Eisenach. Zauberin Stefanie Krauß ist mindestens verwundert angesichts des Protests über eine Bücherbaum, der nicht aufgestellt werden konnte.

Sie schätzen gute Unterhaltung mit guten Freunden? Dann stimmen Sie gewiss zu, dass Bücher die „stillsten und beständigsten Freunde sind und zugleich die zugänglichsten, weisesten Ratgeber und die geduldigsten Lehrer.“ Dass Bücher lesen so viel heißt wie „wandern gehen, hinaus aus den Stuben, in ferne Welten, über die Sterne“, und „nicht nur schauen bis zum Zaun“. Wie die hier zitierten klugen Köpfe dachten wohl auch die Eisenacher Sommergewinnszünftler, als sie den Förderverein der Stadtbibliothek Eisenach darum baten, einen seiner nächsten „Traumzauberbäume“ doch am Ehrensteig zu platzieren.

Zauberin Stefanie Krauß aus Eisenach ärgert sich über das Scheitern des sechsten Bücherbaums.

Zauberin Stefanie Krauß aus Eisenach ärgert sich über das Scheitern des sechsten Bücherbaums.
© Stefanie Krauß | Stefanie Krauß

Der Wunsch ward gehört und sollte kürzlich erfüllt werden. Und weil ein solches Vorhaben immer gern an aktuell Denkwürdiges geknüpft wird, ist man auch gleich fündig geworden im Kalender: Die Einweihung der originellen „nimm ein Buch, gib ein Buch“ – Börse war für den 23. April vorgesehen, denn da feiern wir seit nunmehr 30 Jahren den Welttag des Buches.

Bedient hat sich die Unesco dabei an einem alten katalanischen Brauch, wonach Sankt Georg, der dortige Volksheilige, an diesem seinem Namenstag mit Buch- und Rosengeschenken geehrt wird. Uns Eisenachern selbstredend bekannt und marktpräsent als der goldene Drachentöter ist Georg unter anderem nämlich auch Schutzpatron der Bücher.

Aber das alles nur nebenbei, liebe Leser, kommen wir zurück zum Stiegk. Hier war im Vorfeld der künftige Standort des – nunmehr sechsten – Bücherbaumes ausgemacht und ein Tischler aus unserer Region mit dem Bau beauftragt worden. Dann kam der Tag, an dem Meister und Gesellen anrückten und ihr Werkzeug auspackten, um das kleine, feine Handwerks-Unikat an Ort und Stelle aufzurichten.

Wütender Kanonade freien Lauf gelassen

Bestenfalls hatten die drei mit ein paar neugierigen Blicken gerechnet, einer Frage vielleicht oder dem freundlichen Wort eines Passanten – ganz gewiss aber nicht mit folgendem Erlebnis: Ein Anwohner, der sie offenbar zuvor schon mit wachsendem Unmut beobachtet hatte, stand plötzlich Gewehr bei Fuß und ließ seiner wütenden Kanonade freien Lauf. Nichts da, so der Protest! Wem das alles denn nützen solle, keifte er, drohte wortreich damit, das lächerliche Machwerk zu zerschlagen und erging sich minutenlang in unflätigen Beschimpfungen – bis die Handwerker alles wieder einluden und von dannen zogen – unverrichteter Dinge und ziemlich fassungslos. So weit, so verstörend. Nun bin ich mir natürlich im Klaren, dass nicht alle Menschen Bücherfreunde oder Leseratten sein müssen, dass manche sogar überzeugt sind: „Lesen ist doof“… doch halt – das ist ja schon wieder ein toller Schmöker-Titel für die kleinen Leser! Was mich aber ganz und gar entsetzt, ist die wilde Wut, mit der sich heutige „Kritiker“ und Gegner auf ein ehrenamtliches Engagement stürzen, das für Bürger- und Gemeinwohl sorgen will.

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In Abwandlung eines bekannten Heinrich-Heine-Wortes möchte ich sagen: Dort, wo man Bücher verbannt, verbannt man am Ende auch Menschen. Und hoffe inständig, dass hier nie wieder wortwörtlich zitiert werden muss. Denke derweil auch optimistisch an das zur Einweihung vorgesehene Bücherbaum-Schildchen mit der Aufschrift „Lesen macht aus halben Personen ganze Persönlichkeiten“ und tröste mich leise grinsend mit Georg Christoph Lichtenberg, der vor 200 Jahren meinte: „Ein Buch ist ein Spiegel – wenn ein Affe hineinsieht, so kann kein Apostel herausgucken.“