Berlin – In diesen Tagen ist es genau 80 Jahre her, dass der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende ging.

BILD zeichnet die dramatischen letzten Stunden bis Kapitulation der Deutschen am 8. Mai nach – die am Ende zweimal unterzeichnet werden musste.

Nazi-Diktator Adolf Hitler mit Großadmiral Karl Dönitz

Nazi-Diktator Adolf Hitler mit Großadmiral Karl Dönitz

Foto: picture alliance/United Archives

Kurz vor seinem Selbstmord am 30. April bestimmt Hitler Großadmiral Karl Dönitz (damals 53) zu seinem Nachfolger.

Anfang Mai 1945 will Dönitz die Kriegsgegner gegeneinander ausspielen. Sein Plan: ein separater Waffenstillstand mit den westlichen Alliierten; im Osten den Kampf gegen die Sowjets fortsetzen. Am 6. Mai schickt er Generaloberst Alfred Jodl vom letzten Regierungssitz Flensburg nach Reims. In Nordfrankreich befindet sich das westalliierte Hauptquartier. Der Auftrag für den Chef des Wehrmachtführungsstabes lautet: eine Teilkapitulation aushandeln.

6. Mai

17 Uhr, Reims. Jodl landet in Frankreich, wird ins streng geheime alliierte Hauptquartier gefahren. Es befindet sich in den Räumen einer technischen Mittelschule.

Generaloberst Jodl (vorn Mitte) mit seiner Delegation im Hauptquartier des westallierten Oberbefehlshabers Eisenhower

Generaloberst Jodl (vorn Mitte) mit seiner Delegation im Hauptquartier des westallierten Oberbefehlshabers Eisenhower

Foto: ullstein bild

18 Uhr. Beginn der Verhandlungen in der Kommandozentrale („War Room“): Jodl schlägt eine Teilkapitulation vor, US-General Dwight D. Eisenhower lehnt als oberster Chef der alliierten Truppen kategorisch ab. Er fordert „unconditional surrender“, die bedingungslose Kapitulation.

Später Abend. Jodl informiert Dönitz telegrafisch über Eisenhowers Ablehnung seines Vorschlags.

7. Mai

0.05 Uhr, Flensburg. Dönitz ruft sein Kabinett zusammen. Er spricht von „Erpressung Eisenhowers“, sieht aber keinen anderen Ausweg als die Gesamtkapitulation.

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Foto: IMAGO/GRANGER Historical Picture Archive

1 Uhr. Dönitz telegrafiert nach Reims. Er ermächtigt Jodl, die bedingungslose Kapitulation im Namen des Deutschen Reiches zu unterzeichnen.

Jodl erklärt sich zur Unterschrift bereit – handelt aber aus, dass die Kapitulation erst am nächsten Tag um 23.01 Uhr mitteleuropäischer Zeit in Kraft tritt. Der Aufschub bedeutet, dass noch Zivilisten und Soldaten in die Westzone gelangen und so der Roten Armee entkommen können.

2.41 Uhr. Jodl unterschreibt die bedingungslose Kapitulation. Sowjetdiktator Stalin fordert, dass sie tags darauf im sowjetischen Machtbereich von den ranghöchsten deutschen Militärs wiederholt wird. Die Sowjets hatten am 2. Mai Berlin erobert.

Jodl unterzeichnet in Reims die bedingungslose Kapitulation. Links Wehrmachtsoffizier Wilhelm Oxenius, rechts Admiral Hans-Georg von Friedeburg

Jodl unterzeichnet in Reims die bedingungslose Kapitulation. Links Wehrmachtsoffizier Wilhelm Oxenius, rechts Admiral Hans-Georg von Friedeburg

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

3 Uhr. „Ike“ Eisenhower empfängt die deutsche Delegation, Journalisten und Mitarbeiter in seinem Büro im 2. Stock. Es gibt Champagner. Anschließend telegrafiert der US-General nach Washington: „Die Mission dieser alliierten Streitmacht wurde um 3.00 Uhr Ortszeit am 7. Mai 1945 erfüllt. Eisenhower.“

12.45 Uhr, Flensburg. Im „Reichsender Flensburg“ verkündet der deutsche Außenminister Lutz von Schwerin-Krosigk die Kapitulation.

Mittags, London. Der britische Premier Winston Churchill will sichergehen, dass die Kampfhandlungen wirklich eingestellt werden und beschließt, das Kriegsende schon am 7. Mai bekannt zu geben.

