Dieses Projekt des Vereins „Kahuza“ in Halle ist in Sachsen-Anhalt einmalig: In der Kita „Wunderwelt“ gleich nebenan gibt es einen 1,30 Meter tiefen Nichtschwimmer-Pool. In dem planschen und baden die Kita-Kinder bis zu zweimal täglich und das bis in den November hinein.
Wassergewöhnung ist so nahezu ganzjährig möglich. Dadurch verlassen 95 Prozent der Kinder die Einrichtung mit dem Frühschwimmerabzeichen „Seepferdchen“ und haben damit die besten Voraussetzungen für ein sicheres Schwimmen später in der Schule.
Kinder sollen früh ans Wasser gewöhnt werden
Die rund 70 Kita-Kinder baden in kleinen Gruppen nach Alter eingeteilt unter Aufsicht der Erzieherinnen. Während die Kleinen noch Schwimmhilfen tragen, schaffen es die Sechsjährigen schon ohne.
Erzieherin Sandra Meisezahl erklärt: „Wir fangen an, dass die Kinder schon von klein auf mit in den Pool reinkommen, dass wir sie erst auf dem Arm haben oder auf der Treppe mit ihnen sitzen, dass man ganz langsam mit kleinen Wasserspielchen mit ihnen anfängt, mal Wasser auf den Arm zu machen, oder ins Gesicht. Aber die Kinder bestimmen selbst, in welchem Tempo wir mit ihnen vorwärts gehen.“
Meisezahl hat wie einige andere Erzieher extra das Deutsche Schwimmabzeichen abgelegt. Dadurch soll die Sicherheit in dem 1,30 Meter tiefen Pool gewährleistet werden, da viele Kinder noch kleiner sind. Nach Aussage von Kita-Leiterin Tina Witkowski steht Wassergewöhnung an erster Stelle, Schwimmen lernen sei nicht das vorrangige Ziel.
„Die Problematik ist, dass immer weniger Kinder schwimmen können. Wir haben Eltern, die es zeitlich nicht hinbekommen, weil sie ständig arbeiten müssen, oder andere, wo es aufgrund der finanziellen Mittel nicht funktioniert.“ Der Kita sei wichtig gewesen, mit den Kindern von klein auf anzufangen, weil sie nur dann lernten, sicher mit dem Wasser umzugehen.
Hälfte der Grundschulkinder kann nicht sicher schwimmen
Witkowski hält es nicht für sinnvoll, dass Kinder erst in der 3. Klasse mit dem Schwimmunterricht beginnen: „Umso älter sie sind, umso mehr Ängste haben sie und umso vorsichtiger gehen sie ran. Leider ist es mittlerweile auch so, dass selbst beim Schulschwimmen viele Kinder gar keinen Abschluss haben.“
Sven Thomas von der Wasserwacht Halle, der dieses Pilotprojekt in der Kita „Wunderwelt“ begleitet, geht da sogar noch einen Schritt weiter. „Das Schulschwimmen ist gesetzlich geregelt. Der Gedanke dahinter ist: Jedes Kind, das aus der Grundschule kommt, sollte schwimmen können. Die Praxis ist aber völlig anders: Die Hälfte der Kinder kann nach dem Schulschwimmen nicht sicher schwimmen. Und ein Viertel sind sogar Nichtschwimmer.“
Das sei ein Versagen seitens der Schulen, denn obwohl das Problem seit Jahren bekannt sei, gebe es keine Lösungen.
Zu wenig Schwimmhallen und schlechter Betreuungsschlüssel
Die Gründe für diesen negativen Trend sind vielschichtig: Die Hallenzeiten fürs Schulschwimmen sind knapp. Dazu kommt der Landesdurchschnitt von nur zwei Schwimmhallen pro Landkreis. Während in Halle und Magdeburg das Schulschwimmen noch weitgehend komfortabel ist, müssen die Schulen auf dem Land dafür weite Strecken in Kauf nehmen und reagieren darauf mit Blockunterricht.
Wie Sven Thomas erklärt, bedeutet das, dass die Kinder in einem engen Zeitraum 36 Stunden hintereinander beschult werden. „Das kindliche Gehirn ist aber so aufgebaut, dass es wieder viel vergisst. Das heißt: Selbst wenn die Kinder das Schwimmen in der 3. Klasse erlernen, heißt das nicht, dass sie das in der 4. Klasse dann auch noch können.“ Thomas nennt den Blockunterricht „pädagogisch suboptimal“. Es brauche dringend mehr Schwimmhallen.