Die deutschlandweit zu erlebende Konzertreihe „Weltklassik am Klavier“ hat sich seit einigen Jahren auch im Alten Bahnhof Rheydt-Geneicken etabliert und erfreut sich des Zuspruchs zahlreicher Klaviermusikfreunde.
Beim jüngsten Termin in der akustisch günstigen Wartehalle des ehemaligen Bahnhofs stellte sich der aus einer russischen Musikerfamilie stammende Pianist und Komponist Alexey Chernov vor. Der Mitvierziger, der auf zahlreiche honorige Preise, weltweite Konzertauftritte und CD-Einspielungen verweisen kann, präsentierte ein „Überraschungskonzert“ mit klassischer Literatur und eigenen Tonschöpfungen. Dazu stand ihm ein sorgfältig restaurierter, fast 120 Jahre alter Steinway & Sons-Flügel zur Verfügung, ein Instrument von besonderer Klangdelikatesse.
Chernov begann mit der Sonate Nr.10 C-Dur KV 330 von Wolfgang Amadeus Mozart, der er im Mittelsatz berührende Innigkeit und im Finalsatz perlende Anschlagskultur schenkte. Die einfühlsame Bearbeitung des den Zuhörerinnen und Zuhörern unbekannten Liedes „Hier ist es schön“ von Sergej Rachmaninow erschien wie ein leidvolles Sehnen nach der Heimat.
Alexander Skrjabin (1872-1915), ein russischer Komponist, der als gefürchteter Exzentriker galt, verließ mit seiner 5. Klaviersonate op.53 die neoklassizistische Ausrichtung seiner bisherigen Tonschöpfungen und begab sich auf neue, für den Hörer schwer nachzuvollziehende kompositorische Wege. Die extremen Schwierigkeiten bewunderswert meisternd und sich weitgehend im Fortissimo bewegend, mutete der russische Gast seinem mehr oder weniger irritierten Publikum dieses Opus zu.
Versöhnung gab es mit Ludwig van Beethovens „Mondscheinsonate“, cis-Moll, op.27 Nr.2, die der Komponist treffend als „Sonata quasi una fantasia“ bezeichnete. Lediglich dem – technisch hervorragend gelungenen – Finalsatz hätte man mehr dynamische Differenzierung gewünscht.
Ein Höhepunkt des Konzertes war „Ondine“ aus „Gaspard de la Nuit“ von Maurice Ravel. Ungeachtet der horrenden Schwierigkeiten dieses anmutigen Klavierwerkes wusste der Gast französisches Flair zu verbreiten.
Zum Abschluss hatte wieder der Arrangeur und Komponist Chernov das Wort. Nach einer Einstimmung in Wagners „Götterdämmerung“ kehrte er zu Mozart zurück. Den ersten Satz der berühmten „Kleinen Nachtmusik“ verfremdete er harmonisch und rhythmisch sehr einfallsreich.
Nach dem begeisterten Schlussapplaus zeigte der Pianist in einer ausgedehnten Zugabe noch einmal seine Vorlieben – rasante Tempi und vor allem ausdauerndes Fortissimo.