Die polnische Botschaft in Berlin hat sich kritisch zu der Verschärfung der deutschen Grenzkontrollen geäußert, wie sie von CDU-Chef Friedrich Merz und dem designierten CSU-Innenminister Alexander Dobrindt angekündigt wurde.

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„Die jetzigen Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze sind schon ein Problem für den täglichen Grenzverkehr und das Funktionieren des EU-Binnenmarktes“, sagte der Geschäftsträger der Botschaft, Jan Tombinski, dem Magazin „Politico“.

Wir wünschen daher nicht, dass es zu einer Verschärfung der Grenzkontrollen kommt.

Jan Tombinski, Geschäftsträger der Botschaft Polens

Er bezog sich auf bereits geltende Maßnahmen der alten Ampel-Regierung, welche für teils stundenlange Staus auf Straßen von Polen nach Deutschland gesorgt haben. „Wir wünschen daher nicht, dass es zu einer Verschärfung der Grenzkontrollen kommt.“

Tombinski, der noch nicht offiziell als Botschafter ernannt ist, aber faktisch als solcher fungiert, fügte hinzu: „Wir stehen natürlich zu unserer Verpflichtung, die europäische Außengrenze – vor allem zu Russland und Belarus – zu schützen, erwarten aber gleichzeitig, dass die Freizügigkeit im europäischen Schengenraum erhalten bleibt.“

Gefragt, ob Polen Zurückweisungen von Migranten akzeptieren würde, erklärte er, dass Polen zu seinen „Verpflichtungen im Rahmen der EU-Gesetzgebung“ stehe, auch zu denen entsprechend dem neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS).

Dobrindt verspricht „sofort Entscheidungen“

Merz hatte angekündigt, die verschärften Kontrollen „vom ersten Tag“ der Kanzlerschaft an durchzuführen zu wollen. Sein künftig zuständiger Ressortchef Dobrindt sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Es wird sofort Entscheidungen geben.“

Ziel sei es, auch europäisch mehr zu erreichen. „Ich führe dazu bereits Gespräche mit europäischen Partnern“, berichtete der bisherige CSU-Landesgruppenchef.

Polizeigewerkschaft: Intensive Grenzkontrollen derzeit nicht möglich

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht Pläne der künftigen schwarz-roten Bundesregierung für eine verschärfte Migrationspolitik kritisch. „Flächendeckende Kontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen halten wir derzeit für nicht realistisch umsetzbar“, sagte GdP-Chef Jochen Kopelke der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag).

Eine effektive Kontrolle an der gesamten Grenze setze erhebliche personelle Ressourcen voraus. Dafür brauche die Polizei dauerhaft mehr Geld und Personal. Es gehe um mindestens 20.000 zusätzliche Stellen. „Der Großteil davon wäre auch wegen der Grenzsicherung bei der Bundespolizei nötig.“ Darüber hinaus sei fraglich, wie Zurückweisungen in der Praxis rechtssicher und im Einklang mit nationalem sowie europäischem Recht umgesetzt werden können.

Das Bild von der sogenannten Ausländergewalt ist sehr einseitig

GdP-Chef Jochen Kopelke

Mit Blick auf die innere Sicherheit warnte Kopelke davor, die Diskussion auf Migranten zu verkürzen. „In sozial schwierigen Verhältnissen und bei Menschen mit geringem Bildungsgrad ist Kriminalität von je her mehr verbreitet, und hier ist auch der Migrationsanteil größer.“ Die AfD nutze dies für Propagandazwecke, „aber das Bild von der sogenannten Ausländergewalt, das sie zeichnet, ist sehr einseitig“.

Frei will mehr Polizisten an die Grenzen schicken

Merz plant für kommende Woche seinem Antrittsbesuch bei Polens Präsident Donald Tusk in Warschau. In Polen gilt das Thema als besonders sensibel, da am 18. Mai Präsidentschaftswahlen anstehen. 

Der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) kündigte im „Spiegel“ an, dass zusätzliche Bundespolizisten an die Grenzen geschickt werden. Das sei ein wesentlicher Punkt. „Er wirkt kurzfristig.“

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Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“ Zwischen Union und SPD ungeklärt ist aber, ob „in Abstimmung“ bedeutet, eine Zustimmung der Nachbarn einzuholen oder sie lediglich zu konsultieren.

Ferner sagte Frei, die neue Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, dass „wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern Asylverfahren auch außerhalb der EU abwickeln können, etwa in Staaten in Afrika, die als sichere Drittländer eingestuft sind“. (dpa, AFP, KNA)