Stand: 01.05.2025 17:43 Uhr

Seit Tagen gibt es in Syrien Gefechte zwischen sunnitischen Milizen und Drusen. Mindestens 70 Menschen wurden dabei getötet. Ein Anführer der drusischen Gemeinschaft spricht von Völkermord.

Erneut sind in Syrien nach Angaben von Aktivisten mehrere Drusen getötet worden. 23 Angehörige der religiösen Minderheit seien in einem Hinterhalt getötet worden, meldete die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Hinter dem Angriff sollen syrische Sicherheitskräfte und Mitglieder regierungsnaher Milizen stehen, wie es hieß.

Neun der Opfer seien bei dem Angriff auf der Straße zwischen Suweida im Süden und der Hauptstadt Damaskus sofort erschossen worden. Einige Leichen seien verbrannt worden. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netz von Informanten und Aktivisten vor Ort. Drusische Quellen in Suweida bestätigten der Nachrichtenagentur dpa zufolge den Angriff.

Bisher mehr als 70 Tote in Auseinandersetzungen

Seit Tagen kommt es in Syrien zu tödlichen Auseinandersetzungen. Dabei wurden an verschiedenen Orten nach Angaben der Beobachtungsstelle mindestens 73 Personen getötet. Sunnitische Milizen lieferten sich mit drusischen Bewaffneten Gefechte.

Unter den Opfern sollen lokalen Politikern zufolge auch der Bürgermeister der Stadt Sahnaja und sein Sohn sein. Der Druse sei von unbekannten Angreifern erschossen worden, hieß es. In Sahnaja hatte es schwere Gefechten gegeben.

Auslöser war eine Tonaufnahme, in der der Prophet Mohammed beleidigt worden sein soll. Sie wurde zunächst einem Drusen zugeschrieben. Das Innenministerium erklärte jedoch, die beschuldigte Person stehe nicht mit der Aufnahme in Verbindung.

Die erneute Gewaltwelle stellt die Regierung in Damaskus erneut auf die Probe. Sie will das Land nach Jahren des Bürgerkriegs einen. Die Gefahr weiterer Konflikte bleibt hoch. Beobachter gehen zudem davon aus, dass viele Milizen weiter auf eigene Faust handeln.

Drusenführer spricht von „Völkermordkampagne“

Einer der geistlichen Anführer der Drusen in Syrien, Hikmat al-Hidschri, verurteilte die anhaltende Gewalt scharf. In einer Stellungnahme sprach er von einer „Völkermordkampagne“ und „Kriegen und Massakern als Werkzeugen des Terrors“ und forderte die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen auf. Eine Regierung dürfe ihr eigenes Volk nicht mit ideologisch motivierten Milizen bekämpfen, betonte al-Hidschri.

Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, die heute vor allem in Syrien, im Libanon, Israel und Jordanien angesiedelt ist. Die Religionsgemeinschaft ist im 11. Jahrhundert aus dem schiitischen Islam hervorgegangen. 

Während der Herrschaft des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad standen viele der etwa 700.000 Drusen in Syrien der Regierung nahe. Ein Teil von ihnen steht der neuen von Islamisten geführten Führung in Damaskus kritisch gegenüber. Andere kooperieren schon mit der neuen Regierung. Diese hat wiederholt versichert, die Minderheiten im Land schützen zu wollen.

Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa gibt sich seit dem Sturz von Assad Anfang im Dezember durch seine islamistische HTS-Miliz betont gemäßigt. Im März war es jedoch in vorwiegend von Angehörigen der religiösen Minderheit der Alawiten bewohnten Regionen zu Massakern an Zivilisten gekommen.