Heute reist der neue Bundeskanzler nach Frankreich und Polen – nach einer mutmaßlich kurzen Nacht. Denn die konstituierenden Sitzung seines Kabinetts dauerte bis zum späten Abend. Dort wurde klar, welche Bedeutung für Merz das neue Digitalministerium hat.
Deutschland hat eine neue Bundesregierung und die hat – nach der sehr holprigen Kanzlerwahl – sofort mit der Arbeit begonnen. Als eine seiner ersten Amtshandlungen regelte der neue Bundeskanzler Friedrich Merz im sogenannten Organisationserlass die Aufgabenverteilung innerhalb der Regierung. Merz legte den Erlass am Abend in der konstituierenden Sitzung des neuen Kabinetts den Ministerinnen und Ministern vor.
Aus dem geht hervor, dass das neue Digitalministerium noch umfangreichere Kompetenzen bekommt als ursprünglich geplant. Danach erhält das Ministerium des CDU-Politikers Karsten Wildberger Abteilungen oder Zuständigkeiten aus insgesamt sechs Häusern. Ziel ist es, die Digitalisierung in Deutschland massiv zu beschleunigen.
Digitalministerium erhält Zustimmungsvorbehalt
Aus dem Kanzleramt kommen dafür die Zuständigkeiten für strategische Vorausschau und Grundsatzfragen der Digitalpolitik in das neue Ministerium, das zunächst in einem Gebäude des Innenministeriums sitzen soll. Das Bundesinnenministerium (BMI) muss die beiden Abteilungen digitale Verwaltung und digitale Gesellschaft sowie die allgemeine IT-Beschaffung, „die Steuerung der IT des Bundes einschließlich der zugehörigen Infrastruktur und der darauf begrenzten zugehörigen IT-Sicherheit“ und sogar die Cybersicherheit in der Bundesverwaltung abgeben. Diese wollte das BMI als Sicherheitsministerium unbedingt behalten.
Das bisherige Ministerium für Verkehr und Digitales gibt die Digital- und Datenpolitik sowie die Abteilung für die digitale Infrastrukturen ab. Aus dem Wirtschaftsministerium bekommt Wildberger unter anderem die Zuständigkeiten für europäische und nationale bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau. Das Finanzministerium muss etwa teilweise die Zuständigkeit für das Informationstechnikzentrum (ITZBund) sowie für die sogenannte souveräne Cloud für Verwaltungen abgeben. Das Justizministerium gibt die Geschäftsstelle für Bürokratieabbau, für bessere Rechtssetzung und für den Nationalen Normenkontrollrat sowie die federführende Umsetzung der EU-Direktive für Künstliche Intelligenz ab.
Damit das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung aber die gesamte IT des Bundes besser steuern kann, erhält es zudem einen Zustimmungsvorbehalt „für alle wesentlichen IT-Ausgaben der unmittelbaren Bundesverwaltung“. Ausnahmen gelten nur für Sicherheitsausgaben und die Steuerverwaltung.
Digitales vor Verkehr oder Umwelt
Die besondere Wertschätzung für das von Merz geforderte Ministerium zeigt sich noch an einem anderen Punkt. Denn in der ersten Sitzung ebenfalls geregelt wurde die amtliche Reihenfolge im Kabinett – und dort rangiert das Digitalministerium noch vor dem Verkehrs-, Umwelt- oder Gesundheitsministerium.
An erster Stelle nach Kanzler Merz steht dort Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), der damit die Funktion des Vizekanzlers wahrnimmt. An zweiter Stelle steht Innenminister Alexander Dobrindt (CSU). Es folgen die Minister für Auswärtiges, Johann Wadephul (CDU), und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Treffen mit Macron und Tusk
Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ändern sich auch bei anderen Ministerien die Zuständigkeiten teils erheblich. So werden etwa die Zuständigkeiten für Klimaschutz im Umweltressort unter Leitung von Carsten Schneider (SPD) gebündelt. In den vergangenen Jahren war für das Klima auf nationaler Ebene federführend das Wirtschaftsressort zuständig, auf internationaler Ebene das Auswärtige Amt.
Nach einer mutmaßlich kurzen Nacht wird Merz dann heute zu seinen ersten Auslandsreisen als Kanzler aufbrechen. In Paris wird er mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron unter anderem darüber sprechen, wie Europa nach dem radikalen außenpolitischen Kurswechsel der USA unter Präsident Donald Trump selbstständiger werden kann. In Warschau dürfte es mit Ministerpräsident Donald Tusk neben dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch um irreguläre Migration gehen.