Zu dem schrecklichen Vorfall kam es am Wochenende in Albstadt: Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag mitteilten, hatte der Lebensgefährte den Säugling am Sonntag gegen 0.30 Uhr im Badezimmer der gemeinsamen Wohnung entdeckt. Der Mann habe daraufhin über Notruf die Polizei verständigt, so die Ermittler.

Eine Notärztin habe nur noch den Tod des Neugeborenen feststellen können, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft. Den noch am Sonntag aufgenommenen Ermittlungen des Kriminalkommissariats Balingen zufolge sei die 35-jährige Kindsmutter wenige Stunden zuvor vom Rettungsdienst in eine Klinik eingeliefert worden.

Frau soll Schwangerschaft geheimgehalten haben

Die Ermittler gehen davon aus, dass die Frau die Schwangerschaft geheimgehalten hatte und das Kind, unbemerkt von ihrem Lebensgefährten, im Badezimmer der gemeinsamen Wohnung geboren hat. Laut Staatsanwaltschaft ergaben sich im Laufe der Ermittlungen Hinweise auf einen nicht natürlichen Tod des Neugeborenen.

Es ist bereits der dritte Vorfall in Baden-Württemberg innerhalb weniger Wochen: Mitte Februar entdeckte eine Spaziergängerin in Steinen-Hüsingen einen toten Säugling auf einer Wiese. Die Mutter stellte sich wenig später selbst der Polizei. Es handelt sich bei ihr um eine Jugendliche.

„Tötungen ereignen sich oft nach unbegleiteten Heimgeburten“

Im zweiten Fall, der kürzlich publik wurde, fand die Polizei gleich zwei Säuglingsleichen in einem Haus im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald. Den Erkenntnissen nach lagen die Babys schon eine längere Zeit tot im Haus der Heranwachsenden.

Kinder- und Jugendpsychiater Frank Häßler sagte im Interview mit der Schwäbischen Zeitung: „Mir persönlich ist in Deutschland kein einziger Fall bekannt, in dem eine Mutter ihr Kind zuerst im Krankenhaus entbunden und wenig später getötet hat. Neonatizide (siehe Box) ereignen sich in aller Regel nach unbegleiteten Heimgeburten oder nach Entbindungen am Arbeitsplatz.“

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Die 35-jährige Deutsche aus Albstadt wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hechingen am Montag dem Haftrichter vorgeführt. Dieser erließ den beantragten Haftbefehl und ordnete gegen die Frau Untersuchungshaft an. Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln gegen sie wegen des Verdachts des Totschlags.

Die Ermittlungen der Kriminalpolizei zur genauen Todesursache des Neugeborenen dauern unterdessen an. Eine Obduktion sei bereits geplant, so die Staatsanwaltschaft. Von ihr erhoffen sich die Ermittler nähere Erkenntnisse zu den genauen Umständen.

Neonatizid vs. Infantizid vs. Filizid:BegriffserklärungenNeonatizid vs. Infantizid vs. Filizid:

Unter dem Begriff Neonatizid versteht man die Tötung eines Neugeborenen innerhalb der ersten 24 Stunden – umgangssprachlich auch Säuglingstötung genannt. Laut Frank Häßler, Kinder- und Jugendpsychiater, werden 99.9 Prozent der Neonatizide von den Müttern begangen.  
Infantizid beschreibt die Tötung eines Kleinkindes im ersten Lebensjahr.
Der Begriff Filizid steht für die Tötung eines Kindes über einem Jahr – umgangssprachlich Kindstötung.