Wie sollten wir stattdessen mit der US-Aministration umgehen?
Wir müssen reden. „Engage, engage, engage“: Das ist mein Motto für unser „Munich Leaders Meeting“, zu dem wir vom 5. bis 7. Mai in Washington, D.C. über 100 transatlantische Entscheidungsträger zusammenbringen. Wir wollen amerikanische und europäische Entscheidungsträger zusammenbringen, damit diese Entfremdungsprozesse in den transatlantischen Beziehungen gebremst werden. Ich mache mir keine Illusionen darüber, dass wir sehr schwierige Diskussionen führen werden müssen. Aber mit dem Zeitpunkt dieser Tagung – immer im Frühjahr nach den US-Präsidentschaftswahlen – haben wir seit 2009 jedes Mal gute Erfahrungen gemacht. Denn nach 100 Tagen hat sich eine Regierung in außenpolitische Positionen eingearbeitet.
Diese Gesprächsangebote hat die US-Administration in den vergangenen Monaten oft abgelehnt. Macht Ihnen das keine Sorgen?
Doch. Aber genau deswegen wollen wir dazu beitragen, dass in den kommenden Monaten die Konflikte weniger werden und hoffentlich wieder etwas Ruhe eintritt. Es braucht dringend Vertrauensaufbau und bestenfalls danach wieder gemeinsamere transatlantische Linien. Die benötigen wir nicht nur handelspolitisch, sondern auch sicherheits- und technologiepolitisch, etwa beim Thema KI, und auch mit Blick auf den Umgang mit China, Russland und anderen Mächten wie dem Iran. Solange wir – Deutschland und Europa – am Ball bleiben, ist es am Ende nicht unsere Schuld, wenn es nicht zur Überwindung des transatlantischen Zerwürfnisses kommt. Wir dürfen niemals die Ersten sein, die vom Verhandlungstisch aufstehen. Das ist wichtig.
Demnach sehen Sie schon die Gefahr, dass sich die Beziehungen zu den USA durch Trump noch weiter verschlechtern könnten?
Nur dann, wenn wir den transatlantischen Beziehungen nicht ausreichend Aufmerksamkeit schenken. Deutschland und Europa müssen also engagiert bleiben.
Macht Ihnen die künftige Bundesregierung in dieser Frage Hoffnung?
Deutschland hat eine große Chance. Friedrich Merz und Donald Trump tragen im persönlichen Verhältnis keine Last mit sich herum. Deshalb kann ein Besuch des künftigen Kanzlers in den USA rasch zu einer Verständigung und zu einer besseren Arbeitsatmosphäre führen. Merz könnte es wie Macron gelingen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen – und das wäre wichtig: Denn für Trump zählt kaum etwas so stark wie persönliche Sympathie. Wenn Merz hier erfolgreich ist, wäre das mit Blick auf die Zukunft ein wichtiges Zeichen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ischinger.