1, 2, 3, 5, 7, 8 – wer aus dieser Zahlenreihe herauslesen kann, dass immer mehr Salz in der Suppe irgendwann nicht mehr gut schmeckt, der könnte Fan von Borussia Mönchengladbach sein. An Toren (beim Fußball bekanntlich das Salz in der Suppe) mangelte es bei Gladbacher Spielen in den vergangenen Wochen nicht, im Gegenteil. Es sind in den jüngsten sechs Partien immer mehr geworden – aber gewonnen haben die Borussen von diesen sechs Spielen trotzdem bloß eines, nur das erste in der Reihe, das mit dem einen Törchen: 1:0 gegen RB Leipzig vor fünf Wochen.
Am Samstag sahen die Zuschauer im Borussia-Park acht Tore. Es war der vorläufige Höhepunkt der gegenwärtig Treffer-Inflation in Gladbacher Spielen. Aber so richtig begeistert konnte vom spektakulären Spielverlauf beim 4:4 (2:1) gegen die TSG Hoffenheim am Ende kein Borussia-Fan sein, denn es war bereits das fünfte Spiel nacheinander ohne Gladbacher Sieg. Zwei Unentschieden und drei Niederlagen haben die Borussen zuletzt hinnehmen müssen und sich dadurch sukzessive die Chance verbaut, es in dieser Saison tatsächlich unverhofft in einen Europapokal-Wettbewerb zu schaffen.
FC Bayern gegen RB Leipzig
:Elf Minuten Meisterfeier
Der FC Bayern freute sich schon, doch Yussuf Poulsen durchkreuzt in der vierten Minute der Nachspielzeit die Partypläne: Nach dem wilden 3:3 gegen RB Leipzig müssen die Münchner sich noch gedulden – dann ist immerhin Harry Kane wieder dabei.
SZ PlusVon Sebastian Fischer
Vor drei Wochen hatte der Trainer Gerardo Seoane nach einer 1:2-Heimniederlage gegen Freiburg streng gesagt: „Europäische Destinationen haben in unsere Kabine keinen Platz.“ Und damit sollte der Schweizer tatsächlich Recht behalten. Europäische Destinationen stehen in der kommenden Saison ziemlich sicher nicht auf dem Reiseplan der Rheinländer. Am kommenden Samstagabend gastieren sie zum vorletzten Saisonspiel in Fröttmaning, vermutlich hauptsächlich, um dem FC Bayern München zur Meisterschaft zu gratulieren.
Nur eine Woche nach einer 3:4-Niederlage in Kiel mit einem Spielverlauf wie in einer Action-Komödie setzten die Borussen nun gegen Hoffenheim noch einen drauf: Fabio Chiarodia (5. Minute) und Rocco Reitz (33.) sorgten für eine 2:0-Führung, die die Hoffenheimer durch Arthur Chaves (43.) und Marius Bülter (54.) zum 2:2 ausglichen. Franck Honorat (64.) schien dann mit dem 3:2 die Gladbacher Weichen wieder auf Sieg zu stellen, doch Adam Hlozek (74.) und Haris Tabakovic (81.) drehten die Partie zugunsten einer 4:3-Führung für die Gäste. In der ersten Minute der Nachspielzeit (90+1.) sorgte Tim Kleindienst mit seinem ersten Treffer seit Mitte März schließlich aber doch noch für den 4:4-Endstand.
„Wir spielen 4:4 nach einer 2:0-Führung, darüber kann man sich ärgern“, sagt Roland Virkus
Die Pfiffe, die es danach von den Rängen gab, waren vermutlich eine Mischung aus akuter Begeisterung und übergeordneter Enttäuschung – aber den Gladbacher Sportgeschäftsführer Roland Virkus haben sie geärgert. Sogar erzürnt. „Wir spielen 4:4 nach einer 2:0-Führung, darüber kann man sich ärgern“, sagte Virkus kurz nach dem Abpfiff im Kabinengang. „Aber was mich erzürnt: Wir schießen am Ende noch das 4:4, obwohl du das Gefühl hattest, dass die Jungs tot sind, doch sie haben alles gegeben, um noch das 4:4 zu machen – und niemand freut sich.“ Die Enttäuschung des Publikums speiste sich vermutlich auch aus den jüngst mauen Ergebnissen, und das respektierte Virkus ein Stückweit auch. Er hätte sich aber trotzdem mehr Anerkennung für die Comeback-Qualitäten der Mannschaft gewünscht.
Als „gefühlte Niederlage“, bezeichnete auch der Trainer Seoane das Remis. „Achterbahn der Gefühle“, nannte er das Spiel. Gegen das Achterbahnfahren kann eigentlich niemand etwas haben. Es sei denn, es wird einem schlecht. Und vielleicht ist es dem einen oder anderem Gladbacher Fan so ergangen in den vergangenen Wochen. „Wir sind enttäuscht“, sagte Seoane über den Ausgang des Spiels. „Ich verstehe, dass die Zuschauer enttäuscht sind, wenn man zweimal in Führung war“, sagte der Schweizer, beschloss aber nüchtern: „Diese Kröte müssen wir schlucken.“
Wie mit einer verschluckten Kröte nach einer allzu wilden Achterbahnfahrt fühlen sie sich in Gladbach also momentan. Zumindest nach den Metaphern des Trainers. Ein derart verdorbener Magen ist ausgangs einer zwischenzeitlich sogar als sehr positiv wahrgenommenen Saison nicht angenehm. „Ich kann jeden Zuschauer verstehen, der nach einer 2:0-Führung mit einem 4:4 nicht zufrieden ist“, sagte der Sportchef Virkus am Ende noch einmal, „und ich kann auch nachvollziehen, wenn der eine oder andere Fan enttäuscht ist, der die Sehnsucht hatte, nach Europa zu kommen.“ Doch er wünschte sich, dass die komplette Saison bewertet würde, und deshalb betonte Virkus noch: „Hätte mir nach der schlechten letzten Saison vor acht Monaten jemand gesagt, dass wir zwei Spieltage vor Schluss auf dem neunten Platz stehen, dann hätte ich sofort unterschrieben.“ Vielleicht sehen das die Anhänger von Borussia Mönchengladbach irgendwann auch noch so.