Union und SPD lassen mit einem Durchbruch in den Koalitionsverhandlungen weiter auf sich warten, und das erhoffte Wirtschaftswachstum dürfte durch Donald Trumps Zölle in noch weitere Ferne gerückt sein.
Im ZDF-Talk „Maybrit Illner“ demonstrierten zwei führende Verhandler am Donnerstagabend umso entschiedener ihren Einigungswillen.
„Schwarz-roter Streit ums Geld – wachsen nur die Schulden?“, fragt Illner ihre Gäste. Von Trumps Zöllen über Steuersenkungen bis hin zum Vertrauensverlust der Politik werden viele Themen besprochen.
Eigentlich bin ich sehr optimistisch, dass wir eine Lösung finden.
CSU-Chef Markus Söder bei „Maybrit Illner“ über den Stand der Koalitionsverhandlungen
Markus Söder (CSU), der sonst für seine zupackende Rhetorik berüchtigte bayerische Ministerpräsident, gibt sich in der Sendung ungewohnt zahm. Ihn beschäftigt Trumps Zollankündigung, die „zu einer weltweiten Rezession führen“ könnte.
In Worten wie Gesten will der CSU-Chef vermitteln, wie wichtig ihm der Kompromiss ist – besonders mit seinem SPD-Kollegen Lars Klingbeil. „Eigentlich bin ich sehr optimistisch, dass wir eine Lösung finden“, sagt er über die Koalitionsverhandlungen. „Ich hätte fast gewettet, dass Sie das schon in der zweiten Antwort sagen“, stichelt Illner.
Ich glaube, man muss sich in diesen Koalitionsverhandlungen ein bisschen frei davon machen, was irgendwo steht“.
SPD-Chef Lars Klingbeil bei „Maybritt Illner“ zu den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen
Söders Modus ist an diesem Abend das Plädoyer. Er wirbt für Bürokratieabbau, Wettbewerb und vieles mehr. Sein Lieblingswort ist der „Schutzschirm“, den Union und SPD mit den beschlossenen Milliardenschulden gespannt hätten.
Auch Klingbeil betont, das große Ganze im Blick zu haben. „Ich glaube, man muss sich in diesen Koalitionsverhandlungen ein bisschen frei davon machen, was irgendwo steht.“ Die SPD sei verhandlungsbereit, etwa beim Bürgergeld. Dennoch führe nicht jeder Vorschlag zum Ziel: „Das Problem in Deutschland ist doch jetzt bitte nicht, dass wir einen Feiertag zu viel haben.“
In der Wirtschaftspolitik möchte Klingbeil zweigleisig fahren. „Wir geben den Unternehmen mehr Vertrauen, und wenn sie gegen Regeln verstoßen, dann spüren sie das richtig hart. Dann sind die Strafen höher, dann sind die Konsequenzen härter.“
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Mit dem wahrscheinlichen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), dem Klingbeil nach der gemeinsamen Bundestagsabstimmung von Union und AfD zur Migrationspolitik nicht mehr vertrauen wollte, habe er gesprochen, sagt er: „Wir haben diese Dinge klären können.“
Ökonomische Einschätzungen von der Seitenlinie
Die beiden anderen Gäste stehen auch räumlich im Hintergrund, sie kommen erst nach einer guten halben Stunde ausführlicher zu Wort. Der Ökonom Jens Südekum bezeichnet Trumps Zölle als „völligen Unsinn“. Auch Union und SPD kritisiert er. „Wo soll das Geld herkommen?“, fragt Südekum mehrmals mit Blick auf deren kostenintensive Vorhaben.
Trumps Zölle seien nur „die Spitze eines Eisbergs“, betont Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie. Deutschland sei „international nicht mehr wettbewerbsfähig“, etwa aufgrund der Bürokratie. „Wir verlieren jeden Tag Arbeitsplätze in Deutschland.“
Disput über die Mütterrente
„Ich weiß nicht, ob jetzt wirklich der Zeitpunkt ist, um die Mütterrente auszuweiten“, kritisiert Südekum das schwarz-rote Sondierungspapier. Manche der Vorhaben bezeichnet er als „Steuergeschenke“.
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„Erst mal stört mich dieser – entschuldigen Sie bitte – leicht arrogante Spruch mit Steuergeschenken. Nichts wird geschenkt“, belehrt Söder den Ökonomen. „Ich finde das überheblich, so zu reden.“
Es gehe „überhaupt nicht um Arroganz“, erwidert Südekum. Kosten und Nutzen der Mütterrente stünden aber in keinem Verhältnis.
Der unangenehmste Moment
Kurz vor Schluss fragt Illner Klingbeil und Söder, ob sie sich schon duzen. Söder schaut leicht irritiert durch die Gegend, um nach einem kurzen Schweigen festzustellen: „Nein, wir duzen uns nicht.“ Klingbeils Gesichtsausdruck wirkt indes etwas gequält.
Fazit: Eine zwecklose Sendung
Auch wenn Gastgeberin Maybritt Illner Söder und Klingbeil zu Beginn als „zwei der Topverhandler“ umschmeichelt, gewähren die beiden erwartungsgemäß keinen Einblick in die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen.
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Und daran krankt die Sendung erkennbar: Mangels neuer Informationen dreht sich alles um die Frage, was getan werden müsste. Ob die Appelle fruchten, wird sich noch zeigen.