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Deutschland braucht Rohstoffe für Bauprojekte. Recycling allein kann den Bedarf nicht decken. Doch woher sollen die Rohstoffe kommen, wenn nicht aus heimischen Böden?
Neuer Wohnraum, moderne Infrastruktur, klimaneutrales Wirtschaften – die Herausforderungen der kommenden Jahre sind groß. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie benötigen große Mengen an mineralischen Rohstoffen wie Kies, Sand, Naturstein, Kalkstein, Ton und Gips.
Eine aktuelle Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden e. V. (bbs) zeigt nun: Auch im Jahr 2045 wird Deutschland noch stark von der Gewinnung heimischer Primärrohstoffe abhängig sein – trotz aller Bemühungen um mehr Recycling.
Studie untersucht zwei Szenarien bis 2045
Die RWI-Forscher haben in ihrer Studie zwei mögliche Szenarien bis zum Jahr 2045 durchgespielt: eines mit einem moderaten Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 0,9 Prozent pro Jahr und eines mit einem schwachen Wachstum von nur 0,1 Prozent pro Jahr.
Das Ergebnis: Selbst bei schwachem Wirtschaftswachstum wird die Nachfrage nach Primärrohstoffen im Jahr 2045 noch bei 452 Millionen Tonnen liegen. Das wären zwar 18,5 Prozent weniger als heute. Aber der Bedarf bliebe enorm.
Und auch der Anteil der Sekundärrohstoffe aus dem Recycling am gesamten Rohstoffbedarf wird der Studie zufolge nicht dramatisch steigen: von heute 15,2 Prozent auf maximal 16,3 Prozent im Jahr 2045, erklärt RWI-Wissenschaftler Jochen Dehio:
Unsere Studie zeigt: Wir werden den Rohstoffbedarf auch künftig bei Weitem nicht alleine durch Sekundärrohstoffe decken können. Wer mit neuem Deutschlandtempo Wohnungen bauen, die Infrastruktur modernisieren und die Klimawende schaffen will, braucht eine verantwortungsvolle heimische Rohstoffgewinnung.
Energiewende lässt wichtige Rohstoffquellen versiegen
Warum kann selbst eine deutliche Steigerung des Recyclings den Bedarf an Primärrohstoffen nicht decken? Ein Grund ist laut Studie, dass mit der Energiewende wichtige Quellen für Sekundärrohstoffe allmählich versiegen.
Ein Beispiel ist REA-Gips, der als Nebenprodukt bei der Rauchgasentschwefelung in Kohlekraftwerken anfällt. Bis zu 60 Prozent des in Deutschland verwendeten Gipses stammten bislang aus dieser Quelle. Mit dem Kohleausstieg bis spätestens 2038 wird diese Quelle jedoch versiegen.
Die Gipsindustrie fordert deshalb, wieder verstärkt natürliche Gipsvorkommen abzubauen, etwa im Südharz. Doch Umweltschützer warnen vor der Zerstörung einzigartiger Karstlandschaften. Eine Alternative wäre das verstärkte Recycling von Gipsabfällen, etwa aus Bauschutt. Doch das ist bislang noch deutlich teurer als der Abbau von Naturgips.
Vereinfachte Genehmigungsverfahren gefordert
Was also tun, um die Rohstoffversorgung auch in Zukunft zu sichern? Das RWI empfiehlt mehrere Maßnahmen:
Erstens sollten Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Rohstoffabbau vereinfacht und beschleunigt werden. Zweitens sollten regulatorische Hürden für das Recycling abgebaut werden. Und drittens sei es wichtig, das Bewusstsein und die Akzeptanz der Bevölkerung für eine nachhaltige heimische Rohstoffgewinnung zu stärken.
Klar ist: Ohne eine sichere Versorgung mit mineralischen Rohstoffen kann Deutschland seine ehrgeizigen Ziele beim Wohnungsbau, bei der Modernisierung der Infrastruktur und bei der Transformation zur Klimaneutralität nicht erreichen. Der Weg dorthin führt über technische Innovationen, kluge Regulierung und gesellschaftlichen Dialog. Denn eines macht die Studie deutlich: Recycling allein reicht nicht aus.