Liebe Leserin, lieber Leser,
die
Hamburger Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein scheint Optimistin zu
sein, jedenfalls wenn es um die Entwicklungen des Wohnungsmarkts
geht. Wie ich darauf komme? Gestern hat der Gutachterausschuss für
Immobilienwerte seinen neuesten Bericht veröffentlicht,
die wichtigste und beste Faktenbasis für Prognosen über die
zukünftige Entwicklung der Miet-, Haus- und Wohnungspreise. Der
Ausschuss wertet einmal im Jahr Kaufverträge aus und verfügt daher
über bessere Ausgangsdaten als Internetportale, die für ihre
eigenen Marktbeurteilungen nur Angebote betrachten, ohne zu wissen,
wie viel die Verkäufer tatsächlich erlösen.
Wer
jetzt eine schnelle Einschätzung erwartet, den muss ich enttäuschen.
Der Bericht hat 214 Seiten, gefüllt mit Preisentwicklungskurven,
Tabellen und Karten. Schlechte, mittlere und gute Lagen,
unterschiedliche Altersklassen und so weiter – zusammen wirkt das
Ganze wie ein Rorschachtest, verrät also womöglich mehr über den
Betrachter als über einen vermeintlich abgebildeten Gegenstand.
Karen Pein, die Optimistin an der Spitze der Stadtentwicklungsbehörde,
glaubt, in der vieldeutigen Datenmasse „Zeichen für eine
fortschreitende Markterholung“ und darüber hinaus „gute
Ausgangsbedingungen für eine weiterhin positive Entwicklung“ zu
erkennen, worin auch immer die bestehen mag. Das gab sie gestern aus
Anlass der Veröffentlichung bekannt.
Ich
bin da weniger sicher, aber das kann mit der Konzentration auf
Details zu tun haben, die man unterschiedlich bewerten kann. Die
meisten neuen Wohnungen entstehen im Geschosswohnungsbau. Zu diesem
Zweck haben im vergangenen Jahr 141.000 Quadratmeter Baugrund den
Besitzer gewechselt, deutlich mehr als im Jahr zuvor. Das klingt
vielversprechend, allerdings steht die Zahl am Ende einer Kurve, die
seit 2016 nahezu stetig abfällt. Damals wurden 819.000 Quadratmeter
Bauland für Mehrfamilienhäuser verkauft. Das jüngste Wachstum ist
also nur eine kleine Abweichung vom langjährigen Trend.
© ZON
Newsletter
Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.
Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
Dennoch
zum Schluss noch eine gute Nachricht: In einem europäischen
Städtevergleich, der ebenfalls die Verhältnisse 2024 beschreibt,
fielen zwei Städte mit vergleichsweise niedrigen Mieten auf: Wien
natürlich, das Paradies des sozialen Wohnungsbaus. Und, ja, wirklich
wahr, Hamburg.
Haben
Sie einen schönen Tag!
Ihr
Frank Drieschner
WAS HEUTE IN HAMBURG WICHTIG IST
© PA/Marion Fedder/Petersen Relations
Auf
diesem Foto sehen Sie Marion Fedder in einem Messerschmitt
Kabinenroller KR 200 von 1958 – aus dem Nachlass ihres verstorbenen
Ehemanns Jan Fedder. Ab Sonntagabend werden in Online-Auktionen auf
eBay wieder einige Objekte aus dem Nachlass des Schauspielers
versteigert, darunter das abgebildete Fahrzeug, aber auch eine
Lotsenmütze von Helmut Schmidt.
Stefanie
von Berg (Grüne), Bezirksamtsleiterin in Altona, übernimmt das Amt
der Staatsrätin in der Umweltbehörde.
Von
Berg leitet das Bezirksamt seit Ende 2019, ihre Amtszeit wäre
eigentlich im Dezember dieses Jahres geendet. Ab
Juni steht die 60-Jährige dann an der Seite der neuen
Umweltsenatorin und Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank
(Grüne) und wird für Umwelt, Klima und Agrarwirtschaft zuständig
sein.
