Man vergisst ja glatt bei allen rauf und runter diskutierten Krisen, in denen Deutschland aktuell herumwurstelt, dass einige dieser Krisen hausgemacht sind, zusammengekocht im mehreren Legislaturperioden des Aussitzens und der Placebo-Politik. Und dazu gehört die Wohnungskrise im Land.
Auch in Sachsen, wo seit Jahren eine Politik gefahren wird, mit der eher Frust über Migration befeuert wird, als die Wachstumskerne des Landes tatsächlich mit Investitionen zu stärken. Leipzig, Dresden, Chemnitz. Nur: Da sind bezahlbare Wohnungen zur Mangelware geworden.
Der viel beschworene „Markt“ regelt das schlichtweg nicht, denn der funktioniert nach der Devise: Verknapptes Angebot erhöht Preise und Profite. Weshalb jede Logik sagt, dass man hier aus öffentlicher Hand nachsteuern muss und investieren.
Denn die Leute, die da bezahlbare Wohnungen suchen, sind fast allesamt die jungen Arbeitskräfte, die gerade einen Einstieg in ihr Berufsleben suchen. Also die ganzen verflixten Arbeitskräfte, nach denen die Wirtschaft verlangt. Die aber einen bezahlbaren Einstieg in ihr Berufsleben brauchen.
Die Zahlen sind alle bekannt
Der lässt sich auch an der Zahl der benötigten Wohnungen beziffern.
Und auch die Gegenrechnung ist klar: Das ist die Wohnungslücke, die sich auftut, wenn man Nachfrage und tatsächliches Angebot übereinander legt.
Da hatte Leipzig schon seit Jahren einen eklatant knappen Wohnungsmarkt. Auch Leipzigs Verwaltung tat sich lange Zeit schwer, diesen Wohnungsmangel als genau das zu bezeichnen, wurstelte sich so durch, weil die Stadt in den 2000er Jahren noch mit einem gewaltigen Wohnungsleerstand gestartet war.
Nur: Der war in relativ überschaubarer Zeit weg, als die Bevölkerung um über 100.000 Menschen wuchs. Spätestens ab 2015 waren alle Warnlampen an. Nicht nur in Leipzig: Dutzende große deutsche Städte waren über die Jahre in diese Wohnungsknappheit hineinmanövriert, während die Mieten gerade in den bevorzugten Metropolen regelrecht durch die Decke gingen.
Erst ab 2017 reagierte der Bund und stellte wieder – viel zu geringe – Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Davon bekommt auch Sachsen einen Teil, der dann an die bedürftigen Kommunen weitergereicht wird. Aber es ist zu wenig. Jedes Jahr sagen die Zahlen: Davon bekommt man gerade mal ein Viertel der dringend benötigten Wohnungen mit Mietpreisbindung.
Eigentlich etwas, was eine Regierung als dringend zu lösende Aufgabe betrachten sollte. Aber auch in Dresden tut man so, als wäre das überhaupt kein großes Problem. Gibt es denn nicht im Erzgebirge noch freie Wohnungen?
Problem, nicht verstanden, kann man da nur sagen.
Mehr Geld für den Sozialwohnungsbau
In den jetzt begonnenen Haushaltsverhandlungen für den Doppelhaushalt 2025/2026 fordert die Linksfraktion deshalb deutlich mehr Geld für den Sozialwohnungsbau. Außerdem will die Fraktion die drastischen Kürzungspläne bei der Förderung von barrierefreiem Wohnraum verhindern.
„Sachsen ist ein Land der Mieterinnen und Mieter: Zwei Drittel der Bevölkerung wohnen zur Miete, in Leipzig sind es sogar 84 Prozent. Vor allem in den Ballungsräumen und den umliegenden Landkreisen steigen die Mieten unaufhörlich, während die Einkommen viel langsamer wachsen“, erklärt dazu die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, Juliane Nagel.
„Erst seit 2017 wird der Bau von Sozialwohnungen in Sachsen wieder gefördert – seitdem sind reichlich 2.000 Wohnungen entstanden. Gebraucht wird ein Vielfaches, mindestens 11.095 Wohneinheiten müssten hinzukommen.“
Das bestätigte die Antwort von Regionalministerin Regina Kraushaar auf eine Anfrage von Juliane Nagel hin (Drucksache 8/1549).
Um welche finanziellen Dimensionen geht es dabei?
„Vom Bund stehen in diesem und im nächsten Haushaltsjahr fast 150 Millionen Euro für den Sozialen Wohnungsbau in Aussicht, das Land muss dafür 49,82 Millionen Euro zuschießen. Mit diesem Geld werden Sozialwohnungen gebaut oder modernisiert“, erklärt Juliane Nagel.
„Wir wollen, dass Sachsen pro Jahr noch 25 Millionen Euro mehr ausgibt, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das ist dringend nötig, denn gerade in den Großstädten müssen viele Menschen einen immer größeren Teil ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Rheinland-Pfalz – ein Land von ähnlicher Größe und mit ähnlicher Bevölkerungszahl – stellt jährlich 350 Millionen Euro für Sozialwohnungsbau zur Verfügung.
Es wäre besser, in die soziale Infrastruktur zu investieren – sonst wachsen die Ausgaben für Wohngeld und ,Kosten der Unterkunft‘ weiter. Mit letzteren subventioniert der Staat auch hohe Mieten der privaten Wohnungskonzerne!“
Austeritätspolitik ohne Zukunftsvision
Womit sie daran erinnert, dass die vermeintliche Austeritätspolitik, die Sachsen mit seinen „gestrengen“ Finanzministern seit Jahren fährt, in Wirklichkeit höhere Kosten verursacht – nämlich bei den Sozialkosten in den Kommunen, die die kommunalen Haushalte derzeit einen nach dem anderen zum Kippen bringen.
Das ist ein einziger Verschiebebahnhof, bei dem die vermeintliche Sparabsicht lediglich dazu führt, eine Staatsregierung als finanziell verantwortungsvoll aussehen zu lassen, während sie die eigentlichen finanziellen Schieflagen im Land beharrlich verstärkt.
„Die Linksfraktion will zudem die massive Kürzung bei der Schaffung barrierefreien Wohnraums verhindern“, sagt Nagel noch. „Die Minderheitsregierung will die Förderrichtlinie Wohnraumanpassung mit weniger als einer Million Euro versehen, bisher stand das Fünfzehnfache zur Verfügung. Das ist unverantwortlich! Sowohl der Anteil älterer als auch beeinträchtigter Menschen nimmt im Freistaat zu, bis 2030 werden 77.000 weitere Wohnungen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen benötigt. Momentan werden etwa 1.500 Umbaumaßnahmen pro Jahr gefördert. Dieses Niveau wollen wir mindestens halten!“
Womit das nächste Thema angeschnitten ist, vor dem die sächsischen Regierungen der letzten Jahre immer nur die Augen verschlossen haben. Als gäbe es die Verschärfung der demografischen Lage nicht. Lieber polemisiert man gegen Migranten und will Abschreckung an den sächsischen Grenzen installieren, als wirklich die richtigen Weichen für die – demografische – Zukunft des Landes zu stellen.
Man schafft damit aber nur: Die sozialen Konflikte im Land zu verschärfen und die falschen Töne der Rechtsradikalen mit ihrer Einmauer-Politik zu verstärken. Der Effekt: Ein Land, das zunehmend vergreist, während man wirkliche Lösungen für eine Stärkung der Wachstumspotenziale im Land dringend vermisst.