Hat Marcus K. (41) seine Partnerin Jessica S. (30) vor gut einem Jahr in der gemeinsamen Paunsdorfer Wohnung erstochen, weil sie sich von ihm trennen wollte? So nimmt es zumindest die Staatsanwaltschaft an, die den Verdächtigen wegen Mordes an der zweifachen Mutter angeklagt hat. Eine befreundete Nachbarin erzählte am Freitag im Zeugenstand, wie sie Jessica S. in der letzten Zeit vor ihrem gewaltsamen Tod erlebte.
Anke B. (Name geändert) zeigte sich äußerlich gefasst – doch auch für die 48-Jährige dürfte es ein schwerer Gang gewesen sein. Sie gehörte zu den Zeugen, die am Freitag im Mordprozess am Leipziger Landgericht aussagten, wie sie die verstorbene Jessica S. in der letzten Zeit vor ihrem gewaltsamen Ableben im Mai 2024 erlebt hatte. Eine Frage, zu der Anke B. einiges beitrug, denn sie lebte nicht nur im gleichen Paunsdorfer Mehrfamilienhaus wie Jessica S., sondern war mit ihr auch gut befreundet.
Beziehung laut Zeugen völlig zerrüttet
Ihren Eindruck fasste Anke B. so zusammen: „Sie konnte nicht mehr, wollte nicht mehr, hatte Angst vor ihm“, meinte die Zeugin mit Blick auf das Verhältnis von Jessica zu ihrem Partner. Bereits Anfang 2024, Monate vor ihrem Tod, habe die 30-jährige Jessica S. ihr im diskreten Gespräch anvertraut, dass sie den Druck nicht mehr aushalte, sagte die Zeugin.
Auch andere Personen aus dem Umfeld der Getöteten hatten im Prozess erklärt, dass die Beziehung Jessicas zu Marcus K. schon längst kaputt gewesen sei. Doch habe die Verstorbene trotz erloschener Gefühle Skrupel gehabt, die Trennung durchzuziehen, auch wegen der Kinder. Sie hatte eine Tochter (10) in die Beziehung mit Marcus K. mitgebracht und zudem gemeinsam mit ihm einen Sohn (5).
Zum Sex gezwungen?
Zeugin Anke B. wusste gar zu berichten, dass die befreundete Nachbarin laut eigener Aussage durch Marcus K. zum Sex gezwungen worden sei. Deswegen habe sie ihr zur Flucht in ein Frauenhaus geraten, was Jessica aber ihrer Kinder wegen nicht gewollt habe. Auch soll Marcus K. es abgelehnt haben, dass seine Partnerin ausgeht, sich mit anderen trifft. Selbst dass sie arbeitet, habe er nicht gern gesehen. Trotz aller Probleme sei Jessica ein Mensch gewesen, der nach außen den Schein der heilen Familie wahren und Stärke zeigen wollte.
Gelungen sei das der eigentlich lebenslustigen Frau in letzter Zeit aber nicht mehr: Sie habe zuletzt einen gestressten Eindruck gemacht und unter Strom gestanden, berichtete die Nachbarin, die Jessica S. nahezu täglich sah. Mit dem Angeklagten Marcus K. hatte sie weniger zu tun, sagte sie, beschrieb ihn als ruhig. Gegenüber der Polizei war sie deutlicher geworden: „Auf Deutsch gesagt, war der für mich ein Arsch“, heißt es lapidar in der Zeugenvernehmung. Weder sie noch ihr Mann seien mit ihm je richtig warmgeworden.
„Da war nichts, da war Totenstille“
Nach Kenntnissen der Ermittler verkündete Jessica S. gegenüber Marcus K. am 22. April 2024 nach längerem Zögern das endgültige Aus der Beziehung, plante für August den Umzug in eine eigene Wohnung ganz in der Nähe. Doch zwischen dem Abend des 20. Mai und dem Morgen des 21. Mai 2024 soll Marcus K. seine auf dem Sofa schlafende Lebensgefährtin mit einem Messerstich in den Hals getötet haben.
Er selbst hat diesen Ablauf bestritten und von einem Unfall gesprochen, als er ihr ein Messer, mit dem sie ihn bedroht haben soll, abnehmen wollte. Anke B. und andere Nachbarn gaben an, in der fraglichen Nacht ein ungewöhnliches, dumpfes Geräusch aus der Wohnung gehört zu haben.
Am Morgen danach aber habe es weder das übliche Hundegebell des Familiendackels gegeben noch das Fußtrappeln der Kinder, so Anke B., deren Wohnung direkt unterhalb liegt: „Was uns irritiert hat, dass es mucksmäuschenstill war. Da war nichts, da war Totenstille.“
Als sie den Einsatz von Polizei und Rettungswagen mitbekam, schickte sie Jessica S. am 21. Mai eine Nachricht, dass im Haus etwas passiert sein müsse: „Da wusste ich ja noch nicht, dass es sie getroffen hat“, sagte die Zeugin im Gerichtssaal mit leiser Stimme.
Der Prozess wird fortgesetzt.