Der Christopher Street Day (CSD) in Berlin steht vor massiven finanziellen Problemen. Weil viele Sponsoren den CSD in diesem Jahr nicht unterstützen, fehlen etwa 200.000 Euro an geplanten Einnahmen, wie der CSD mitteilte. Nun hofft der Trägerverein auf Spenden.

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Dass mehrere Unternehmen ihr Engagement in diesem Jahr deutlich reduzieren, führt der Berliner CSD vor allem auf das veränderte politische Klima in den USA zurück: „Wir stellen fest, dass US-amerikanische Unternehmen ihre Aktivitäten im Bereich Diversity, Equity & Inclusion (DEI) nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland bereits massiv zurückgefahren haben“, sagt CSD-Vorstand Thomas Hoffmann dem Tagesspiegel.

„Amerikanische Unternehmen bekommen strenge Vorgaben, dass sie keine Diversity-Förderung mehr machen dürfen, das hören wir von allen“, ergänzt sein Vorstandskollege Marcel Voges. Vor allem seit dem US-Wahlkampf und noch einmal verstärkt seit Donalds Trumps Sieg sei das spürbar. Doch auch schon vorher: „Das ist das Ergebnis eines jahrelangen Hassschürens gegen Minderheiten vom rechten Rand“, sagt Voges.

CSD Berlin bittet um Spenden

Unter dieser Kontoverbindung kann der CSD unterstützt werden:

Berliner CSD e.V.
Deutsche Bank
IBAN: DE18 1007 0024 0488 0555 00
BIC: DEUTDEDBBER
Verwendungszweck: Spende

Gespendet werden kann auch via Paypal. Eine Spendenbescheinigung kann ausgestellt werden.

Auch deutsche Unternehmen, die in den USA aktiv sind, würden Veranstaltungen wie CSDs weniger fördern. „Wir halten es für hoch problematisch, dass aus Amerika Einfluss auf deutsche Unternehmen genommen wird – und dass so Druck auf Minderheiten ausgeübt wird“, sagt Voges. Er sei enttäuscht, dass viele Unternehmen sich nun zurückziehen. „Jetzt zeigt sich, wer wirklich an der Seite der Community steht“, sagt er. Konkrete Unternehmen, die dem CSD nun die Unterstützung entzogen haben, nannte er nicht.

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Dass das Engagement von Firmen abnehme, habe auch mit der angespannten wirtschaftlichen Lage in Deutschland zu tun. „Das Geld ist bei vielen knapp, gespart wird dann vor allem im Bereich Diversity“, so Voges.

Kosten für den Berliner CSD stark gestiegen

Die weggebrochenen Sponsorengelder seien nicht so leicht zu kompensieren. „Gleichzeitig sind die Kosten für den CSD stark gestiegen“, ergänzt Vorstandskollege Hoffmann. Das betreffe unter anderem Kosten für Infrastruktur, sanitäre Einrichtungen, Technik, den Bühnenbau, das Personal und vor allem auch die Sicherheit. „Das ist eine sehr problematische Situation für uns“, sagt Hoffmann. Viele Kosten ließen sich nicht so ohne Weiteres reduzieren, da vieles bereits weit im Voraus gebucht worden sei, wie etwa die Bühnentechnik.

Trotz der massiven finanziellen Lücke soll der Berliner CSD am 26. Juli in gewohnter Größe stattfinden. „Wir können den CSD in diesem Jahr irgendwie finanzieren – aber langfristig wird das nicht reichen“, sagt CSD-Vorstand Hoffmann. Jedoch werde es Einschränkungen und ein reduziertes Angebot geben. „Ohne zusätzliche Unterstützung geraten gerade jene Angebote unter Druck, die den CSD wirklich für alle zugänglich machen oder zum Kern unserer politischen Arbeit gehören: barrierearme Maßnahmen, Angebote auf der Abschlusskundgebung, wirksame politische Kampagnen und Veranstaltungen im Pride Month“, warnt Hoffmann.

Deshalb startet der CSD nun eine Spendenkampagne und hofft auf Unterstützung, um die Kosten zumindest teilweise zu kompensieren. „Jede Spende hilft, diese wichtigen Projekte zu sichern“, sagt Hoffmann.

Wie es dann in den kommenden Jahren mit der großen Demonstration und der Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor weitergeht, wenn die finanzielle Unterstützung von Unternehmen weiter abnimmt und Rücklagen aufgebraucht sind, sei derzeit noch nicht abzusehen. Es werde immer einen Berliner CSD geben, betont Voges.

Der queerpolitische Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, Klaus Lederer, kritisierte das Verhalten der Unternehmen, die nun ihre Förderung einstellen. „Nicht nur in den USA kuschen sie vor Trump und stampfen ihre Diversitäts- und Inklusionsprogramme ein. Auch in Europa und Deutschland treten Unternehmen für vor allem dann und auch nur solange für die Akzeptanz von Vielfalt ein, wenn und wie es sich für sie ‚auszahlt‘“, teilte Lederer mit. Die Finanzierungslücke beim Berliner CSD zeige, dass Menschenrechte in „einem von schlechteren Konjunkturaussichten und von rechtem Kulturkampf geprägten politischen Klima“ für viele Unternehmen keine Priorität mehr hätten. Es werde nun deutlich, „wie dringend ein kraftvoller, von unten aus der Breite der Community getragener und politischer CSD gebraucht wird“.

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Der Berliner CSD ist mit dem Problem fehlender Sponsoren aus der Wirtschaft nicht alleine. Erst vor zwei Tagen hatte der Cologne Pride bekannt gegegben, dass mehrere amerikanische Unternehmen den Kölner CSD in diesem Jahr nicht mehr unterstützen würden. Die Unternehmen hätten sich zuvor zum Teil seit Jahrzehnten für die Ziele des CSD engagiert.

„Die finanzielle Unterstützung durch Unternehmen ist für den Cologne Pride und auch für die gesamte Pride-Bewegung natürlich sehr wichtig“, teilte Hugo Winkels, Vorstandsmitglied von Cologne Pride, mit. Europa dürfe nun nicht auch noch den Weg der USA gehen, wo die Regierung von Donald Trump die Rechte von Menschen aus der LGBTIQ-Community massiv einschränke. „Leider erleben wir aber in Deutschland auch schon eine gesellschaftliche Stimmung, die zivilgesellschaftliches Engagement und Spendenbereitschaft einschränkt.“