Um seinen Punkt zu untermauern, ließ Böhmermann verschiedene Zeitungsausschnitte vorlesen, auch einen der „Rheinischen Post“: „Das jüngste Rheinhochwasser liegt schon fast neun Monate zurück. Unmittelbar nach dem zweiten ,Jahrhunderthochwasser‘ in kurzer Folge waren sich alle einig, daß etwas geschehen müsse“, heißt es darin. „Falls Sie sich übrigens wundern, warum in diesem Zeitungsartikel über den Düsseldorfer Deich ,daß’ mit dem Buchstaben ,ß‘ geschrieben wird: Dieser Zeitungsartikel ist vom November 1995“, sagte Böhmermann. „Das ist drei Päpste her, bald sogar vier. Zwölf Jahre vor dem ersten iPhone!“ Seit 30 Jahren rede man im Düsseldorf schon darüber, dass die Deichlücke geschlossen werden soll. „Aber passiert ist bis heute nichts. Warum?“
Viele Anwohner der Nikolausstraße wehrten sich, weil sie die freie Sicht auf dem Fluss nicht verbaut haben wollten, zitierte Böhmermann einem weiteren Bericht. „Ja, liebe viele Anwohner der Nikolausstraße, das ist doch klar. So ein Deich hat den Nachteil, dass man dann nicht mehr aus dem Wohnzimmer auf den Fluss gucken kann. Aber er hat den entscheidenden Vorteil, dass der Fluss dann auch nicht in eure Wohnzimmer reingucken kann.“
Stattdessen habe es den Plan gegeben, einen mobilen Hochwasserschutz zu verwenden, der aufgebaut wird, wenn Hochwasser droht. „Umgesetzt hat die Stadt Düsseldorf aber auch diesen Plan bis heute nicht“, sagte Böhmermann. Die Landeshauptstadt habe auf entsprechende Anfrage geantwortet, dass man erst habe warten müssen, bis Bürger sich beteiligt und die Möglichkeit gehabt hätten, zu klagen. Wörtlich heißt es in der Antwort der Sprecherin: „Aufgrund dieser Gegebenheiten werden in der Regel bei den sehr komplexen Hochwasserschutzprojekten im urbanen Gebiet viele Jahre für die Planungs- und Genehmigungsverfahren benötigt. Für die Schließung der Deichlücke an der Nikolausstraße sind diese Verfahren soweit abgeschlossen, sodass geplant ist, noch dieses Jahr mit dem Bau zu beginnen.“
Zum Glück hielten sich in Deutschland Naturkatastrophen an kommunale Planfeststellungsverfahren, kommentierte Böhmermann sarkastisch. „Der perspektivisch alsbald konkrete Plan ist also nach 30 Jahren hoffentlich, dass noch dieses Jahr endlich gebaut wird. Also hoffentlich.“
Auch für den Rest des Deiches gebe es einen Plan, so Böhmermann. „Auch schon seit 30 Jahren. Nämlich: Den alten Deich stehen zu lassen und einen neuen Deich ein Stück entfernt vom Rhein zu bauen. Das nennt man Rückverlegung eines Deiches.“ Dazu sei es aber nicht gekommen, schimpfte Böhmermann: „Die Rückverlegung des Deiches in Düsseldorf ist abgeblasen, weil sich Grundstückseigentümer querstellen und unverschämt hohe Preise fordern. Mehrere Millionen Euro mehr als das Land eigentlich wert wäre.“
Da werde er hellhörig: „Wer sabotiert denn hier aus Eigennutz und Gier den schönen deutschen Hochwasserschutz?“ Die Frage meinte er natürlich rhetorisch, die Antwort lieferte Böhmermann gleich mit: „Sigismund und Guntram von Habsburg-Lothringen. Zwei echte Erzherzöge.“ Dann kam der TV-Satiriker richtig in Fahrt: „Das gibt’s doch gar nicht. Diesen zwei geldgeilen Adligen gehört zu 97,5 Prozent die Firma, die ihre Grundstücke nicht verkaufen will.“
Sie hätten in das Handelsregister gar SKKH eintragen lassen – für „seine kaiserliche und königliche Hoheit“. „Und wer so etwas ins Handelsregister eintragen lässt, den interessiert doch nicht, wenn ein paar Tausend Düsseldorfer Untertanen ersaufen, oder?“ Und weiter stichelte Böhmermann: „Die Stadt Düsseldorf hätte nämlich die Firma der beiden Erzherzöge enteignen können. Aber zwei Erzherzöge einfach so enteignen – wie so ein Dorf, unter dem Braunkohle liegt? Das macht man natürlich nicht in Nordrhein-Westfalen.“
Seit über 30 Jahren gebe es Pläne, wie man den Düsseldorfer Deich sanieren und die Deichlücke schließen könne. „Aber Stadt und Bezirksregierung kriegen es einfach nicht hin. Aber mal ganz ehrlich: Was verlieren wir schon, wenn Düsseldorf vom Hochwasser weggespült wird?“ Seit der Corona-Pandemie wisse man: „There is no glory in prevention. But there is a gloryhole im Düsseldorfer Deich.“