Er wölbt sich über die Jeans, macht lustige Bewegungen beim Tanzen oder schmiegt sich vor dem Einschlafen an die Matratze: der Männerbauch, die Wampe, auch Dad Bod genannt. Wie eine Schutzschicht umhüllt er den Körper mittelalter Männer und zeigt jedem und jeder: Ich kuschele gerne, mit mir kannst du Schokoladenkuchen essen, ich bin geerdet.  

In manchen Kreisen hat der Dad Bod einen schlechten Ruf. So war auch auf ZEIT ONLINE erst vor Kurzem zu lesen, er symbolisiere den körperlichen Verfall von Ü40-Vätern. Höchste Zeit, dass dem Bäuchlein jemand beispringt. Dieser vatertypische Körperbau, der weder Verwahrlosung noch Perfektion, weder dünn noch dick ist, ist wie eine wunderbare Prise Gemütlichkeit nach einem stressigen Tag. Der Dad Bod signalisiert Verständnis – wegen der Überstunden war der Gym-Besuch nicht mehr drin? Das ist okay! Die Versuchung nach der  Tüte Chips war zu groß? Du bist trotzdem schön!   

Prominente Vorbilder von Dad-Bod-Trägern gibt es viele. Russell Crowe zelebriert damit den Abschied von seinem jüngeren, muskelbepackten Gladiator-Ich. Leonardo DiCaprio ist mit seiner Hilfe noch besser gealtert als gut gereifter Wein. Nicht zu vergessen, der Dad Bod von Pierce Brosnan, der den Look des damaligen Agenten 007 weiterentwickelt und mit ihm noch immer auf den roten Teppichen Hollywoods glänzt.   

Ein Dad Bod bedeutet mitnichten Verfall oder Gehenlassen, sondern sein Potenzial als mittelalter Mann neu zu entfalten. Was ist peinlicher als ein Mann, der mit Ach-und-Krach versucht, genauso auszusehen wie sein 18-jähriges Ich? Wer will schon einen Mann, der gefühlt die Hälfte seiner Lebenszeit im Fitnessstudio verbringt und keine Zeit für spontane Unternehmungen oder die Familie hat? Oder statt zu einem leckeren Stück Pizza lieber zu einem abführenden Spinat-Smoothie greift?   

Dann doch lieber der Mann, der seine Lebenserfahrung in seinen Hüften gespeichert hat. Der seine Rundungen akzeptiert und der mit wuchtigem Elan aus der Körpermitte zeigt: Mit mir wird es in Zukunft immer noch besser – auch mit einem Bäuchlein.  

Elternsein

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Für viele Queers war das schon lange klar. In den Siebzigern und Achtzigern gründete sich die sogenannte Bärenszene – eine Gemeinschaft schwuler Männer mit Bart und behaartem Bauch, wo unter anderem der Dad Bod auch zu finden ist. Sie tragen ihn mit Stolz vor sich her, machen ihn zu einem Markenzeichen. Davon kann sich auch der eine oder andere heterosexuelle Mann eine große Scheibe abschneiden, der beim High-Intensity-Training Todesqualen durchsteht und sich mit chirurgischen Eingriffen bemüht, dem eigenen Mitte-40er-Aussehen etwas Jugendliches einzuhauchen.  

Eser Aktay

Eser Aktay

Redakteur im Familienressort

Und auch bei einigen Frauen kommt der Dad Bod oft besser an als der Waschbrettbauch. So ergab 2019 eine Umfrage einer US-amerikanischen Fitnesskette, dass 65 Prozent der Befragten den Dad Bod als attraktiv wahrnehmen, 51 Prozent stimmten sogar der Aussage „Der Dad Bod ist der neue Sixpack“ zu. Richard Bribiescas, Professor an der Universität Yale und renommierter Anthropologe, unterstreicht diese Beobachtung mit der Begründung, etwas ältere, dickere Männer würden sogar einen evolutionären Vorteil genießen. Da ihr Testosteronlevel im fortschreitenden Alter sinke, so schreibt er, würden die Pfunde eben weniger purzeln. Bei ebendiesen Männern sei zu beobachten, dass sie sich mehr um die Kinder kümmern – was für Frauen durchaus von Vorteil ist und sie deshalb attraktiver machen könnte.   

Also ran an den Speck und weniger Druck beim Muskelaufbau. Denn der Dad Bod feiert die Liebe für den Durchschnittskörper mit einer ordentlichen Portion Realness. Wer sich in seinem Körper wohlfühlt und sich nicht ständig an ihm abarbeitet, hat mehr Energie für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.