Stand: 30.04.2025 13:30 Uhr
Heute wird Ulla Hahn 80 Jahre alt. Die Wahlhamburgerin wurde mit Lyrik berühmt, schrieb Bestseller-Romane – und blieb dabei stets ihrem Lebensmotto treu, das auch der Titel ihres ersten Gedichtbandes ist: „Herz über Kopf“.
Vorsicht! Diese Frau wusste schon immer, was sie will. Und sie hat sich nicht von ihren Zielen abbringen lassen bei noch so starkem Gegenwind. In Kriegszeiten gezeugt, kam wenige Tage nach ihrer Geburt im Jahr 1945 endlich wieder Frieden in die Welt. Vielleicht hat diese frühkindliche Erfahrung ihr Leben geprägt. Zuversicht jedenfalls spricht aus jedem Buchstaben, den Ulla Hahn geschrieben hat. Aber der Weg dahin war nicht leicht. Das bildungsfeindliche Elternhaus stand ihr dabei zunächst im Wege. „Die Sehnsucht nach Veränderung, nach einer besseren Welt – die war schon früh sehr lebendig in mir“, so die Autorin. „Sobald ich lesen konnte, lebte ich in zwei Welten: in meiner engen Arbeiterwelt und in meinen Büchern. Dort fand ich Freiheit und alles, was mir sonst fehlte.“
„Das verborgene Wort“: Mitreißende autobiographische Roman-Tetralogie
All das beschreibt sie mitreißend und detailreich in dem Auftakt ihrer autobiographischen Roman-Tetralogie „Das verborgene Wort“. Der Roman wurde unter dem Titel „Teufelsbraten“ auch verfilmt. Die Geschichte der Hilla Palm, wie Ulla Hahn ihr Alter Ego im Roman nennt, steht stellvertretend für eine ganze Generation. Nicht nur die der Frauen, die besonders viel Widerstand zu überwinden hatten, da die Emanzipation noch sehr in den Kinderschuhen steckte. Es ist der Aufbruch in eine andere, hoffentlich bessere Zeit, die diese Generation vorangetrieben hat. „Das dürfen wir uns auch nicht nehmen lassen“, findet Hahn. „Wir müssen die Träume beibehalten, aber wir sollten auch im Kleinen dafür sorgen, dass wir die Welt nicht schlechter hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben.“
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Mit dem Band „Herz über Kopf“ wurde Ulla Hahn 1981 bekannt. Die Wahl-Hamburgerin schreibt neben Lyrik auch Romane.
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Ulla Hahn hat sich durchgesetzt – gegen den Widerstand der Eltern. Sie studierte in Köln Germanistik, Soziologie und Geschichte, promovierte, arbeitete als Journalistin unter anderem bei Radio Bremen und hatte Lehraufträge an den Universitäten in Oldenburg und Hamburg. Als ihre Bücher eine große Leserschaft fanden, wurde sie freie Schriftstellerin.
„Ich wünsche mir Anerkennung – aber vor allem meine eigene“
„Wenn ich nur für die Schublade schreiben würde, dann würde ich gar nichts veröffentlichen“, stellt Hahn fest. „Andererseits schreibe ich auch nicht in erster Linie, um Anerkennung zu finden – obwohl ich mir da fast selbst widersprechen muss: Natürlich wünsche ich mir Anerkennung, aber vor allem meine eigene. Wenn mir ein Text nicht gefällt, dann gefällt er meist auch den Leserinnen und Lesern nicht.“ Trotzdem sei nicht kalkulierbar, wie ihr Schreiben ankomme – wie bei einem Geschenk. „Manchmal freut es einen selbst sehr, aber der Beschenkte macht vielleicht ein langes Gesicht.“
„Herz über Kopf“ also auch hier. Und so hält sie es auch bei einem Rat, den sie allen Literaturbegeisterten immer wieder gegeben hat: „Wenn Ihnen Gedichte oder Erzählungen nichts sagen, dann legen Sie sie weg. Fragen Sie nicht: Was will uns der Dichter damit sagen? Fragen Sie lieber: Was sagt es mir?“
Seit 1996 mit Klaus von Dohnanyi verheiratet
Das Rheinland ist die Landschaft ihrer Kindheit. Ihre Wahlheimat ist seit vielen Jahrzehnten Hamburg. Mit Klaus von Dohnanyi, dem früheren ersten Bürgermeister von Hamburg, ist sie seit 1996 verheiratet. Wenn Hahn danach gefragt wird, wo denn nun ihre wirkliche Heimat sei, antwortet sie mit dieser ihr so ganz eigenen unerschütterlichen Selbstsicherheit, die auch ihr Schreiben prägt: „Ich habe meine Heimat bei meinem Mann und bei meinen Büchern. Ich bin an keinem Ort verwurzelt. Ich könnte morgen meine Sachen packen, meinen Mann unter den Arm nehmen und mich überall wieder ansiedeln.“
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Das Programm von NDR Kultur wird täglich mit einem Gedicht bereichert – alle Gedichte im April in der Übersicht.
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Vor 80 Jahren wurden die Widerstandskämpfer Hans von Dohnanyi und Dietrich Bonhoeffer ermordet. Der Sohn und Neffe erinnert sich.
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Von 1981 bis 1988 war von Dohnanyi Bürgermeister von Hamburg, wo er den Hafenstraßen-Streit befriedete. Auch im hohen Alter äußert er sich politisch.
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Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur |
Der Morgen |
30.04.2025 | 09:40 Uhr