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Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

14.35 Uhr, Washington (8.35 Ortszeit). Der neue US-Präsident Harry S. Truman empfängt Journalisten, Politiker und Militärs im Weißen Haus, das er gerade erst bezogen hat. Das Oval Office ist randvoll. Truman kündigt eine „wichtige Nachricht“ an.

15 Uhr, Washington (9 Uhr Ortszeit). Truman beginnt seine Ansprache, die live im Radio übertragen wird: „Von General Eisenhower ist die Meldung eingegangen, dass sich die deutschen Streitkräfte den vereinten Nationen ergeben haben. Über ganz Europa wehen die Banner der Freiheit.“ Die Kapitulation tritt am 8. Mai in Kraft, Trumans 61. Geburtstag. „Happy Birthday, Mr. President“ ruft jemand in die Runde.

Wenig später, New York. Eine halbe Million Menschen feiern den „Victory Day“ auf dem Times Square.

Kurz nach der Ansprache des US-Präsidenten versammeln sich eine halbe Million Menschen auf dem Times Square in New York

Kurz nach der Ansprache des US-Präsidenten versammeln sich eine halbe Million Menschen auf dem Times Square in New York

Foto: Bettmann Archive

16 Uhr, Flensburg. Jodl ist zurück aus Reims und verkündet, dass Stalin eine zweite Unterzeichnung in Berlin fordert.

19.40 Uhr, London. Die BBC unterbricht das Programm für eine Sondersendung. Es wird vermeldet, dass der Krieg in Europa am 8. Mai offiziell endet. Der „VE Day“ (Victory in Europe Day) wird in Großbritannien zum Feiertag erklärt.

20 Uhr, London. Jubel auf den Straßen.

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Foto: Privat

21 Uhr, New York (15 Uhr Ortszeit). Die ersten Extrablätter verkünden: „GERMANY QUITS“ (Deutschland gibt auf).

8. Mai

11 Uhr, Stendal. Auf dem Flughafen landet eine Maschine mit ranghohen deutschen Offizieren, die Stalins Willen gemäß eine zweite Kapitulationsurkunde unterzeichnen sollen. Vor dem Weiterflug nach Berlin werden ihre Koffer kontrolliert.

Englands Premierminister Winston Churchill informiert König George VI. im Buckingham Palace von der Kapitulation

Englands Premierminister Winston Churchill informiert König George VI. im Buckingham Palace von der Kapitulation

Foto: ullstein bild

12 Uhr, London. Winston Churchill trifft in Buckingham Palace ein, speist mit König George VI. Anschließend fährt der Premier nach Downing Street 10 und hält eine Radioansprache: „The German war is therefore at an end“ (Der deutsche Krieg ist damit beendet).

15 Uhr, Paris. Präsident Charles de Gaulle erklärt im französischen Radio: „La guerre est gagnée! Vive la France!“ (Der Krieg ist gewonnen! Es lebe Frankreich!)

17.30 Uhr, London. Die königliche Familie (darunter auch Prinzessin Elizabeth, die spätere Queen) und Churchill treten auf dem Balkon von Buckingham Palace. Hunderttausende sind versammelt und jubeln.

Nach Verkündung des Kriegsendes treten Churchill und der König auf den Balkon des Palasts. Bei ihnen: Kronprinzessin Elizabeth (l.)

Nach Verkündung des Kriegsendes treten Churchill und der König auf den Balkon des Palasts. Bei ihnen: Kronprinzessin Elizabeth (l.)

Foto: ullstein bild

Früher Abend, Berlin. Die Delegation des Oberkommandos der Wehrmacht landet auf dem Flughafen Tempelhof. Die Offiziere fahren durch das zerbombte Berlin nach Karlshorst in das sowjetische Hauptquartier. In der ehemaligen Wehrmachtsschule werden sie von Marschall Georgij Schukow empfangen.

23.01 Uhr. Der Zweite Weltkrieg in Europa ist offiziell beendet, die Waffen schweigen (Japan kämpft weiter im Pazifik, kapituliert erst am 2. September 1945).

9. MaiIm Hauptquartier der Sowjets unterzeichnet Keitel die zweite Kapitulation

Im Hauptquartier der Sowjets unterzeichnet Keitel die zweite Kapitulation

Foto: ullstein bild – United Archives

0.15 Uhr, Berlin. Im Namen von Heer, Marine und Luftwaffe unterschreiben Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Generaladmiral von Friedeburg und Generaloberst Stumpf die zweite Kapitulationsurkunde (in fünffacher Ausfertigung). Die deutsche Delegation wird kurz danach aus dem Saal gebeten, in dem anschließend bis zum Morgengrauen ein Bankett stattfindet.