Hannover. Die Karriere von Guillaume Martin-Guyonnet ist wohl einzigartig. Als 15-Jähriger entdeckt er den Radsport für sich, zeigt Talent, bringt es auf acht Nominierungen für die Tour de France. 2021 wird er Achter – und entwickelt sich parallel dazu zum Schriftsteller. Jetzt ist das dritte Buch des 31-Jährigen erschienen.
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Es ist kein Buch, das sich allein um den Radsport und die eigene Karriere dreht, wie man es von anderen Autoren kennt. Es ist eine Erzählung. Sie zieht ihren besonderen Reiz daraus, dass der Autor Persönliches mit seiner Familiengeschichte verquickt und aus philosophischer Sicht beleuchtet.
Ein Radprofi mit Gewissen
Bindeglied zwischen Schriftstellerei und Radsport ist das Landgut La Boderie in der Normandie, Heimat des Autors, seines Vaters Daniel Martin und der Ort, an dem im 16. Jahrhundert der Literat und Humanist Guy Lefevre de la Boderie wirkte. Dieser arbeitete wie besessen täglich an die zwölf Stunden an seinem Schreibpult und ist so etwas wie der Bruder im Geiste von Martin-Guyonnet.
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Jetzt, in einer Welt, die in Flammen steht, hat der Vogel Strauß keine andere Wahl, als seinen Kopf zu heben.
Guillaume Martin-Guyonnet,
Radrennprofi und Schriftsteller
Über sein eigenes Tagwerk („Warum haben wir dieses freiwillige Leiden erfunden?“) ist der Radprofi ins Grübeln gekommen. „Die Anforderungen des Hochleistungssports bringen einen Lebensstil mit sich, der nicht unbedingt mit bestimmten Werten vereinbar ist“, schreibt er in seinem Buch. Er spricht vom „verheerenden Ausmaß meiner CO₂-Bilanz“ bei seinen Reisen zu den Rennen der World Tour. Ihn begleite ein „Gefühl der Scham“. Ihn quält das schlechte Gewissen, das Flugzeug statt der Bahn nehmen zu müssen.

Zu Hause in der Normandie: Guillaume Martin-Guyonnet.
Quelle: Rainer
Darum mahnt er. „Die Menschen haben angesichts des Problems der globalen Erwärmung lange Zeit die Strategie verfolgt, den Kopf in den Sand zu stecken. Aber jetzt, in einer Welt, die in Flammen steht, hat der Vogel Strauß keine andere Wahl, als seinen Kopf zu heben.“
Statt im künstlich aufgeheizten Fitnessstudio Gewichte zu stemmen, hackt Martin-Guyonnet im Winter zum Aufbautraining lieber Holz auf dem elterlichen Gutshof.
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Hier, in der Normandie, erwartet ihn im Sommer mit drei Etappen der Tour de France ein besonderes Heimspiel. Für den Profi im Groupama-FDJ-Trikot ist es der sportliche Höhepunkt des Jahres. Doch sein Blick darauf hat sich verändert: Sport („Die Idee besteht darin, Kalorien um des Vergnügens willen zu verbrennen“) ist für ihn nicht mehr alles. „Ich begann zu schreiben, als ich die Unschuld meiner frühen Tage als Radprofi verlor“, gesteht er. In die Pedale treten und Bücher verfassen: Diesen außergewöhnlichen Dreh hat Martin-Guyonnet raus.
Guillaume Martin-Guyonnet: „Von Menschen, die träumen“, Verlag Covadonga, 328 Seiten, 24,80 Euro.
HAZ