Im
Fall der entführten Kinder der Hamburger Unternehmerin Christina
Block hat Blocks Anwalt gegenüber der Staatsanwaltschaft Beweisanträge
gestellt, die zeigen sollen, dass die bereits verstorbene Großmutter
der Kinder die Entführungsaktion beauftragt haben soll.
Unter den mutmaßlichen Beweisen, denen nun nachgegangen werde, sei
etwa eine Transaktion: Eine Bank habe bestätigt, dass die Seniorin
große Summen Bargeld abgehoben habe.
In aller Kürze
• Heute
beginnt der Hafengeburtstag,
zum
Programm gehören wie immer Besichtigungen von Schiffen aus aller
Welt, ein Feuerwerk und Musik, unter
anderem ein Konzert von Nina Chuba
heute Abend •
Die
Finanzämter in Hamburg und anderen Bundesländern sind von
einer technischen Großstörung betroffen. Wichtige Anwendungen zur
elektronischen Datenverarbeitung stehen nicht zur Verfügung. Derzeit
sei unklar, wie lange die Störung anhalten werde
THEMA DES TAGES
© Christian Charisius/dpa
Gut Weed will Weile haben
Der
Hamburger Konstantin Glodzinski wollte mit Freunden Cannabis züchten,
legal in einem Anbauverein. Er hätte nicht gedacht, dass es so
kompliziert werden würde. ZEIT:Hamburg-Redakteur Yannick Ramsel hat
ihn begleitet; lesen Sie hier einen Auszug aus seinem Artikel.
Eigentlich
ist Konstantin Glodzinski ein entspannter Typ, er trägt häufig
Schlappen, geht surfen und achtet auf seine Work-Life-Balance. Aber
seit Kurzem ist da dieses Problem, nachts knirscht er mit den Zähnen.
Er vermutet, das liege an der Anspannung. Und wo die wiederum
herkommt, da hat Glodzinski auch eine Vermutung.
Über
ein Jahr hat Glodzinski darauf hingearbeitet, dass er und seine
Mitstreiter gemeinsam Cannabis anbauen können. Knapp 70.000 Euro
habe er investiert, Paragrafen gewälzt, von denen er nie gedacht
hätte, dass es sie gibt, und bis tief in die Nacht an Anträgen
gefeilt. Vor ein paar Wochen sagte er am Telefon: „Ich sehe aus wie
der Tod.“ Sein Arzt hat ihm mittlerweile eine Beißschiene
verordnet.
Dabei
klang am Anfang alles so einfach. Am 1. April 2024 beschloss die
Bundesregierung die Teillegalisierung von Cannabis. Seitdem ist der
Besitz der Droge erlaubt, 25 Gramm darf man bei sich haben, 50 Gramm
zu Hause lagern und drei Pflanzen selbst züchten. Und Bürger wie
Glodzinski dürfen sich in sogenannten Anbauvereinigungen
zusammentun, maximal 500 volljährige Mitglieder können gemeinsam
anbauen und ernten.
Die
Hoffnung der Legalisierungsarchitekten um Karl Lauterbach, den
ehemaligen Gesundheitsminister: Konsumenten werden lieber Mitglied in
einem Verein, wo sie ihr Cannabis legal beziehen können, anstatt ihr
Gras beim Dealer zu kaufen. In dieser Sichtweise sind die Clubs ein
Versuch, den illegalen Cannabismarkt auszutrocknen.
Bisher
bleibt die große Club-Welle allerdings aus. In Hamburg rechnete das
Bezirksamt Altona, das zentral für alle Anbauvereine zuständig ist,
ursprünglich mit 150 Anträgen. Bis heute sind ganze 21 eingegangen,
und davon haben erst neun eine Zusage erhalten. Wer
Konstantin Glodzinski eine Zeit lang begleitet, beginnt zu ahnen,
warum das so sein könnte.
Welche
Hürden der Anbauverein bis zur ersten Ernte nehmen musste,
lesen Sie in der ungekürzten Fassung
auf ZEIT ONLINE.
