Nur kurz nachdem der Verfassungsschutz die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hatte, hat sich der Kreisverband Köln an den US-Vizepräsidenten J.D. Vance gewandt. „Please help us!“ („Bitte helfen Sie uns!“), schrieb die AfD Köln am Freitagvormittag auf X, der Onlineplattform des Tech-Milliardärs und Trump-Vertrauten Elon Musk.
Am Morgen hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, der Verdacht, dass die Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge, habe sich bestätigt und in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet.
Die AfD Köln nennt die Neubewertung durch den Inlandgeheimdienst auf X: „Politisch motiviert! In welcher anderen Demokratie gibt es so etwas?“ Die Bundesparteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla sehen ebenfalls eine politische Motivation und wollen sich gegen die Einstufung „juristisch zur Wehr setzen“.
An Vance gerichtet, heißt es von der AfD Köln – wieder auf Englisch: „Die deutsche Regierung missbraucht die Geheimdienste gegen die größte Oppositionspartei. Das ist keine Demokratie.“ („The German government is abusing the intelligence services against the largest opposition party. This is not democracy.“)
Faeser betont Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes
Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte unterdessen, der Verfassungsschutz habe seine Entscheidung selbst getroffen. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus vorzugehen und unsere Demokratie zu schützen“, sagte sie laut einer Mitteilung.
Der Inlandsgeheimdienst arbeite eigenständig. Die neue Einstufung sei das Ergebnis einer umfassenden Prüfung, deren Ergebnisse in einem 1100-seitigen Gutachten festgehalten seien. „Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben“, versicherte Faeser.
Der geschäftsführende Bundesjustizminister Volker Wissing (parteilos) sagte dem Tagesspiegel, er habe keinen Zweifel, „dass das Bundesamt seine Einstufung sehr gründlich vorbereitet hat“. Die Einstufung als gesichert rechtsextremistische Partei, decke sich mit der „Einschätzung sehr vieler anderer Beobachterinnen und Beobachter“.
J.D. Vance, dessen X-Account in dem Beitrag der AfD Köln markiert wurde, hat bislang nicht reagiert. Unklar ist auch, was die AfD mit ihrem Hilfegesuch an den US-Vizepräsidenten bezweckt. Aus dem Umfeld von Donald Trump hatte es vor der deutschen Bundestagswahl im Februar dieses Jahres Zuspruch für die AfD gegeben.
Elon Musk sprach sich für Wahl der AfD aus
So hatte sich etwa Elon Musk immer wieder für die AfD engagiert: Auf seiner Plattform X postete er mehrmals Unterstützungsbotschaften für die Partei, in einem Kommentar in der „Welt am Sonntag“ rief er Ende 2024 zur Wahl der AfD auf und im Januar traf er sich mit AfD-Co-Chefin Weidel zu einem öffentlichen Videotelefonat – wieder bei X.
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Auch von Vance erhielt die AfD im Wahlkampf Unterstützung – aber subtiler. Keine zehn Tage vor der Bundestagswahl hatte der Vize von Donald Trump deutsche Politiker in einem Interview dazu aufgerufen, mit der Partei zusammenzuarbeiten.
In seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz kritisierte er, dass weder Abgeordnete von AfD noch BSW anwesend seien. Statt über außen- und sicherheitspolitische Themen zu sprechen, kritisierte er in seiner Rede vor allem die angeblich in Europa bedrohte Meinungsfreiheit. Kurz nach seiner Rede traf Vance AfD-Co-Chefin Weidel in dessen Hotel in der bayerischen Landeshauptstadt. (dak mit Agenturen)