Etwa 150 Romane und Sachbücher für Erwachsene, Bilderbücher für Kinder und Einiges an Lektüre für Jugendliche stehen jetzt im Fremdsprachen-Bereich. Räumlich getrennt von den Regalen, in denen sich russische Werke reihen.

„Wir möchten ein Stück unserer eigenen Kultur bewahren“, begründet die 37-jährige Kakurina die Aktion. Die verheiratete Mutter eines zweijährigen Kindes war kurz nach dem Angriffskrieg Putins auf die Ukraine mit ihrer Familie aus Charkiw nach Aschaffenburg geflüchtet. Besonders ihr Vater, der sehr gerne lese, habe die ukrainischen Bücher vermisst und sie auf die Idee gebracht, in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis nach Bücherspenden zu fragen und in der Stadtbibliothek aufzustellen.

Die Resonanz sei enorm gewesen, freut sich Oleksandra Kakurina. Auch über private Fahrer seien Bücher, die in Kiew und Charkiw gesammelt wurden, an den Untermain gebracht worden. Große Unterstützung habe sie auch von Tetiana Kondratiuk hier vor Ort bekommen.

In der Stadtbibliothek ist die Ukrainerin mit ihrem Vorschlag auf offene Ohren gestoßen. Erste Kontakte gab es bereits im vergangenen November mit Sandra Sternkopf, die damals den Bereich fremdsprachiger Literatur leitete. Weil sie andere Aufgaben übernahm und zudem die Bibliothek wegen der Umstellung auf RFID-Technik mehrere Wochen geschlossen war, verzögerte sich die Aufstellung der Bücher.

Seit kurzem ist Kevin Keiser für die Jugend- und Fremdsprachenabteilung verantwortlich. Der 27-jährige Bibliothekar, der von der Stuttgarter Stadtbibliothek nach Aschaffenburg gewechselt ist, hat die Bücher nun bearbeitet, katalogisiert und eingestellt, sie sind ab sofort mit einem gültigen Nutzerausweis zu entleihen. Bislang, so erzählt Keiser, habe es nur ein paar Sprachführer Ukrainisch gegeben.

Jetzt stehen bekannte ukrainische Autoren in den Regalen. Oleksandra Kakurina zählt einige auf: Sergei Zhedan, Lina Kostenko, Taras Shevchenko oder Jurij Andruchowytsch zum Beispiel. Aber auch ausländische Schriftsteller in ukrainischer Übersetzung. Für Kinder gibt es eine Reihe altersgerechter Bilderbücher. Die Stadtbibliothek habe zudem ein Budget, um bei Bedarf weitere Bücher zu kaufen, teilt Keiser mit.

Oleksandra Kakurina sagt, es sei der rund 2000 Menschen umfassenden ukrainischen Community am Untermain wichtig, ein Stück eigener Kultur zu pflegen sowie einen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in der Region zu leisten. Zudem sei die Aktion „ukrainische Bücher für Aschaffenburg“ ein Zeichen des Dankes an die deutsche Gesellschaft, „die uns so herzlich aufgenommen hat.“

Kakurina und Keiser haben auch darüber gesprochen, möglicherweise die beliebte Reihe „Fremdsprachiges Vorlesen“ in der Stadtbibliothek um ukrainisch-deutsche Vorlesenachmittage zu erweitern.