Angela-Maria Meyer ist überzeugt: „Jeder Mensch, der sich in irgendeiner Form mit Therapie beschäftigt, macht das aufgrund eines belastenden Ereignisses oder unverarbeiteter Themen.“ Und auch die 54-Jährige hat ihre Geschichte, die sie letztendlich an den Punkt geführt hat, an dem sie heute steht: Sie ist Führungskraft bei der Deutschen Bahn und betreut in diesem Rahmen Mitarbeiter in ganz Deutschland. Freiberuflich konzipiert und leitet sie Seminare und arbeitet als Coach oder Heilpraktikerin für Psychotherapie mit Menschen, die ihr Leben mit Blick auf Verhalten, Glaubenssätze, Verarbeitung von Erlebnissen verändern oder mit sich in Einklang bringen mussten.

Und das musste sie auch schon einmal. Nämlich dann, als ihrer Tochter etwas passiert ist, das in ihren Augen nicht wiedergutzumachen ist und das zu Erlebnissen führt, die sie als „weit außerhalb der sogenannten Normalität“ beschreibt. Menschen, die sie seit ihrer Geburt kannten, wendeten sich von ihr ab, sie befand sich in einer Ausnahmesituation zum Wohl ihres Kindes. Heute sagt ihre Tochter, das sei das Beste, was ihnen hätte passieren können, sonst wären sie nicht die Menschen, die sie sind. Und heute ist Angela-Maria Meyer aus genau diesem Grund den Menschen dankbar, von denen sie sich damals weggeworfen fühlte. Sie fand sich selbst – und das begreift sie als ihre größte Lebenschance, die sie jetzt mit anderen Menschen teilen will. Und eine wichtige Erkenntnis für sie war, dass sie als hochsensible Person vieles anders wahrnimmt und empfindet als andere Menschen.

„Du hast 1000 Möglichkeiten zu wachsen“ lautet der Titel ihres Buches. Auf 240 liebevoll und mit eigenen Illustrationen versehenen Seiten nimmt sie die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise zu sich selbst und zu einem glücklichen und selbstbestimmten Leben. Sie erzählt ihre eigene Geschichte, präsentiert ihre Emotionen, ihre Erschütterungen und das, was sie damals beinahe zu Fall gebracht hätte. Doch immer wieder flackert auch Hoffnung auf, gewürzt mit Zitaten bekannter Persönlichkeiten, immer wieder findet sie einen Anker, der in dem alles entscheidenden Satz mündet: „Alles passiert für dich.“

In den folgenden Kapiteln finden sich Geschichten und die Prozesse ihrer Klientinnen und Klienten, die sie als Coach eine Weile begleitet hat oder noch immer begleitet. Liebevoll aufgeschrieben, mit Erklärungen versehen und immer mit der Aufforderung zur eigenen Reflexion des Gelesenen, zum Kreieren eines Aha-Moments. Denn dieser sei zentral im Coaching. „Ich vermittel meinen Klienten auch die Kraft der eigenen Gedanken. Wenn ich mich traue, etwas zu denken, dann kann ich es auch wahr werden lassen“, erklärt sie. Und wirkt dabei so gefestigt, ausgeglichen, entspannt und lebensfroh, dass man ihr nur glauben kann, egal, an welchem Punkt in seinem Leben man sich befindet. Denn jeder, den sie coacht, weiß: Auch sie hat ihre Themen bearbeitet und kennt den Weg. „Positive Psychologie“ nennt sie das, was sie praktiziert. „Eckart von Hirschhausen sagte mal: Aus einem Pinguin wird auch mit lebenslanger Therapie keine Giraffe. Und dieses Zitat finde ich sehr treffend.“ Doch ihr Coaching sei auch konfrontativ, sie sei kein Schönredner. Das alles diene einem Ziel: „Es ist Zeit, neu gewonnene Erkenntnisse zu leben, Kraft zu tanken und wie eine Zwiebel Schicht für Schicht die alten Muster und Glaubenssätze abzulegen, die einem nicht mehr dienen.“ Schließlich habe jeder Mensch die Freiheit, jeden Tag alles neu zu bewerten. „Alles zahlt darauf ein, dass man sich selbstwirksam fühlt, man etwas gestalten kann, aber auch damit umgehen kann, wenn es nicht so läuft wie gewünscht, Stichwort Resilienz.“

Das Thema Persönlichkeitsentwicklung sei für viele Menschen ein gigantischer Komplex, durch den sie sie in regelmäßigen Sitzunge navigiert. Denn: „Impulse von außen sind oft wichtig, um die eigene Denkweise zu verändern – wenn sie dazu führt, dass man nicht das Leben lebt, das man leben will.“ Das macht sie nicht ausschließlich für Privatleute, sondern auch für Führungskräfte aus Unternehmen, mit denen sie dann vor allem die Kommunikation in den Blick nimmt. Auch an Schulen – vorwiegend in Westfalen – wird sie zu pädagogischen Tagen eingeladen. Dabei bietet sie unter anderem Visualisierungskurse für Lehrer an, in dem ein sogenanntes visuelles Vokabular erarbeitet wird. „Es geht in der Kommunikation darum, wie wir miteinander sprechen, wie wir Themen besprechbar machen können. Wir müssen unsere Bedürfnisse schon äußern, damit das Gegenüber die Chance hat, sie zu erfüllen“, weiß sie.

In Coachings und Seminaren will sie weitergeben, was sie selbst lernen durfte und auch noch weiter lernen darf. Denn: „Das Leben darf durchaus Spaß machen.“