Berlins frühere Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci ist am Freitag wegen Bestechlichkeit verurteilt worden. Die zuständige Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts verhängte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Haft gegen die SPD-Politikerin, weil sie sich von einer Agentur unentgeltlich die Hochzeitsfeier organisieren ließ. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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Das Gericht sprach von erwiesener „Käuflichkeit“, durch die Tat sei das „Vertrauen in den Staat“ ins Wanken gebracht worden. Vor einigen Tagen hatte auch die Staatsanwaltschaft eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren für die Ex-Senatorin gefordert. Darüber hinaus solle die 58-Jährige eine Geldstrafe von 36.000 Euro zahlen. Dem liegt ein vergleichsweise hoher, an Kalaycis Einkommen orientierter Tagessatz von 200 Euro zugrunde.

250.000-Euro-Kampagne

Das Gericht kam dem nicht nach. Der wirtschaftliche Schaden für die Ex-Senatorin, hieß es, sei angesichts des drohenden Verlustes der Pension als Ruhestandsbeamtin ohnehin groß. Allerdings sollen sogenannte Taterlöse eingezogen werden: Kalayci müsste laut Urteil nun mehr als 6240 Euro an die Justizkasse zahlen.

Ebenfalls angeklagt war der Chef einer Werbeagentur, er soll sich der Bestechung schuldig gemacht haben. Für den Werber forderte die Staatsanwaltschaft ein Jahr und drei Monate Haft auf Bewährung sowie 150 Tagessätze je 50 Euro Geldstrafe. Das Gericht kam auch diesbezüglich zumindest der Forderung nach der Bewährungsstrafe nach. Als Taterlös sollen von dem Unternehmer 9450 Euro eingezogen werden.

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Kalayci bestritt Vorwürfe

Die Werbeagentur soll 2019 die Hochzeit der damaligen Senatorin organisiert haben, ohne eine Rechnung zu stellen. Im Jahr danach wurde die Firma von der Kalayci unterstellten Gesundheitsverwaltung mit einer 250.000-Euro-Kampagne für die Pflegebranche beauftragt – die Senatorin habe persönlich Einfluss genommen. Die Beteiligten seien stillschweigend übereingekommen, teilte das Gericht mit, dass mit der kostenlosen Planung der Hochzeitsfeier das Wohlwollen Kalaycis erkauft werden sollte.

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Jahre lang gehörte Dilek Kalayci dem Berliner Senat an

Wie berichtet, bestritten die Ex-Senatorin und der Agenturchef die Vorwürfe. Sie sei davon ausgegangen, sagte Kalayci vor Gericht, dass die Agentur eine Rechnung gestellt und ihr Ehemann sie beglichen habe. Vor allem er habe sich um die Hochzeit gekümmert. Sie gehe nicht davon aus, sagte Kalayci, dass der Werber sie mit unentgeltlicher Arbeit zu beeinflussen versucht habe. Der Agenturchef ließ im Laufe des Verfahrens durch seinen Anwalt erklären, für die Hochzeit sei federführend ein Mitarbeiter zuständig gewesen, der vieles nicht zu Ende gebracht habe und aus der Firma ausgeschieden sei.

Pension in Gefahr

Die Anwälte beider Angeklagten hatten vor dem Landgericht einen Freispruch gefordert. Ex-Senatorin Kalayci und der Werber können Rechtsmittel am Bundesgerichtshof einlegen. Der Anwalt der SPD-Politikerin kündigte am Freitag an, dies tun zu wollen.

Kalayci gehörte von November 2011 bis Dezember 2021 erst als Arbeits-, dann als Gesundheitssenatorin der Landesregierung an. Als frühere Senatorin gilt sie aus Sicht der Verwaltung als „Ruhestandsbeamtin“ – schon nach vier Jahren im Amt hätte ihr ein Ruhegehalt von circa 4000 Euro brutto im Monat zugestanden. In Kalaycis Fall ist die aktuelle Pension deutlich höher.

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Sollte das ergangene Strafurteil rechtskräftig werden, verliert Kalayci ihre Rechte als Ruhestandsbeamtin – und somit auch den Anspruch auf das Ruhegehalt. Ein gesonderter Verwaltungsakt, teilte die Senatsfinanzverwaltung mit, sei dafür nicht erforderlich.