Mediziner, Ermittler und Sozialarbeiter sprechen seit Langem von einer „Kokainschwemme“, in der sich auch das deutlich gefährlichere Crack – eine mit Natron versetzte Form der Droge zum Rauchen – verbreite. Nun veröffentlicht der Senat einige Zahlen, die zeigen: In Berlin werden auch offiziell deutlich mehr Verstöße bezüglich Kokains und dessen Crack-Derivats registriert.
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Zu Kokain und Crack erfasste die Polizei demnach 2460 allgemeine Fälle im vergangenen Jahr, ein Plus von 20 Prozent zu 2023. Auch der Handel mit Kokain und Crack „in nicht geringer Menge“, wie es im Justizdeutsch heißt, stieg: 422 Fälle wurden 2024 entdeckt, ein Plus von 78 Prozent. Das geht aus der Antwort von Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) auf Anfrage der Sozialdemokraten im Abgeordnetenhaus hervor.
Kokain gilt als bedeutendste illegale Droge
Demnach gab es 2024 hinsichtlich vieler Drogensorten, darunter auch Heroin, eher weniger Fälle als 2023. Und auch zu dem im Nachtleben beliebten Ecstasy wurde nur ein leichter Anstieg an Verstößen registriert. Massiv gesunken sind Cannabis-Delikte, was mit der teilweisen Legalisierung zum April 2024 zusammenhängt.
Ermittler, Gesundheitspersonal und Politik gehen bezüglich aller Drogen von einem enormen Dunkelfeld aus. Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) hatte sich kürzlich über den wachsenden Konsum harter Drogen geäußert: Kokain sei dabei die klare Nummer eins der illegalen Drogen in Deutschland. Bundesweit registrieren Behörden seit einigen Jahren steigende Fallzahlen zu Schmuggel, Handel und – etwa mit Abwasseranalysen feststellbar – Konsum von Kokain.
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Wie vor einigen Monaten berichtet, hat sich die Anzahl jener Bundesbürger verdreifacht, die sich wegen einer Kokain-Sucht in ärztlicher Behandlung befinden – von 19.700 im Jahr 2013 auf 65.000 Patienten im Jahr 2023. Diese Zahl stammt aus einem Barmer-Report und bezieht sich auf die gesamte Bevölkerung, also nicht nur auf Versicherte dieser gesetzlichen Krankenkasse. Die Barmer teilte mit, dass der „Kokainmissbrauch geradezu explodiert“.
Crystal Meth in Deutschland Zwischen Wach und Wahn
Besonders betroffen seien Männer im Alter von 20 bis 59 Jahren, die Kokain oft als „Leistungsdroge“ nutzten und den „stimulierenden und aufputschenden Effekt“ schätzten. Regional gibt es den Barmer-Daten zufolge große Unterschiede. An erster Stelle stand im vergangenen Jahr demnach das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 15.280 Patienten, gefolgt von Niedersachsen mit 7760 und Berlin mit 7230 Patienten.
Senat will sich auf Fentanyl vorbereiten
Nur wenige Fälle wurden in Berlin bislang mit dem äußerst riskanten Fentanyl bekannt. Das Opioid wirkt deutlich stärker als das verwandte Heroin. Auf Anfrage von Ex-Kultursenator Klaus Lederer (parteilos) schreibt Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD), man bereite sich auf die mögliche Ausbreitung von Fentanyl durch einen schon für April einberufenen Runden Tisch vor. Zudem engagierten sich Landeskriminalamt und Gesundheitsverwaltung in einer entsprechenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe.
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„Der Senat sieht die Notwendigkeit, neben der Suchthilfe auch angrenzende Bereiche wie Rettungsdienste, Notaufnahmen, Wohnungsnotfallhilfe und Polizei auf einen möglichen Anstieg des Konsums synthetischer Opioide wie Fentanyl vorzubereiten“, schreibt Czyborra. Schon seit 2017 verfügten die Rettungswagen über Naloxon. Das ist ein Notfallmedikament, das als Gegenmittel im Fall einer Opiat-Überdosierung eingesetzt wird.