Berlin – Wenn die Not schamlos ausgenutzt wird! Als ihre Waschmaschine den Geist aufgab, wollte Rosemarie Lusch (87) aus Berlin-Lichtenberg eigentlich nur schnell einen Reparaturservice finden. Über das Anzeigenmagazin „Wegweiser Lichtenberg“ stieß sie auf die Firma „Engelshand“ – und geriet in eine teure Abzock-Falle.
Das Malheur kam aus dem Nichts am 27. Dezember vergangenen Jahres: „Die Trommel ließ sich nicht mehr öffnen, meine Wäsche war darin gefangen“, so Rosemarie Lusch. „Ich bestellte also den Reparaturservice zu mir nach Hause.“
Ein Mitarbeiter der Firma kam am nächsten Tag vorbei – und stellte nach kurzer Begutachtung fest, dass an der Maschine nicht mehr viel zu machen sei. „Stattdessen sollte ich direkt eine neue Waschmaschine kaufen.“
Über diese Anzeige stieß die Rentnerin auf den Reparaturservice. Das Heft stammt aus dem März 2024
Foto: Christian Spreitz/BILD
Die verunsicherte Frau ließ sich überrumpeln – und bezahlte noch in ihrer Wohnung 2000 Euro für eine neue Waschmaschine sowie sämtliche Aufwandskosten! Lusch: „Als ich dem Mann sagte, dass ich kein Bargeld habe, hielt er mir ein Kartenlesegerät unter die Nase!“
Rentnerin musste sofort unterschreiben
Auch einen Kaufvertrag musste sie sofort unterschreiben. Doch auf dem einseitigen Dokument fehlten wichtige Angaben wie der Preis der Maschine, Steuern oder eine Widerrufsbelehrung – angegeben war nur ein Gesamtbetrag von 2000 Euro. Eine Rechnung oder Quittung erhielt sie ebenfalls nicht. Natürlich auch keine Maschine.
„Wie ich darauf hereinfallen konnte, ist mir bis heute unerklärlich“, so die Rentnerin. „Der Mitarbeiter kam sehr sympathisch rüber, hat mich irgendwie komplett manipuliert.“
Dieses Blatt Papier diente als Kaufvertrag – ohne Angaben zum Preis der Maschine, Steuern oder eine Widerrufsbelehrung
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Drei Tage später gestand sie ihrer Tochter Kathrin Gassan (56) das Unglück. Gemeinsam versuchten sie, über die Bank das Geld zurückzuholen – ohne Erfolg. Am 31. Dezember erklärte die Tochter zunächst telefonisch, dann schriftlich den Rücktritt vom Vertrag.
Doch die per E-Mail versendete Kündigung kam wegen einer ungültigen Adresse sofort zurück. Auch ein Kündigungsschreiben per Post erreichte die Firma nicht – es wurde nicht angenommen.
Mehrere Beschwerden über Betrüger-Handwerker
Bei weiteren Recherchen stellte sich heraus: „Engelshand“ tritt sowohl als GmbH als auch als Reparaturservice auf –mit identischen Kontaktdaten. Das Anzeigenmagazin „Wegweiser Lichtenberg“ erklärte zudem, bereits seit März 2024 keine Aufträge dieses Dienstleisters mehr anzunehmen – weil zuvor ähnliche Fälle gemeldet wurden.
Mit diesem Schreiben wollten Mutter und Tochter von dem Vertrag zurücktreten. Bis heute haben sie darauf keine Antwort erhalten
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Laut der Verbraucherzentrale Berlin ist die Firma einschlägig bekannt: Bereits 2024 wurde sie erfolgreich wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung verklagt. Doch das Problem ist weit größer: Immer häufiger melden sich Verbraucher, die von dubiosen Reparaturdiensten in der Hauptstadt abgezockt wurden.
Die Verbraucherschützer raten: Jeden Vertrag genau prüfen, niemals unter Druck sofort zahlen – und im Zweifel bei der Verbraucherzentrale oder Polizei nachfragen.
Anzeige erstattet
Die Verbraucherzentrale sieht im Fall der Lichtenbergerin einige rechtliche Mängel: „Wir stellen fest, dass Frau Lusch durch unklare und missverständliche Vertragsbedingungen benachteiligt wurde. Insbesondere liegen hier Verstöße gegen das Verbraucherrecht vor, da wichtige Informationen nicht transparent kommuniziert wurden“, so ein Sprecher zu BILD.
Mittlerweile hat Rosemarie Lusch zwar eine neue Waschmaschine (533,48 Euro inklusive Abholung, Entsorgung und Montage), doch ihre 2000 Euro sind noch immer verschollen
Foto: Christian Spreitz/BILD
Bereits im Januar erstatten Mutter und Tochter Anzeige, der Fall liegt mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft. „Wir wollen einfach nur verhindern, dass diese Firma noch mehr ahnungslose Menschen über den Tisch zieht“, so Kathrin Gessan. Das Duo will nun zudem rechtliche Schritte einleiten.
Auf eine BILD-Anfrage zu den Vorwürfen reagierte die Firma Engelshand bislang nicht.