An dieser Stelle findest du den Text-to-Speech Player
Um den TTS Player darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.
externen Inhalt aktivieren Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist Ihre jederzeit widerrufliche Einwilligung (über den Schalter oder über “ Widerruf Tracking und Cookies “ am Seitenende) zur Verarbeitung personenbezogener Daten nötig. Dabei können Daten in Drittländer wie die USA übermittelt werden (Art. 49 Abs. 1 lit. a DSGVO). Mit dem Aktivieren des Inhalts stimmen Sie zu. Weitere Infos finden Sie hier.
Das Beben der Stärke 6,2 in der Türkei in der vergangenen Woche hat nicht nur Istanbul erschüttert. Auch in Deutschland schaut man betroffen zum Bosporus. Mehr als 150 Verletzte mussten versorgt werden, zahlreiche Gebäude wurden beschädigt. Glücklicherweise gab es keine Toten. Jetzt besteht die Sorge, dass es zu einem noch verheerenderen Beben kommen könnte.
Die Region rund um das Marmarameer ist eine der risikoreichsten geologischen Strukturen weltweit. Die nordanatolische Verwerfung trennt die eurasische und die anatolische Platte auf einer Länge von mehr als 1000 Kilometer. Diese Grenze geht von Ostanatolien entlang der türkischen Schwarzmeerküste und durch das Marmarameer bis in die Nordägäis. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind bei Starkbeben dort bereits mehr als 20.000 Menschen gestorben.
Was bedeuten die aktuellen Beben? Es gibt zwei Szenarien
Der Erdbeben-Experte Prof. Marco Bohnhoff aus Potsdam sagt dazu: „Bereits 2019 hatte sich an ähnlicher Stelle im Marmarameer ein starkes Beben ereignet. Das jüngste Beben mit der Stärke 6,2 ist das schwerste in der Region seit mehr als 25 Jahren. Es erweitert die damalige Bruchzone, und zwar auch in Richtung Istanbul. Insgesamt ist auf dieser Verwerfung Energie für ein Erdbeben der Magnitude 7,4 gespeichert.
Es gibt zwei Szenarien: Entweder ist die unmittelbare Region vorerst entspannt und die Seismizität klingt langsam ab, oder die durch das Beben erzeugten Spannungsumlagerungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für ein größeres Erdbeben. Wir führen dazu weitere Datenanalysen durch.“
Lesen Sie auch
Leider sprechen die Tatsachen eher für das zweite, katastrophale Szenario: Dass es kurze Zeit nach dem 6,2er-Beben zu einem Erdbeben der Stärke 5,3 südlich von Istanbul gekommen ist, weise darauf hin, dass es Spannungsumlagerungen gegeben habe, die die Wahrscheinlichkeit für weitere Beben dort eher erhöht haben.
Zudem lässt sich aus historischen Aufzeichnungen erkennen, dass im Durchschnitt etwa alle 250 Jahre in der Region ein heftiges Beben mit einer Magnitude von 7 bis 7,4 auftritt. Das letzte Beben dieser Stärke war 1766. Rein statistisch ist ein so heftiges Beben also überfällig.
Erdbeben in Europa
Fatalerweise ist die Gefahr von Erdbeben gerade in den Regionen besonders groß, in denen viele am liebsten Urlaub machen.
„Weniger gefährdet sind Gebiete im Norden, Nordwesten und in der Mitte Europas. Etwa im Vereinigten Königreich, in Nordfrankreich, Deutschland und Skandinavien“, sagt Dr. Marco Pilz vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ). Diese Regionen weisen eine geringe seismotektonische Aktivität auf. In der Vergangenheit waren sie viel seltener von schweren Erdbeben betroffen.
Doch auch im Norden Europas kann es ungemütlich werden. In Island sind Erdbeben Vorboten von Vulkanausbrüchen. Die bei Touristen beliebte Blaue Lagune muss deshalb häufig geschlossen oder gar evakuiert werden. Auf der Halbinsel Reykjanes – wurden seit August 2021 ganze elf Ausbrüche gezählt. Von den weit über 100 Vulkanen auf der Atlantik-Insel sind 30 noch potenziell aktiv.
Gefahren in Europa
Aber: „Entlang des Mittelmeerraums, der sich über Griechenland, Italien und Teile des Balkan erstreckt, wird eine höhere Gefährdung beobachtet.“ Diese Regionen sind aufgrund der komplexen Wechselwirkungen zwischen der afrikanischen, eurasischen und anatolischen Platten tektonisch aktiv.
Ähnlich weisen die Iberische Halbinsel, Südspanien und Portugal ein mäßiges bis hohes Erdbebenrisiko auf, weiß der Seismologe: „Dies steht im Einklang mit den geologischen Daten, da diese Regionen in der Vergangenheit von schweren Erdbeben heimgesucht wurden, wie das Lissabon-Erdbeben von 1755.“
In den tiefroten Gebieten ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort in den nächsten 50 Jahren die Erde richtig heftig bebt, eins zu 10. Über die nächsten 50 Wochen oder gar nur fünf, wenn Sie vielleicht in den Urlaub fahren, lassen sich keine seriösen Prognosen erstellen.
„Trotzdem kann es dort jederzeit zu einem Beben kommen“, sagt Experte Pilz. „Das gilt übrigens auch für Gebiete, in denen die Erdbebengefährdung nur klein ist. Wer ‚erdbebensicher‘ Ferien machen will, sollte eher nicht in den Süden fahren. Und wenn, dann besser nach Spanien als über die Alpen. Am sichersten wäre ein Urlaub in Norwegen.“