Lorenzo Rossi von der TU Dresden sucht im Mikroskop nach dem Schlafschalter. Magdalena Gonciarz für die TUD

Lorenzo Rossi von der TU Dresden sucht im Mikroskop nach dem Schlafschalter. Magdalena Gonciarz für die TUD

Molekulares Schlüssel-Schloss-Paar schaltet Wach- und Schlafneuronen ein und aus

Dresden, 2. Mai 2025. Jetzt wissen wir womöglich endlich, wie das damals mit Dornröschen und ihrem 100-jährigen Schlaf funktioniert hat: Schlüssel „FLP-11“ steckte bei der jungen Dame anscheinend an der falschen Stelle im Schloss „DMSR-1“ fest. Folge: Ihre Aufwach-Nervenzellen blieben langfristig abgeschaltet – die Folgen für Prinzessin und Königreich sind bekannt. Und auch wenn dies nur Spekulationen in der Grimmschen Märchenwelt sind: Dass dieses Schlüssel-Schloss-Paar in der realen Welt als eine Art Schlaf-Schalter im Gehirn funktioniert, belegen inzwischen Forschungsergebnisse der Uni Dresden.

Fadenwurm ausgewählt, weil er nur ein Schlafneuron hat

Ein Forschungsteam um Prof. Henrik Bringmann und seinen Doktoranden Lorenzo Rossi vom „Biotechnologischen Zentrum“ (Biotec) der TU Dresden hat nämlich bei Experimenten herausgefunden, dass der Fadenwurm „C. Elegans“ einschläft, wenn sich der chemische Botenstoff „FLP-11“ an den Rezeptor „DMSR-1“ im Wach-Neuron des Wurms anheftet. Der biochemische Schlüssel schaltet dann diese besondere Nervenzelle aus, das Tier beginnt zu schlummern. Nach 20 Minuten – denn nur solange braucht „C. Elegans“, um sich wieder fit zu schlafen – manövriert „FLP-11“ dann zum einzigen Schlafneuron des Wurms und schaltet es mit dem selben Rezeptor aus – das Tier erwacht. „Es ist ein effizienter Mechanismus, der den Beginn des Schlafs steuert und gleichzeitig seine Dauer kontrolliert“, erklärt Prof. Bringmann.

Prof. Henrik Bringmann und Lorenzo Rossi von der TU Dresden haben den Schlafschalter im Gehirn entdeckt. Foto: Magdalena Gonciarz für die TUD

Prof. Henrik Bringmann und Lorenzo Rossi von der TU Dresden haben den Schlafschalter im Gehirn entdeckt. Foto: Magdalena Gonciarz für die TUD

„Einzuschlafen ist wirklich wichtig, aber genauso wichtig ist es, wieder aufzuwachen!“
Prof. Henrik Bringmann vom Biotec Dresden

Natürlich ist der Mensch kein Wurm, hat zudem Tausende Schlaf-Neuronen statt nur eines wie „C. Elegans“. Von daher müssen die Wissenschaftler noch klären, ob dieser Schlüssel-Schloss-Mechanismus auch für beim homo sapiens genauso funktioniert. Der Professor ist jedoch optimistisch, dass sein Team auf dem richtigen Weg ist: „Schlaf ist ein so grundlegender biologischer Prozess, dass viele am Schlaf beteiligte Moleküle und Mechanismen über verschiedene Arten hinweg ähnlich sind“, argumentiert der Zellbiologe. „Wir wissen noch nicht, ob derselbe Schlafschalter auch beim Menschen existiert, aber er liefert einen vielversprechenden Hinweis bei der Suche nach Mechanismen, die den Schlaf in unserer Spezies steuern.“

Den Schlafschalter haben Dresdner Forscher im Fadenwurm C-elegans entdeckt. Abb.: Lorenzo Rossi für die TUD

Den Schlafschalter haben Dresdner Forscher im Fadenwurm C-elegans entdeckt. Abb.: Lorenzo Rossi für die TUD

Hoffnung auf neue Ansätze gegen Schlafstörungen

Letztlich steckt hinter diesen Forschungen die Hoffnung, in Zukunft die tieferen Gründe für Schlafprobleme zu verstehen – seien es nun die Schlaflosigkeit oder auch die übermäßige Müdigkeit, die sich bei manchen Menschen chronisch einstellt. Denn wenn Wissenschaftler diese Vorgänge auch auf biochemischer Ebene ganz durchschaut haben, eröffnen sich daraus womöglich neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Schlafstörungen.

Autor: hw

Quellen: TUD, Wikipedia

Wissenschaftliche Publikation:

„LP-11 RFamide neuropeptides induce and self-inhibit sleep through the Gi/o protein-coupled receptor DMSR-1“ von Lorenzo Rossi, Kenneth Amoako, Inka Busack, Luca Golinelli, Amy Courtney, Judith Besseling, William Schafer, Isabel Beets, Henrik Bringmann, in: Current Biology (Mai 2025), Fundstelle im Netz: https://doi.org/10.1016/j.cub.2025.03.039

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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