DER SATZ
© Linus Koch/Asphaltsprenger
„Menschen,
die den Klimawandel weiterhin für ein Problem halten und trotzdem
nicht den Kopf in den Sand stecken, kann man auf dem
Asphaltsprenger-Festival treffen.“
Das
Asphaltsprenger-Festival findet morgen ab 13 Uhr auf dem
Parks-Gelände
am Bullerdeich 6 in Hammerbrook statt. Open-Air-Veranstaltungen im
Mai und Juni, die Sie auch nicht verpassen sollten, finden
Sie hier.
MAHLZEIT – Die Gastrokritik
Warum
er hier fast nur Burgunder ausschenkt? Das, entgegnet der junge
Besitzer der Maison
Tanuki, „ist
der einzige Wein, den ich mag“. Das ist ein bisschen, als würde man
sagen: Ich fahre nur Ferrari – snobby, aber prägnant. Und ein
willkommener Kontrast zu vielen anderen Weinbars, die allen alles
bieten möchten und entsprechend austauschbar sind.
Die
etwa zehn offen ausgeschenkten Weine bezieht Jan-Bernd Passing direkt
von den Erzeugern, interessanten kleinen Betrieben, die in
Deutschland sonst nicht präsent sind. Zum Glück ist er so
begeistert von ihnen, dass er gern mal einen Probierschluck spendiert
oder das Glas etwas voller schenkt. Andernfalls würden die Preise
(meist zwischen 10 und 15 Euro) wohl doch auch in Eppendorf so manchen
Kunden verschrecken.
Die
Küche ist ebenfalls rein französisch, aber deutlich rustikaler –
Bistroklassiker vom Croque Monsieur bis zum Boeuf Bourguignon. Man
bestellt zögernd, weil manches in diesem Ende 2024 eröffneten Lokal
behelfsmäßig wirkt (mal sind die Servietten klamm, mal haftet ein
Kalkrand am Weinglas); doch das Essen schmeckt. Eine ausdrucksvolle,
spürbar frisch grüne Tapenade, ein handgeschnittenes, gut
abgeschmecktes Rindertatar mit krossen Kartoffelspänen. Die
Zwiebelsuppe könnte man fast elegant nennen, wäre nicht die Haube
aus Brot und geschmolzenem Käse in der Tasse versunken und sehr
unschön durchweicht. Merkwürdig, dass niemand hier solche Fehler
bemerkt.
Angesichts
vieler freier Tische zumindest am frühen Abend fragt man sich, ob
der Slogan „Willkommen in Deiner neuen Lieblingsweinbar“ etwas zu
viel verspricht. In jedem Fall ist die Maison Tanuki ein Ort, der so
wohl nur in diesem Stadtteil funktionieren kann.
Michael
Allmaier
Maison
Tanuki, Woldsenweg
1, Eppendorf · 01512
9676642
DAS KÖNNTE SIE INTERESSIEREN
Das
Hörkiosk-Team lädt zum 13. Mal ein: Am kommenden Montag kommt die Berliner Autorin
Barbara Eisenmann in die Jupi Bar. Gehört und diskutiert wird ihr
Radio-Feature „Die Frau mit dem Auge“. Darin geht es um unseren
Begriff von Krankheit – die Erfahrung von Kranksein hat jeder
gemacht, welche Worte finden wir dafür? Ist Kranksein auch
politisch?
Hörkiosk:“Die
Frau mit dem Auge“,
12.5., 20 Uhr, Jupi Bar, Caffamacherreihe 37–39; Eintritt frei,
Spende erbeten
MEINE STADT
© Sabine Rüsch
HAMBURGER SCHNACK
In
der Kantinenschlange. Eine Kollegin erzählt, sie halte einen ihrer
Neujahrsvorsätze nun schon seit mehr als fünf Monaten durch.
Sie:
„Seit der Entscheidung mit der Zahnseide 2017 habe ich keinen
Vorsatz mehr so lange durchgehalten.“
Er:
„Was? Benutzt du jeden Tag Zahnseide?“
Sie:
„Nee, aber 2017.“
Gehört
von Oskar Piegsa
Das war
die Elbvertiefung, der tägliche Hamburg-Newsletter der ZEIT. Wenn Sie
möchten, dass er täglich um 6 Uhr in Ihrem Postfach landet, können Sie
ihn hier kostenlos abonnieren.