Die gescheiterte sowjetische Venussonde Kosmos 482 wird wohl am frühen Samstagmorgen auf die Erde stürzen, wo genau, ist aber weiterhin unklar. Das geht aus verschiedenen Prognosen unter anderem der Europäischen Weltraumagentur ESA, der Europäischen Weltraumüberwachung EU SST und der Aerospace Corporation hervor. Den Vorhersagen gemein sind immense Unsicherheiten um etwa 10 Stunden in beiden Richtungen auf der Zeitachse. Damit ist auch ein Absturz über Deutschland und anderen europäischen Staaten noch möglich, die Schweiz und Österreich bleiben laut EU SST aber schon sicher verschont. Erwartet wird – etwa von Forschenden der TU Braunschweig – ein rein ballistischer Eintritt der Sonde „mit anschließendem Aufprall auf die Erdoberfläche“.
Kosmos 482 ist der zentrale Teil einer sowjetischen Venussonde, die am 31. März 1972 mit dem Ziel Venus startete. Wegen eines Problems mit der Trägerrakete hat sie aber nie die Erdumlaufbahn verlassen und ist auf ihrem Orbit langsam abgesunken. Darauf, dass der Absturz nun bevorsteht, hat zuerst der niederländische Satellitenexperte Marco Langbroek aufmerksam gemacht, inzwischen wird das Objekt ausgiebig beobachtet. Weil es schon seit Jahrzehnten keine Verbindung mehr zu der Sonde gibt, wird sie unkontrolliert abstürzen. Wegen ihrer hohen Geschwindigkeit wird sich erst kurz vorher abzeichnen, wo genau. Weil die Erde größtenteils von Wasser bedeckt ist, ist ein Absturz über einem Ozean am wahrscheinlichsten.
Wie eine Forschungsgruppe der TU Braunschweig zusammengetragen hat, hat die Kapsel eine Masse von 495 Kilogramm und einen Durchmesser von etwa einem Meter. Für die geplante Landung auf der Venus wurde ihr ein Hitzeschild verpasst, der dafür sorgen dürfte, dass sie den Absturz durch die Erdatmosphäre überstehen dürfte. Unbekannt ist aber, wie stark dieser Schutzschild in den vergangenen 50 Jahren durch Alterungsprozesse beschädigt wurde. Ursprünglich verfügte die Sonde auch über einen Fallschirm, aber es wird eher nicht erwartet, dass der sich öffnet und ernsthaft Einfluss auf die Bahn des abstürzenden Objekts nimmt.
Unkontrollierte Abstürze wie der von Kosmos 482 geschehen immer wieder, außergewöhnlich ist aber die Erwartung, dass das Objekt die Erdoberfläche vergleichsweise intakt erreichen könnte. Dort würde es mit einer Geschwindigkeit von etwa 242 km/h einschlagen, hat Langbroek ermittelt. Sollte das Objekt tatsächlich zerbrechen, würde das aber auch das Risiko verringern, weil nur ein Stück einschlägt und nicht mehrere, wie etwa jüngst nach dem Zerbrechen eines Starship von SpaceX. Langbroek hat außerdem schon darauf hingewiesen, dass es an Bord kein radioaktives Material gibt. Gefahr besteht also nur für das direkt getroffene Gebiet – das höchstwahrscheinlich aber eben nicht sicher im Ozean liegt.
(mho)