überzeugend vom modernen Familienalltag.

Dresden. Wir wählen Partner, Berufe, Wohnungen, die zu uns passen – aber beim Kind muss man nehmen, was kommt? Nein, sagt die Psychologin, die auf einer Konferenz ihr Experiment vorstellt. Es geht auch anders. Sie bringt depressive Mütter zusammen. Diese möchten ihr Kind weniger lieben, um es weniger zu hassen, wenn es Erwartungen nicht erfüllt. Die Lösung heißt: Kindertausch.

Die Mütter sehen zwar die Makel und Macken des Neuen, doch sie leiden nicht mehr. Die Väter merken den Tausch manchmal gar nicht, aber es freut sie, wenn die Frau wieder funktioniert, der Kühlschrank gefüllt, die Wäsche gewaschen und das Essen gekocht ist. Geschwister finden das Ganze spannend. Nur die Großmütter erscheinen als Störfaktor. Doch ihr alter Erziehungsstil ist sowieso falsch, und das wissen sie auch. Der Vortrag der Psychologin auf der Konferenz im Jahr 2055 gibt dem neuen Buch von Katharina Bendixen den Titel: „Eine zeitgemäße Form der Liebe“.

Wunderbar schräge, surreale Konstellationen

Die Leipziger Autorin von Anfang vierzig ist selbst für Experimente zu haben. Hier probiert sie sehr unterschiedliche und ungewöhnliche Erzählformen aus. Neben klassischer Short Story, Arztbericht, Laudatio und Ich-Erzählung gibt es beispielsweise einen absurden Online-Chat: Eltern diskutieren den Crosslauf der Schule, und ständig grätscht jemand dazwischen, weil Tills Regenhose vermisst wird oder „Liebe alle“ etwas erfahren sollen vom eigenen Kindheitstrauma.